Flugplatz Stauning – EKVJ
Genau in der Mitte der Westküste Jütlands gelegen, ist Stauning mehr als einen Ausflug wert: Schier endlose Sandstrände und ein Flugtag der besonderen Art sind gute Gründe für einen Trip nach Dänemark
Es ist das Licht, das diesem Fleckchen Erde seinen ganz eigenen Zauber verleiht. Nahezu unwirklich lang ist es hell hier; die Nacht schleicht erst gegen 23 Uhr heran, um schon vor drei Uhr morgens wieder zu verschwinden. Und selbst in diesen wenigen Stunden bleibt ein hell-blau leuchtender Streifen am Horizont, der die Welt irgendwie magisch erscheinen lässt. Stauning, Dänemark, im Midsommer. Nicht nur wegen der langen Nächte ist der Flugplatz am Ringkøbing-Fjord an der Westküste Jütlands ein lichtvoller Anziehungspunkt für Piloten und Fußgänger. Ein gut bestücktes Museum, in dem mehr als 100 Jahre Luftfahrtgeschichte liebevoll zusammengetragen wurden und das die weltweit einzige vollständige Sammlung aller KZ-Typen beherbergt, lockt jedes Jahr mehr als 20 000 Besucher zum „Stauning Lufthavn“.
„KZ“ steht für die Flugzeugkonstrukteure Viggo Kramme und Karl Gustav Zeuthen, deren Unternehmen Scandinavian Aero Industry (SAI) von 1937 bis 1953 insgesamt elf Flugzeuge produzierte – der einzige Flugzeughersteller Dänemarks. Nach Kramme und Zeuthen ist auch die „KZ-Rallye“ benannt. Jedes Jahr, jeweils am zweiten Samstag im Juni, findet in EKVJ dieser Flugtag statt. Ein Fliegertreffen, wie es selten geworden ist in Europa. Eben himmlisch dänisch: Frei von überflüssigen Regularien und Restriktionen versammeln sich in Stauning Oldtimer, Eigenkonstruktionen und Homebuilts aus ganz Europa zu einem Fly-in der Extraklasse. Hier fliegt fröhlich alles durcheinander, was irgendwie in die Luft zu bringen ist. Nicht die PS-starken Warbirds sind zu Gast, sondern liebevoll restaurierte Einzelstücke inklusive ihrer zumeist sehr originellen Piloteure.
Stauning: Nach Kramme und Zeuthen ist auch die „KZ-Rallye“ benannt
Etwa der Schweizer Willi Berhard, der mit seiner bildschönen 1949er Bellanca 2001 in 80 Tagen VFR um die Welt geflogen ist. Oder Mike Tooze, der gelassen von seinem fünfstündigen Nonstopp-Flug von Biggin Hill hierher direkt über die Nordsee berichtet – in der Vari Eze. Ebenfalls aus Biggin Hill kommt die Percival-Staffel, die jedes Jahr zu Besuch ist. Und weil es in Staunig zum guten Ton gehört, vor der Landung erst mal einen rasanten Low approach hinzulegen, rauschen auch die Engländer in sauberer Formation im Tiefstflug über die Piste – unterhalb des Towers, damit auch der Flugleiter ein bisschen Spaß an seinem Job hat. Auf dem Abstellplatz herrscht unterdessen Jahrmarktstimmung. Hier wieselt Jens Toft, das Urgestein der dänischen Veteranenflieger und Besitzer des Flugplatzes Endelave (siehe fliegermagazin 8/2003), zwischen den Gästen herum und begrüßt herzlich jeden einzelnen Teilnehmer.
Sagenhafte 104 Flugzeuge hat Toft bereits besessen und restauriert. Auch das Museum ist während des Flugtags geöffnet. Stolze 50 Flugzeuge (zehn befinden sich derzeit in der Restaurierung) beherbergt die „Dansk Veteranflysamling“ (DV) – 18 von ihnen sind voll flugfähig. Darunter so absolute Raritäten wie die KZ IV von 1944, ein zweimotoriges Ambulanzflugzeug in Holzbauweise, von dem nur zwei Exemplare gefertigt wurden. Überhaupt hat sich die DV ins Stammbuch geschrieben, ein „Flying Museum“ zu sein. Ein Vorsatz, der gelungen ist: Von elf KZ-Modellen fliegen zehn, von den anderen Museums-Maschinen sind neun regelmäßig in der Luft. Auch die KZ IV, über die im fliegermagazin demnächst eine ausführliche Reportage zu lesen sein wird. Natürlich sind Veteranflysamling und KZ-Rallye beileibe nicht der einzige Grund, weshalb man unbedingt mal nach Stauning fliegen sollte.
Fliegerisches Highlight: die Westküste Jütlands
Die Westküste Jütlands ist schlicht und ergreifend – sorry – sauschön. Kilometerlange, feinste Sandstrände dehnen sich Richtung Unendlichkeit, sauberstes Nordseewasser verführt selbst Nicht-Wasserratten dazu, mehr als den großen Zeh hineinzustecken. Kurzum: Westjütland ist ein Badeparadies. Noch dazu eines, das man streckenweise fast ganz für sich allein hat: Hier ist soviel Platz, dass man anderen Sonnenanbetern und Badenixen wahrlich nicht auf die Füße tritt. Wenn man irgendwo in Deutschlands Nachbarschaft das Weite suchen kann, dann hier.
In intakter Natur. Ganz Dänemark ist berühmt dafür, dass man sich dort „grün und blau“ urlauben kann. An fast 200 Stränden weht die Blaue Flagge, das Gütesiegel der Europäischen Union für hervorragende Wasserqualität und Einhaltung strenger Naturschutzauflagen.
Und das Umweltzertifikat „Der Grüne Schlüssel“ weist auf ökologisch geführte Unterkünfte vom Hotel bis zum Campingplatz hin, die insgesamt 55 Umweltschutz-Kriterien erfüllen müssen, darunter Nichtraucher-Zimmer, Biospeisen sowie diverse Energiespar-Einrichtungen. Doch bei allem Umwelt-Bewusstsein sind die Dänen nie krampfhaft in ihrem Öko-Bestreben. So kann man an vielen Küstenabschnitten des Insel-Königreichs mit dem Auto an den Strand fahren – was in Deutschland nur in St. Peter-Ording erlaubt ist (siehe fliegermagazin 12/2004). Selbst mit dem Reisemobil darf man ran an die See. Das ist dann die superexklusive Form vom Zimmer mit Meerblick. Vor allem im Midsommer, wenn dieses magische Licht nicht schwinden will.
Stauning: Tipps und Infos
So kommt man hin: EKVJ liegt genau in der Mitte der Westküste Jütlands, elf Kilometer südöstlich der Stadt Ringkøbing. Das AU NDB direkt am Platz ist eine gute Navigationshilfe. Doch wer von Süden kommend der Küstenlinie folgt und am Ringkøbing-Fjord das Wasser links liegen lässt, kann kaum an Stauning vorbeifliegen. Die Pisten-Ausrichtung (09/27) verläuft genau quer zur Küste, was den Anflug auf die „09“ schön einfach macht.
Allgemeines: Sehr gute Informationen über das Königreich inklusive der Möglichkeit, online Unterkünfte vom Campingplatz bis zum Nobelhotel zu buchen, findet man auf der offiziellen Homepage der dänischen Tourismusbehörde: www.visitdenmark.de
Unterkünfte: Wer in Stauning Station macht, dem bieten sich Übernachtungsmöglichkeiten vor allem in Ringkøbing. Die alte Handels- und Seefahrerstadt, deren Geschichte bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts zurückgeht, hat sich ihren ursprünglichen Charme erhalten. Die Altstadt ist ein Traum. Ringkøbing ist bekannt für seine singenden Nachtwächter, die an Sommerabenden ihre Runde durch die gepflasterten Straßen der Stadt machen. Im Hotel Ringkøbing, das eine erstklassige dänische Küche bietet, haben sie ihre eigene Stube, wo sie jeden Freitagabend von 22 bis 24 Uhr mit den Gästen singen. www.hotel ringkobing.dk, Telefon 0045/97 32 00 11.
Sehenswertes und Ausflüge: Das Luftfahrtmuseum am Flugplatz Stauning hat von Mai bis November täglich von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Eintrittspreise: Kinder unter sieben Jahren haben freien Eintritt, 7- bis 14- Jährige zahlen 10 Dänische Kronen, Erwachsene 30 DK. www.flymuseum.dk
Unbedingt einplanen: einen Abstecher nach Hvide Sande. In dem Fischerdorf auf der dem Ringkøbing-Fjord vorgelagerten Landzunge dreht sich alles um Fisch. Den kann man hier genießen wie kaum irgendwo sonst. Ein Erlebnis ist die tägliche Fischauktion in der Halle am südlichen Hafenkai (jeden Morgen ab 7 Uhr). Es darf auch mitgesteigert werden, allerdings nur kistenweise. Von Ringkøbing aus fährt viermal täglich ein kleines Schiff nach Hvide Sande. Ringkøbing hat ein sehenswertes Rock ’n Roll-Museum. Die Privatsammlung bietet einen musikalischen Rückblick auf die letzten 50 Jahre Popmusik – von Elvis Presley bis Michael Jackson. www.rock androllmuseum.dk
Zum Flugplatz: EKVJ hat kein Restaurant. Wer etwas trinken möchte, muss mit Automaten-Kaffee vorlieb nehmen. Dafür sind die Fahrräder am Platz gratis zu leihen. Wichtig: Treibstoff wird entweder über Carnet Cards abgerechnet (Stat Oil, BP, Shell) oder muss bar bezahlt werden. Kreditkarten akzeptiert die Betreibergesellschaft nicht.
Text und Fotos: Claudia Stock, Rainer Herzberg