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Frühjahrsputz bei den Überschallfliegern im Technik Museum Sinsheim

Alle zwei Jahre schwingt das Technik Museum Sinsheim den Kärcher und reinigt seine beliebtesten Exponate – die Ausstellungshighlights Concorde und Tupolev Tu-144.

Von Alexander Busch
Zwei Mitarbeiter reinigen von einem Arbeitskorb aus die Concorde im Technik Museum Sinsheim.
Frühjahrsputz in luftigen Höhen – Concorde und Tupolev Tu-144 auf dem Dach des Technik Museums Sinsheim. Bild: Technik Museum Sinsheim

Statt Putzeimer, Feudel und Wischmopp heißt es Sicherungsgeschirr, Arbeitskorb und Kärcher – der Frühjahrsputz im Technik Museum Sinsheim kann beginnen. Halt, eine Kranfirma ist auch noch zu beauftragen. Anforderung ist eine mögliche Arbeitshöhe von mindestens 30 Metern.

Gereinigt wird nämlich nicht etwa der Hallenboden oder der Eingangsbereich, sondern die bei den Besuchern mit am beliebtesten und gleichzeitig exponiertesten Ausstellungstücke des Museums. Beide Exponate gehören zu den Überschall-Passagierflugzeugen, beide nahmen mit einem Jahr Abstand den Linienflugverkehr auf. Die Rede ist von der Tupolev Tu-144 und der Concorde. Die Reinigungsaktion der Außenexponate vom witterungsbedingten Schmutz führt das Museum regelmäßig alle zwei Jahre durch.

Die Geschichte beider Flugzeuge begann um 1960 herum, als die russischen und französischen Konstrukteure erste Eckdaten und Rahmenbedingungen für ein überschallfähiges Passagierflugzeug festlegten und Ausschreibungen an damalige Flugzeughersteller vergaben. Beide Muster ähneln sich in ihrer Konstruktionsweise teilweise stark – zum Beispiel bei der absenkbaren Nase und der Tragflächenbauweise als Deltaflügel. Die Ingenieure waren sich bewusst, dass das Projekt eine absolute Neuheit darstellte und viele Herausforderungen mit sich brachte. Daher trafen sich die Konstruktionsteams beider Flugzeuge regelmäßig und tauschten sich über Fortschritt sowie auftretende Probleme aus.

Überschall im Linienflugbetrieb

Der Tupolev Tu-144 gelang am 31. Dezember 1968 der Erstflug und das Durchbrechen der einfachen und doppelten Schallmauer – als erstes Zivilflugzeug überhaupt. Die Concorde folgte nur knapp drei Monate später am 2. März 1969. Beide Flugzeuge nahmen anschließend 1976, beziehungsweise 1977 den Linienflugbetrieb auf, allerdings mit sehr unterschiedlichen Verläufen. Nach dem Absturz einer Tu-144 stellte der russische Luftfahrtminister den Linienbetrieb nach nur 102 Flügen am 1. Juni 1978 ein. Auch die französische Seite musste im Juli 2000 den Absturz einer Concorde nach dem Start in Paris-Charles de Gaulle hinnehmen. Nach intensiver Untersuchung wurde der Flugbetrieb zwar wieder aufgenommen, aber mit dem letzten kommerziellen Flug am 24. Oktober 2003 endete vorerst das Zeitalter der Überschall-Linienfliegerei.

Im Technik Museum Sinsheim landeten beide schließlich auf dem Seeweg. Nach langwierigen Verhandlungen gelang es dem Museumsverein, eine Tu-144 zu erhalten. Im Jahr 2001 folgte dann der Transport zum Museum und die Installation auf dem Dach. Die Concorde mit der Seriennummer 7 wurde im Jahr 2003 nach 14.771 Flugstunden von Paris über Baden-Baden nach Sinsheim gebracht und dort neben ihrem ehemaligen russischen Konkurrenten aufgestellt. Beide Flugzeuge sind auch während der Reinigungsaktion vollständig begehbar und ermöglichen den Besuchern einen Einblick in die Ära der Überschall-Linienfliegerei.

Das Technik Museum Sinsheim bietet eine einzigartige Ausstellung zu Flugzeugen, Motorrädern und Oldtimern – kurz, allen Arten von technischen Wunderwerken. Gemeinsam mit dem Partner-Museum in Speyer bilden sie eine der größten und vielfältigsten Ausstellungen im Bereich Technik. Derzeit ist außerdem die Sonderausstellung anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Autorennens »24 Stunden von Le Mans« zu bewundern – extra verlängert bis August diesen Jahres.

Über den Autor
Alexander Busch

Alexander Busch, Jahrgang 2002, studiert im bayerischen Eichstätt Journalistik mit Schwerpunkt Politik und Gesellschaft – Luftfahrt stand leider nicht zur Auswahl. Die schon seit der frühen Kindheit vorhandene Leidenschaft für die Fliegerei lebt der gebürtige Braunschweiger im Luftsportverein seiner Universitätsstadt aus. Dort begann er im Frühjahr 2021 mit dem Segelfliegen. Etwa ein Jahr später lag die Lizenz bereits im Briefkasten, es folgte die Umschulung auf Reisemotorsegler und anschließend die UL-Lizenz.

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