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Dr. Reiner Stemme gestorben

Der Ingenieur, Flugzeugbauer und Pilot ist im Alter von 85 Jahren in Berlin verstorben. Bekannt war der Konstrukteur für seine Highend-Motorsegler aus Faserverbundwerkstoffen.

Von Dirk M. Oberländer
Dr. Reiner Stemme
Dr. Reiner Stemme, Konstrukteur der gleichnamigen Motorsegler

Die persönliche Geschichte von Dr. Reiner Stemme ist eng mit der Stadt Berlin verbunden. Denn hier begann der damals 24-jährige an der Technischen Universität ein Physikstudium. Zur Promotion zog es ihn dann zwischenzeitlich ins schweizerische Bern.

Nach ersten beruflichen Stationen bei der LASAG AG in Thun und als Geschäftsführer des VDI-Technologiezentrums in Düsseldorf kehrte Dr. Reiner Stemme nach Berlin zurück. Dort machte sich der Hobby-Pilot mit der Stemme GmbH, die später zur Stemme AG umfirmiert wurde, selbstständig. Er entwickelte in der damals noch unter allliierter Kontrolle stehenden Stadt den Motorsegler Stemme S10.

Zur Erprobung von West-Berlin nach Braunschweig

Das Flugzeug glich einer Revolution. Rumpf und Flächen bestehen aus Kunststoff, die Crew nimmt neben einander Platz. Hinter der Besatzung ist der Mittelmotor montiert – zunächst von Limbach – später hielten Rotax-Motoren Einzug. Der Propeller verschwindet im Segelflug dank eines ausgefeilten Klappmechanismus in der Rumpfnase. Die Flugerprobung des Hightech-Fliegers fand dann ab 1985 am Flugplatz Braunschweig statt. Denn der Berliner Luftraum war vor der Wiedervereinigung den alliierten Siegermächten vorbehalten. Bereits 1986 lag die Musterzulassung vor. Später folgten Weiterentwicklungen des einzigartigen Musters.

Stemme S6 mit markantem Klapppropeller in der Rumpfnase (Foto: Christina Scheunemann) Bild: christina Scheunemann

Dr. Reiner Stemme: Lebenslang Pilot und Unternehmer

Im Jahr 2013 verließ der Ingenieur das Unternehmen, das seinen Namen trägt. Erneut wagte er den Schritt zur Unternehmensgründung. Er entwickelte zwei Prototypen eines Fernerkundungsflugzeuges mit einer Abflugmasse von 300 Kilogramm. Zuletzt arbeitete der passionierte Konstrukteur an dem Hybridflugzeug elfin.aero elfin 20.e. Der doppelsitzige Motorsegler ist mit einem 65 kW starkem E-Antrieb ausgestattet. Dieser kann voll Batterie-elektrisch betrieben werden. Alternativ ist der Betrieb in Kombination mit einem kleinen Wankelmotor als Range Extender möglich.

Außerdem plante der Visionär den Bau einer zweimotorigen Flugzeugfamilie mit fünf Tonnen Abflugmasse und Dieselantrieb als bemannte und unbemannte Version. Das Einsatzspektrum sollte vom Beobachtungsflieger über Frachttransporter bis zu bemannten Flügen mit bis zu neun Passagieren reichen.

Am 31. Oktober 2025 ist Dr. Reiner Stemme verstorben. Seine ungewöhnlichen Motorsegler bleiben uns erhalten.

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Über den Autor
Dirk M. Oberländer

Dirk M. Oberländer, Jahrgang 1975, verbrachte seine Jugend beim Segelfliegen am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Später folgte der Abschied vom Schieben und Umstieg zum Ultraleicht-Fliegen. Die zweite große Leidenschaft, das Schreiben, brachte Dirk zu Stadtmagazinen, Tageszeitungen, Kundenmedien und in die wunderbare Welt der Werbung. Immer mit einem Faible für Technik und die Menschen dahinter. So war es nur eine Frage der Zeit, bis der studierte Kultur- und Medienmanager beim fliegermagazin landete. Am Boden ist Dirk bevorzugt mit Laufschuhen und Rad unterwegs – im Urlaub auch gern mal mit Zelt in Richtung Süden.

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