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Recht: Start mit Übergewicht

Viele UL-Piloten nehmen das leidige Thema Zuladung zu sehr auf die leichte Schulter. Bei einem Unfall kann sich das schnell rächen

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Start mit Übergewicht:

In letzter Zeit beobachten wir im Verein, dass immer mehr Mitglieder von E-Klasse-Maschinen auf ULs wechseln. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Flugbetrieb ist billiger, und die meisten fliegen sowieso nur zu zweit. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. So heißt es, dass man sich mit einem UL immer am Rande des Erlaubten bewegt, weil die Zuladungsmöglichkeiten bei einem maximalen Abfluggewicht von 472,5 Kilogramm und einem üblichen Leergewicht um die 300 Kilo doch recht begrenzt sind. Mit zwei Erwachsenen und vollen Tanks kann es oft schon sehr kritisch werden, und man bewegt sich schnell im überladenen Bereich. Dies wirkt sich dann natürlich auch auf den Schwerpunkt aus, und das Fluggerät wird schwer handhabbar. Wie ist das eigentlich aus rechtlicher Sicht, wenn mal was passiert und hinterher festgestellt wird, dass Flugzeug leicht überladen war?

Dr. Roland Winkler antwortete

Erst im letzten Heft (fliegermagazin 8/2011) haben wir uns mit der Frage der Toleranzen beschäftigt. Um es vorweg noch einmal deutlich zu machen: Bei Beladung und Schwerpunkt gelten die Grenzen, die das Handbuch vorgibt – jede Überschreitung ist nicht nur gefährlich, sondern unter Umständen verheerend. Gerade die Gewichtsgrenzen sind ja auch in den Flughandbüchern unmissverständlich mitgeteilt. Wenn beispielsweise als Mindestzuladung im Führersitz 60 Kilogramm angegeben sind, dann kann eine zierliche Pilotin mit nur 50 Kilo eben nicht fliegen. Und umgekehrt: Ein Pilot mit 125 Kilogramm Lebendgewicht muss am Boden bleiben, wenn der Sitz nur für 100 Kilo ausgelegt ist. Es ist dabei ebenso unzulässig, die Angaben pro Sitz zusammenzurechnen und dann durch zwei zu dividieren, denn die Höchstzuladung pro Sitz hat auch etwas mit Schwerpunktlage und Trimmung zu tun.

Das höchstzulässige Abfluggewicht darf unter keinen Umständen überschritten werden; eine weitere Zuladung ist schlicht tabu. Im Flughandbuch findet sich nicht nur der Hinweis, dass der verantwortliche Luftfahrzeugführer festzustellen hat, dass sich das Flugzeug in flugklarem Zustand befindet, sondern auch jener, dass er weiterhin für die Einhaltung der Betriebsgrenzen verantwortlich ist. Im Übrigen gilt § 3 a LuftVO, sprich: All dies gehört ohnehin zur obligatorischen Flugvorbereitung! Klar sein sollte auch: Ob ein Luftfahrzeug überladen war, lässt sich nach einem Crash fast immer feststellen, es sei denn, die Maschine brennt nach dem Absturz total aus, oder das Wrack kann nicht gefunden oder geborgen werden, weil sich der Unfall in absolut unwegsamem Gelände oder über dem offenen Meer ereignet hat. Erst im Herbst 2009 hat es in der Nähe von München einen Absturz gegeben, bei dem festgestellt wurde, dass der bei dem Absturz getötete Pilot mehr als 120 Kilo wog.

Viel schwerer als Luft

Dieser Pilot hätte das UL niemals steuern dürfen, weil er das Betriebslimit für den Pilotensitz um 20 Kilo überschritten hatte. Der Fluggast, der mit dem Piloten befreundet war, wurde schwer verletzt und hatte als selbstständig Tätiger erhebliche Einkommenseinbußen, weil er seiner Arbeit nicht mehr nachgehen konnte. Selbstverständlich war das Luftfahrzeug ordnungsgemäß im Rahmen der Halterhaftpflichtversicherung versichert. Allerdings kann sich der Versicherer nunmehr auf einen Haftungsausschluss berufen, der allgemein gilt und wie folgt lautet: Kein Versicherungsschutz besteht, wenn sich bei Eintritt des Schadensereignisses das Luftfahrzeug nicht in einem Zustand befunden hat, der den gesetzlichen Bestimmungen und behördlichen Auflagen über das Halten und den Betrieb von Luftfahrzeugen entsprochen hat.

Eine äußerst bittere Pille, denn normalerweise sind Personen, die mit Wissen und Willen des Halters an der Führung des Luftfahrzeuges beteiligt sind, mitversichert, soweit es um ihre persönliche gesetzliche Haftpflicht geht. Hier ist es jedoch anders: Der Pilot kann nicht mehr in Anspruch genommen werden, da er ums Leben kam. Seine Hinterbliebenen haben aber nicht nur das Vermögen, sondern auch sämtliche Schulden geerbt, und die Ansprüche des geschädigten Mitfliegers richten sich nun gegen sie, was deren Ruin bedeuten kann. Letztlich ist auch der Halter in der Haftung, denn er muss nicht nur die Lizenz eines Charterpiloten überprüfen, sondern in einem solchen Fall auch erkennen, dass jemand wegen zu hohen Körpergewichts ein bestimmtes Flugzeug gar nicht fliegen darf. Auch für einen Flugsportverein kann so ein Fall das Aus bedeuten.

fliegermagazin 9/2011

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