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Tiefer Überflug – ein viel zu teurer Spaß

Low Approach: Das bei Piloten beliebte Manöver über der Piste birgt rechtliche Gefahren – und kann zu hohen Geldstrafen führen

Von Redaktion
Tiger Moth
Tiefer Überflug bei einer Flugschau Foto: Cornelius Braun

Das reizt wohl jeden Flieger: tief, schnell und gut sichtbar für Zuschauer in Bodennähe vorbeifliegen. Am Segelfluggelände kann man den Streckenflieger beobachten, wie er stolz und froh über seine Leistung einen tiefen, schnellen Anflug wieder in Höhe umwandelt; auf dem Motorflugplatz zeigt ein Pilot seinen Oldtimer zur Freude der Zuschauer gepaart mit dem sonoren Klang eines Sternmotors in Ameisenkniehöhe.

Selbst an manch kontrolliertem Platz wird die Anfrage nach einem Low Approach akzeptiert, vor allem, wenn ein passionierter Flieger Dienst im Tower verrichtet. Aber dass solche Showeinlagen oft nicht so ganz legal sind, vermutet eigentlich auch jeder. Die Redaktion haben mehrfach Anfragen dazu erreicht.

Zwar machen tiefe Überflüge Spaß und sind meist ja auch sicher durchgeführt. Passieren sollte dabei aber besser nichts! Die Staatsanwaltschaft würde hinterfragen, welche rechtliche Grundlage denn für so eine Tiefflugübung heranzuziehen ist. Auch Versicherungen könnten anstrengend werden, wenn es zu einem Schaden kommt und diesem ein eigentlich unnötiger, ungewohnt tiefer Überflug vorausging. Die europäische Verordnung mit den Luftverkehrsregeln, die VO (EU) Nr. 923/2012, auch SERA-Verordnung genannt, enthält in Ziffer SERA.3105 klare Aussagen zu den Mindesthöhen: Wenn nicht bei Start oder Landung notwendig oder durch die zuständige Behörde zugelassen, dürfen Luftfahrzeuge über Städten, anderen dicht besiedelten Gebieten und Menschenansammlungen im Freien nur in einer Höhe geflogen werden, die im Fall einer Notlage eine Landung ohne ungebührende Gefährdung von Personen oder Sachen am Boden erlaubt. Die Mindesthöhen für Flüge nach Sichtflugregeln sind in SERA.5005 (f) festgelegt; die für IFR-Flüge in SERA.5015 (b ).

In Zeiten von Handykameras gibt es meist einen Beweis

Demnach müssen Flüge nach Sichtflugregeln über Städten, anderen dicht besiedelten Gebieten und Menschenansammlungen im Freien mindestens 1000 Fuß über dem höchsten Hindernis in einem Umkreis von 2000 Fuß um das Luftfahrzeug stattfinden. Ansonsten gelten 500 Fuß über dem Boden oder Wasser beziehungsweise dem höchsten Hindernis innerhalb 500 ft um das Luftfahrzeug als Mindesthöhe. Nach wie vor geistert manchmal noch die Meinung umher, bei Überlandflügen seien wenigstens 2000 Fuß einzuhalten. Dies gilt seit Inkrafttreten von SERA Ende 2014 aber nicht mehr.

Klar ist jedoch: Wenn keine Landung, eine Übung zur Landung (dort auch mit Fehlanflugverfahren) oder vielleicht eine Erkundung des Bahnzustands geplant ist, wird es schwer, eine Unterschreitung der Mindesthöhe zu rechtfertigen. Das gilt auch dann, wenn Flugleitung oder Lotse vermeintlich eine Erlaubnis ausgesprochen hat. Denn die Stelle, die dies entscheiden dürfte, wäre nach § 37 Abs. 1 LuftVO in der Bundesrepublik die jeweilige Landesluftfahrtbehörde. Sie kann zu besonderen Zwecken für einzelne Flüge oder eine Reihe von Flügen Ausnahmen von den vorgeschriebenen Mindestflughöhen zulassen, soweit dies für den jeweiligen Zweck erforderlich ist und keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eintritt.

Bei den ab und zu mit fliegerischer Euphorie durchgeführten schnellen und tiefen Überflügen kann es, auch wenn’s nicht zu irgendwelchen Gefährdungen oder Schäden kommt, teuer werden. Nach § 44 LuftVO handelt ordnungswidrig, wer gegen eine Vorschrift der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 verstößt.

Unter Ziffer 5 findet sich ganz konkret der Verstoß gegen SERA.3105 Satz 2 in Verbindung mit SERA.5005 (f), also die Unterschreitung des Mindesthöhe. Nach § 58 LuftVG kann diese Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden! Dieser Rahmen wird kaum ausgeschöpft, aber ein vierstelliger Betrag ist nicht ungewöhnlich. Das ist der kurze Spaß beim Überflug sicher nicht wert. Nicht unterschätzen sollte man das Mitteilungsbedürfnis von Fliegerkameraden, mit denen man vielleicht schon mal aneinander geraten ist. Deren Anzeigen und die allgegenwärtigen Handykameras sind gute Gründe, diesen Teil der Spaßfliegerei bleiben zu lassen.

Frank Dörner, Rechtsanwalt und Luftfahrtsachverständiger

fliegermagazin 12/2019

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