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Nikola Tesla Airport Belgrad – LYBE

Die serbische Hauptstadt – ein Lieblingsziel? Achselzucken oder Kopfschütteln – wenn man Belgrad nicht kennt. Noch ist die aufstrebende Donaumetropole ein Geheimtipp

Von Redaktion
Angekommen: im Anflug auf den Nikola Tesla Airport Belgrad (LYBE) über der Stadt. Gut erkennbar: der Zusammenfluss von Save und Donau Foto: Lukas Straubinger

Südosteuropa und Serbien haben kein besonders gutes Image. Piloten aus Deutschland befürchten, dort übermäßig zur Kasse gebeten zu werden. Davon habe ich bei meinen Besuchen nichts feststellen können, und Belgrad ist mittlerweile mein Lieblingsziel auf dem Balkan.


Als einziges fliegerisches Hindernis betrachte ich die Ostalpen, und auch die nur Wetter-technisch. Fliegt man IFR, genügt FL100, um sicher über die Berge zu gelangen. Was die Bürokratie betrifft, ist für den Flug von Deutschland nach Serbien, das weder EU- noch Schengen-Mitglied ist, ein Flugplatz mit Grenz- und Zollabfertigung obligatorisch. Dann steht einer spannenden Reise auf den „wilden Balkan“ nichts mehr im Weg.

Alpenpanorama: Bereits der Hinflug über die Ostalpen ist ein Erlebnis



Die ungarische Tiefebene, der Balaton und Serbien selbst machen die Tour zu einem auch landschaftlich wunderschönen Ausflug. Bereits 110 Nautische Meilen vor Belgrad kommt die Donau in Sicht – damit stimmt schon mal die grobe Richtung. Als ich näher gekommen bin, begrüßt mich der Belgrader Lotse beinahe herzlich: Der Funk ist unkompliziert und professionell, der Ton zuvorkommend – besser geht’s nicht. Ich werde auf ein 25-Meilen-Final auf den Localizer gesetzt, die 3400 Meter lange und 45 Meter breite Piste des Nikola Tesla Airports ist schon von Weitem zu erkennen.

Die Donau ist aus der Luft ein guter Wegweiser in die serbische Stadt

Das Team um den General-Aviation-Supervisor empfängt jede Crew nach der Landung geradezu generalstabsmäßig. Im Handumdrehen sind ein Follow-Me-Auto, mehrere Flughafenmitarbeiter zum Verzurren des Flugzeugs und ein Tankwagen zur Stelle. Der Liter Avgas kostet aus dem mit „YUGOPETROL“ beschrifteten Tankwagen traumhafte 97 Cent, Jet A1 gerade einmal 35 Cent. Es bleibt nur wenig Zeit, um die ausgemusterten DC-3 nahe dem Rollweg zu bestaunen – sozusagen ein Flugzeugfriedhof auf einem internationalen Flughafen.

Der Supervisor begleitet mich durch den Zoll und das VIP-Terminal, bis hin zum von ihm bestellten Taxi. Er bleibt mein ständiger Ansprechpartner während des Aufenthalts und gibt mir seine Handynummer, etwa fürs Aufgeben eines Flugplans oder falls sich die Abreise verzögert. Die Damen am Empfang des VIP-Terminals geben gerne Auskunft über Übernachtungsmöglichkeiten und haben gute Tipps für Freizeitaktivitäten in der Donaumetropole. Welch eine Begrüßung!

Abgestellt: ausrangierte DC-3 und Li-3 am Nikola Tesla Airport

Nur wenige hundert Meter vom Terminal entfernt überrascht das Aeronautical Museum Belgrade mit zahlreichen Exponaten der ex-jugoslawischen Luftwaffe und sowjetischen Zivilflugzeugen. Sogar das Wrack des Tarnkappenflugzeugs F-117 Nighthawk und einer F-16, die beide während des NATO-Einsatzes vor 18 Jahren über Serbien abgeschossen wurden, sind hier zu sehen.

Im Zentrum Belgrads zeigt sich eine junge, aufstrebende und dynamische Stadt

Auf der etwa halbstündigen Fahrt ins Zentrum Belgrads lässt sich in den Vororten, geprägt von Hochhäusern aus früheren, jugoslawischen Zeiten, der ehemalige sozialistische Einfluss nicht leugnen. Im Zentrum angekommen, ändert sich dieses Bild schlagartig. Ich erlebe Belgrad als eine aufstrebende und dynamische Stadt mit einem jungen Publikum.

Ausgehviertel: die Skadarlija im Belgrader Zentrum – Szenetreff und Flaniermeile für Touristen

Die Auswahl an Hotels ist riesig, sie sind allesamt sehr preiswert (Doppelzimmer ab 35 Euro). Grundsätzlich findet man in der Belgrader Altstadt eher kleinere und familiär geführte Hotels, während Novi-Beograd etwas außerhalb des Zentrums mit Luxushotels der größeren Ketten aufwartet. Bleibt man im Zentrum, lassen sich die gesamten Sehenswürdigkeiten der Stadt bequem zu Fuß erkunden.

Günstige Hotels, Kulturangebote, Musik und die serbische Küche sind einen Besuch wert

Zu diesen zählt ganz klar der Kalemegdan: Die aus dem 15. Jahrhundert stammende Festung und Burganlage gilt als Keimzelle der Stadt. Neben der Parkanlage gibt es hier einen Zoo und ein Freiluft-Militärmuseum. Nach dem Besteigen der Festung wird man mit einem atemberaubenden Blick über Belgrad und den so berühmten Zusammenfluss von Donau und Save belohnt. Am Ufer der Save schließen sich weitere Parkanlagen an, die grüne Lunge der Stadt.


Kulturliebhaber kommen in der Skadarlija auf ihre Kosten. Die Flaniermeile im ehemaligen türkischen Bohème-Viertel, früher ein Ort der Dichter und Künstler, ist heute eher eine touristische Sehenswürdigkeit mit zahlreichen Restaurants und Bars. Mit Einbruch des Abends spielen hier serbische Straßenmusikanten auf, und bei der (zugegebenermaßen fleischbetonten) serbischen Küche lässt man in der Skadarlija den frühen Abend ausklingen.

Spaßmeile: Auf den Splavs – schwimmenden Clubs und Discotheken – steigen in der Nacht die heißesten Partys der Stadt

Zu späterer Stunde verlagert sich das Nachtleben von den Höhen der Stadt hinab zu den Ufern der Save und Donau, wo sich eine Bar an die nächste reiht. Es überrascht kaum, dass Belgrad weltweit zu den Top-Ten der Party-Metropolen gehört.

Belgrad gehört zu den Top-Ten der Party-Metropolen Europas

Gefeiert wird bis in die frühen Morgenstunden auf den für Belgrad so typischen Splavs – schwimmende, fest an den Ufern der Save und Donau vertäute Diskotheken und Nachtklubs. Manch ein Kahn wirkt leicht baufällig, doch das stört hier niemanden. Viele Besucher, vor allem aus Skandinavien und Westeuropa, kommen extra für ein Partywochenende eingeflogen.


Selbstflieger können von Belgrad aus weitere, sehr spannende Reisen unternehmen. Nur knapp über 100 Nautische Meilen entfernt bietet sich dafür das kulturell interessante Sarajevo an. Jedoch ist die bosnische Metropole aufgrund ihrer Kessellage nicht immer einfach anzufliegen.

Gebühren am Nikola Tesla Airport Belgrad: Landung 6 Euro (bis 1,2 t MTOM), Nutzung Infrastruktur 8 Euro, Handling 15 Euro

Auch für IFR-Anflüge können im Talkessel aufziehende Towering Cumulus ein ernsthaftes Problem darstellen. Alternativ ist nach einem Wochenende in Belgrad auf dem Rückweg nach Norden ein Stopp am Balaton möglich. Und wer einen Zwischenstopp sucht für einen Trip ans Schwarze Meer oder preiswert auftanken will auf dem Weg in die Ägäis – Belgrad ist eine sehr gute Adresse und auf jeden Fall eine Reise wert.

Belgrad – eine Stadt mit Charme und viel Gastfreundschaft

Vor allem aber ist die Gastfreundschaft der Belgrader immer wieder ein Erlebnis. Ich fühle mich in Belgrad, egal ob in der Stadt oder auf dem Flughafen, ausgesprochen wohl und willkommen. Es stimmt: Die Stadt ist wild, ungehalten und umtriebig – doch genau das macht den Charme der Balkanmetropole aus. Hier ist der Blick nach vorn gerichtet, Sozialismus und Krieg sind vorbei und überstanden. Diesen Optimismus merkt man den Belgradern an.

Text & Fotos: Lukas Straubinger, fliegermagazin 05/2017