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Aufwärmtraining: Airwork nach der Winterpause

Zwei Stunden am Flugplatz helfen, um mit ein paar Übungen nach der Winter-Pause wieder fliegerisch fit zu werden. Wir geben wertvolle Tipps.

Von Thomas Borchert
Chandelle
Feingefühl erforderlich: Die Chandelle ist eine perfekte Übung für den präzisen Umgang mit dem Flugzeug. Die genaue Beschreibung lesen Sie im Text. Foto: Helmuth Mauch

Zwei Stunden am Platz, eine in der Luft – mal sehen, was sich da rausholen lässt. Zuerst bleibt Zeit für eine sehr gründliche Vorflugkontrolle, bei der man sich wieder mit dem Flugzeug und seinen Besonderheiten vertraut macht. Das Handbuch kann man vorher an einem Regentag studieren.

Ob Sie mit Lehrer fliegen oder allein, ist eine Überlegung wert. So oder so: Schon den Start kann man als Kurzstart auslegen – mal sehen, ob die Maschine so in die Luft kommt, wie sie laut Handbuch sollte.

Airwork: Alleine oder mit Lehrer?

Bei allem, was Sie im Folgenden tun, sollte die Luftraumbeobachtung nicht vergessen werden. Fliegt ein Lehrer mit, sollte vorher abgesprochen werden, wer das wann tut. Auch die Mitnahme eines weiteren Piloten ist zu diesem Zweck sinnvoll.

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Praxis-Tipp: Fliegen bei Nacht

Dann gehen Sie auf eine sichere Höhe – je nach Flugzeug vielleicht 3000 Fuß über Grund. Wählen Sie bewusst einen Kurs, den Sie halten. Dann fangen Sie mit Steilkurven an. 45 Grad Querneigung sind das Ziel. Fliegen Sie eine 360-Grad-Kurve nach links, dann unmittelbar anschließend einen Vollkreis nach rechts.

Höhe halten: 50 Fuß Limit ist gut

Worauf es dabei ankommt? Erstens sollten Sie die Höhe halten. Maximal plus/minus 100 Fuß sind ok, ein Limit von 50 Fuß ist gut. Das gelingt nur, wenn Sie in der Kurve die Leistung erhöhen, weil sich ja die vertikale Auftriebskomponente verringert. Zweites Kriterium: Der Wechsel von links nach rechts muss voll koordiniert erfolgen, die Kugel des Wendezeigers sollte also immer in der Mitte bleiben.

LangsamflugLangsamflug
Langsamflug: In sicherer Höhe sollte man sich wieder daran gewöhnen, wie sich die Maschine nahe dem Stall anfühlt.

Die Übung lässt sich beliebig wiederholen. Beim letzten Mal prüfen Sie auch den Luftraum nach unten, denn jetzt geht es um Langsamflug. Der sollte sowohl „clean“ geübt werden, also mit eingefahrenen Klappen und Fahrwerk, als auch in Landekonfiguration. Verringern Sie bei konstanter Höhe und konstantem Kurs die Motorleistung, sodass die Speed langsam abnimmt. Dabei sollten Sie irgendwann mit dem Trimmen aufhören – oft wird hierfür zehn Knoten über der Stallspeed empfohlen. Dennoch ziehen Sie weiter, bis die Überziehwarnung ertönt. Halten Sie diese Speed und die Höhe – was vermutlich ordentlich Power erfordert, denn Sie befinden sich auf der „backside of the power curve“. Gewöhnen Sie sich an die weichen Ruder, steuern Sie ein flache Kurve nur mit Seitenrudereinsatz, weil mit den Querrudern bei den meisten Flugzeugen die Strömung abreißen könnte. Dann recovern Sie, indem Sie die Leistung erhöhen, dabei die Höhe weiter halten und die Propellereffekte kompensieren.

Chandelle: Präzises Steuern vorausgesetzt

Eine Übung, die präzises Steuern voraussetzt, aber auch darüber hinausgeht, ist die Chandelle. Die „abrupte Steigflugkurve bis kurz vor den Strömungsabriss“ (so die Definition) dient dazu, die Flugrichtung um 180 Grad zu ändern, dabei den horizontalen Platzbedarf zu minimieren und möglichst viel Höhe zu gewinnen. Umkehren auf engstem Raum also. Die Chandelle kann in der Praxis wichtig sein, wenn’s für eine herkömmliche Umkehrkurve zu spät ist, etwa vor einer Wolkenwand, an der Sichtverlust droht, oder bei Kollisionsgefahr mit dem Gelände, beispielsweise in einem engen Tal. Aber auch ohne diese Szenarien hat die Übung großen Wert, weil sie koordinierten und kontrollierten Rudereinsatz verlangt.

Als Mix aus Steilkurve (mehr seitlicher Platzbedarf, kein Höhengewinn) und Aufschwung (kein seitlicher Platzbedarf, aber nur mit hoher Motorleistung möglich) wachsen bei der Chandelle Quer- und Längsneigung nie auf mehr als 60 Grad an. Es ist also keine Kunstflugfigur.

Kunstflugfigur: Viel Platz erforderlich

Am besten übt man das Manöver über einer Landschaft mit langen parallelen Bezugslinien, zum Beispiel Feldern oder Waldkanten, damit Ein- und Ausflugrichtung gut kontrollierbar sind. Wichtig ist auch eine sichere Ausgangshöhe (je nach Flugzeug mindestens 3000  Fuß über Grund), falls das Flugzeug am Ende zu langsam wird und die Strömung abreißt. Der Höhengewinn allein, ohne solide Ausgangshöhe, bietet bei einem Stall nicht genügend Sicherheitspolster zum Abfangen.

Mit Reiseflug-Leistungseinstellung beschleunigt man aus dem Geradeausflug heraus auf eine Speed zirka 10 bis 20 Prozent über der Reisegeschwindigkeit. Dann zieht man hoch und nimmt, sobald die Flugzeugnase über den Horizont kommt, koordiniert Querlage ein. Nach 45 Grad Richtungsänderung sollte die Querneigung ungefähr 30 Grad betragen und bei 90 Grad Richtungsänderung unter 60 Grad bleiben. Jetzt ist die Längsachse zirka 30 Grad angestellt. Anschließend nehmen sowohl Quer- als auch Längsneigung wieder ab. Im Idealfall erreicht das Flugzeug den Gegenkurs ausgelevelt im Horizontalflug, und zwar mit genau der Fahrt, bei der es sich noch steuern lässt: der Minimum Control Air Speed (VMCA). Dann wurde der größtmögliche Höhengewinn erzielt und gleichzeitig horizontal am wenigsten Raum beansprucht.

Energiemanagement: Am höchsten Punkt davonschleichen

Bei den ersten Versuchen ist es normal, sich beim Energiemanagement zu vertun: Man kommt oben zu schnell raus, oder es reicht nicht für den Gegenkurs, weil zu viel Fahrt verloren gegangen ist. Wer in diesem Fall 180 Grad erzwingt, riskiert einen Strömungsabriss. Dies kann auch durch Quer- und Seitenruderausschläge passieren, mit denen der Pilot die Antriebseffekte auszugleichen versucht: Bei VMCA sind sie besonders ausgeprägt (wenig Fahrt, hoher Anstellwinkel, ordentlich Leistung). Man muss sich am höchsten Punkt also behutsam davonschleichen, bis das Flugzeug wieder schneller ist.

So ergibt sich ein schönes Manöver, um nicht nur die Ruderkoordination zu üben, sondern auch das Antizipieren von Geschwindigkeitsrückgang, Höhengewinn und Kursänderung.

Krönender Abschluss: Slip bei der Landung

Bleibt also die Rückkehr zur Landung nach diesem krönenden Abschluss der Flugzeugkontrolle. Auf dem Weg zurück zum Platz kann in sicherer Höhe schon mal der Seitengleitflug geübt werden. Auf Englisch heißt er Slip – und er ist in zwei Situation nützlich. Die erste: Man ist im Landeanflug zu hoch und möchte die Sinkrate erhöhen. Das ist besonders bei einer Notlandung nach Motorausfall interessant, weil die Alternative Durchstarten dann entfällt. Situation zwei: Seitenwindlandungen. Ein kontrolliertes Aufsetzen ist bei Seitenwind nur mit hängendem Flügel und im Extremfall auf dem windzugewandten Hauptrad möglich. Spätestens kurz vor der Landung bei Seitenwind ist also ein Seitengleitflug fällig.

SlipSlip
Schräg angeblasen: Der Seitengleitflug (Slip) ist bei Crosswind-Landungen und zum Höhenabbau gefragt.

Im Slip wird das getan, was eigentlich tabu ist: mit gekreuzten Rudern fliegen. Nehmen Sie eine Speed und Konfiguration ein, die der im Landeanflug entspricht. Wenn zum Beispiel der Wind von links kommt, soll diese Fläche hängen. Also lenken Sie praktisch gleichzeitig das Querruder nach links aus und treten zugleich ins rechte Seitenruder. Die Längsneigung wird im Normalbereich gehalten.

Widerstand erhöhen: Im Slip fliegt man mit gekreuzten Rudern

Jetzt erhöht sich der Widerstand durch den seitlich angeströmten Rumpf erheblich. Wieder hilft eine Referenzlinie am Boden. Fliegen Sie an Ihr entlang und leiten Sie den Slip ein. Geht es Ihnen um Höhenverlust, sollte der Flugweg weiter entlang der Bodenreferenz führen.

SeitenwindlandungSeitenwindlandung
Richtig abhängen: Wenn es die Windverhältnisse erlauben, sind ein paar Seitenwindlandungen mit hängendem Flügel eine gute Übung.

Die Kompensation eines Seitenwindeinflusses kann man nur üben, wenn der Wind quer zur Bodenreferenz steht. Dann erfliegen Sie zuerst einen Vorhaltewinkel, der Sie entlang der Referenzlinie führt. Und dann gehen Sie so in einen Seitengleitflug, dass die Längsachse parallel zur Bodenmarkierung verläuft.

Durchstarten: Schöner Abschluss für das Übungsprogramm

Jetzt können Sie sich eine Bahn mit Seitenwind suchen und dort ein paar Landungen üben. Bei der Gelegenheit: Durchstarten ist ein schöner Abschluss für das Übungsprogramm. Gehen Sie gemäß Flugzeughandbuch vor und achten Sie darauf, wann Sie welche Konfigurationsänderungen vornehmen. Besonders wichtig: Trotz plötzlichem Setzen der vollen Leistung muss das Flugzeug koordiniert weiterfliegen, Sie müssen die erheblichen Propellereffekte kompensieren. Und: Klappen erst voll einfahren, wenn die Speed dafür ausreicht.

DurchstartenDurchstarten
Volle Power: Durchstarten ist ein komplexes Manöver mit Last und Konfigurationsänderungen. Man sollte es beherrschen, bevor es zum Ernstfall kommt.

Das reicht erstmal für einen Tag. Es spricht ja nichts dagegen, die Übungen einfach nochmal zu wiederholen, wenn man sich immer noch nicht ganz fit fühlt.

Mit Fluglehrer oder ohne? Keine leichte Frage

Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten, wie es auf den ersten Blick scheint. Einerseits kann ein Fluglehrer an Bord bei manchen Übungen für mehr Sicherheit sorgen, weil er darauf achtet, dass nichts wirklich schiefgeht. Das gilt besonders, wenn man als Pilot wirklich sehr außer Übung ist – dann können sich ohne Lehrer auch leicht schlechte Gewohnheiten einschleichen.

Andererseits ist der Fluglehrer womöglich zumindest unterbewusst eine zu große Erleichterung: Da kann man die Verantwortung für alles, was im Flug geschieht, bequem abgeben. Dabei ist auch das etwas, das man üben muss: die Ausübung der Rolle als verantwortlicher Luftfahrzeugführer. In jedem Fall gilt: Wenn man schon mit Fluglehrer unterwegs ist, dann sollte man das Maximum rausholen. Nicht nett plaudernd ein bisschen Spazierenfliegen, sondern vorab ein Übungsprogramm verabreden und das dann konsequent durchziehen. Wenn Sie nachher schweißgebadet aussteigen, war’s gerade richtig!

Text: Thomas Borchert, Peter Wolter Zeichnungen: Helmuth Mauch Illustrationen: Eric Kutschke

Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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