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Müritz Airpark: Hier ist Wohnen mit dem Flugzeug möglich

Es ist der Traum eines jeden Flugbegeisterten: ein Hangar direkt neben dem eigenen Haus, mit einem Rollweg bis zur Startbahn. In Mecklenburg-Vorpommern wird der Traum vom Fliegerdorf verwirklicht.

Von Christof Brenner
Glaspalast: Die lichtdurchlässige Front gibt dem ehemaligen Militärshelter einen besonderen Charme als Wohnraum und Hangar. Foto: Christof Brenner

Das fliegermagazin hat im vergangenen Jahr den ersten Airpark Deutschlands besucht. Er heißt Müritz Airpark. Wir wollen Ihnen diese einzigartige Möglichkeit des Wohnenes nicht vorenthalten und haben für Sie unsere Reportage aus dem fliegermagazin 1/2021 nun aufbereitet. Viel Spaß beim Lesen!

So viel Platz! Der asphaltierte Weg ist nur ein bisschen schmaler als eine Landstraße und führt zunächst am Taxiway entlang, dann biegt er rechts ab ins Gelände. Ein Waldstück, dahinter kniehohe Wiesen, wieder ein paar Bäume. Dazwischen versteckt stehen halbrunde Shelter, also Flugzeugbunker, teils aus verwittertem Beton, andere mit Gras überwachsen. Eine Weile wechseln sich diese Landschaftselemente ab, bis unsere Rundfahrt wieder am Vorfeld des Flugplatzes Rechlin/Lärz endet. 

Das erste Fliegerdorf Deutschlands ist der Müritz Airpark

Mit 250 Hektar ist der ehemalige Militärplatz flächenmäßig einer der größten in Deutschland – auf 30 Hektar davon entsteht das erste Fliegerdorf Deutschlands. Dort ist das erste Haus gerade fertiggestellt worden. Endlich, möchte man fast sagen, denn schließlich läuft das Projekt schon jahrelang. 

Haus am See  Diethard und Ingrid Kapp-Schwoerer sind die ersten Bauherren am Müritz Airpark.

2006 stand das bis dahin bundeseigene Gelände zum Verkauf. Den Zuschlag bekam nicht etwa einer der zahlreichen gewerblichen Investoren, sondern eine Gruppe von fünf Privatleuten. »Das Gebot war nicht das höchste, aber unser Konzept hatte überzeugt«, erinnert sich Berthold Held noch gut. Statt Gewerbegebiet ein Fliegerdorf ganz nach amerikanischem Vorbild! Zwei der fünf besaßen bereits ein Heim in einem US-Airpark. »So etwas in Deutschland – das war unser Traum«, sagt Held. 

Die Entwicklung des Müritz Airparks ging nicht ganz so schnell voran

Was es bedeutet, eine alte Liegenschaft zu erwerben, die jahrzehntelang ein Jagdbomber-Regiment der sowjetischen Luftstreitkräfte beheimatete, kam erst nach und nach zu Tage. Unter der Grasnarbe waren 300 000 Kubikmeter Beton versteckt. Bevor das Gelände überhaupt genutzt werden konnte, musste eine Bodenprobe Umweltbelastungen ausschließen. »Heute könnte man einen Kindergarten draufbauen«, sagt Held. 

4,8 Millionen Euro haben die Gesellschafter seit Beginn in ihr Projekt gesteckt. Finanziert aus eigener Tasche, »mit Banken braucht man über so etwas gar nicht zu reden«, sagt Held. Nicht zuletzt deshalb ging es mit der Entwicklung des Airparks wohl nicht so schnell vorwärts, wie es mit einer gewerblichen Investorenfirma und ausreichend Kapital möglich gewesen wäre. 

Nicht nur Deutsche haben Grundstücke gekauft, auch Amerkaner, Italiener und Niederländer

Mit dem Verkauf der Grundstücke sollen die Ausgaben am Ende wieder zurückfließen. Einen großen Gewinn erwartet keiner der fünf. »Wir sind das Projekt nicht als Investoren angegangen, sondern als begeisterte Flieger«, sagt Berthold Held, »es ist ein Hobby.«

Idealist: Berthold Held arbeitet rund um die Uhr für seinen Traum eines Fliegerdorfs in Deutschland.

Zwölf Shelter umfasst das Gelände, dazu 55 Baugrundstücke, alle zwischen 2000 und 7500 Quadratmeter groß. 37 davon sind bereits verkauft, zu Preisen von 35 bis 90 Euro pro Quadratmeter. Die Käuferschaft ist international: Neben Deutschen sind auch Amerikaner, Italiener und Niederländer dabei.

Der Müritzer See liegt in unmittelbarer Nähe zum Airpark

Das Interesse kommt nicht von ungefähr: Mecklenburg-Vorpommern zählt mittlerweile zu den beliebtesten inländischen Ferienregionen. Die Müritz, der größte See in Deutschland, liegt in unmittelbarer Nähe und bietet vielfältige Wassersportaktivitäten. Am Airpark vorbei zieht sich ein Rad- und Wanderwegenetz von über 1000 Kilometern Länge; nur zehn Minuten entfernt liegt der größte Wald-Nationalpark Deutschlands.

Für Luftfahrtfans besonders interessant: Das Luftfahrttechnische Museum Rechlin in den Gebäuden der ehemaligen Erprobungsstelle der Luftwaffe des »Dritten Reichs« beschäftigt sich mit der fliegerischen Geschichte des Orts. Am Flugplatz selbst ist außerdem das private Rechlin-Lärz Luftfahrtmuseum beheimatet. 

Für viele Käufer ist das Natur- und Freizeitangebot ausschlaggebend

Auch für Diethard und Ingrid Kapp-Schwoerer war das Natur- und Freizeitangebot ausschlaggebend. Der Unternehmer hat drei Jahre in New York gelebt, ist Teilhaber einer Firma für technische Lacke in Basel. »Nachdem ich beruflich kürzer treten wollte, haben wir nun mehr Freizeit. Meine Frau wollte aber kein Airpark-Haus in den USA«, erzählt er. Als er in einem Zeitungsartikel vom Müritz Airpark las, war dies die Alternative für das Paar. Im März 2018 war der Kaufvertrag für das Grundstück unterschrieben. 

Weitläufig:  Das erste Haus des Airparks entsteht an der begehrtesten Stelle des Geländes: direkt an einem künstlichen See (im Bild am rechten Ufer).

Mit ihrer Mooney Ovation dauert der Flug vom Heimatflugplatz Bremgarten bis nach Rechlin-Lärz 2:25 Stunden. »VFR ist das Routing praktisch eine gerade Linie«, sagt Diethard Kapp-Schwoerer. Für die An- und Abreise bietet Recklin-Lärz mit PPR und Nachtflugmöglichkeiten große Flexibilität. Was der Mooney-Pilot außerdem recherchiert hat: »Fluglärm-Gegner sind hier völlig unbekannt.« 

Kapp-Schwoerers sind erste Bauherren des Airparks

Die Kapp-Schwoerers sind die ersten Bauherren des Airparks, die ihren Bungalow samt Hangar fertiggestellt haben. Zwei Jahre vergingen vom ersten Bauantrag bis zur Schlüsselübergabe des Hauses. Der größte Teil der Zeit entfiel dabei auf den Kampf mit den Behörden. »Immer wieder mussten Unterlagen nachgereicht und angepasst werden, dazwischen lagen oft wochenlange Bearbeitungszeiten.« Der Bungalow in Fertigbauweise stand dann in wenigen Tagen, ebenfalls der danebenstehende Hangar. 

Beim Zuschlag für den Auftrag haben sich die Kapp-Schwoerers an die Empfehlung Helds gehalten und Unternehmen aus der Region gewählt. Gut 200 000 Euro hat das Haus schließlich gekostet, nochmals 150 000 Euro der Hangar. »Wir haben bei der Ausstattung allerdings nicht gespart, haben Fußbodenheizung und UV-Schutz-Fenster. Und der Hangar ist vollisoliert«, sagt Diethard Kapp-Schwoerer. Er ist sich sicher:  »Wer will, kriegt das auch um einiges günstiger gebaut.«

Im Westen des Müritz Airparks soll ein Spotboothafen entstehen

Das Ehepaar hofft nun, dass es mit seiner Vorreiterrolle beim Hausbau im Airpark den Weg geebnet hat, und die Umsetzung künftig für weitere Bauherren zügiger verläuft. Denn beide wünschen sich, dass möglichst schnell weitere Bewohner das Fliegerdorf beleben – idealerweise natürlich Piloten, die ihre Flugzeuge mitbringen. Mit den bisherigen Grundstückseigentümern hat sich Diethard Kapp-Schwoerer bereits in einer WhatsApp-Gruppe zusammengeschlossen. Schließlich macht das Hobby in Gesellschaft am meisten Spaß.

Und wo gerade von Hobbys die Rede ist: Zwei weitere Projekte hat Berthold Held noch auf dem Plan. Im Westen des Airparks ist ein Sportboothafen geplant – nach Fliegervorbild ebenfalls mit angrenzenden Immobilien für begeisterte Wassersportler und mit direkter Verbindung zur Mecklenburgischen Seenplatte. Auch ein Golfplatz mit 18 Löchern soll noch entstehen. 

Beide Projekte werden allerdings mit Hilfe eines Investors verwirklicht. Für die Marina ist schon ein Geldgeber aus Berlin gefunden. Mit ihm soll alles ein bisschen schneller gehen als bisher. Schon in spätestens zwei Jahren soll für die Wassersportler alles fertig sein. 

Die Idee der Fliegerdörfer

Die Idee, mit Gleichgesinnten am Flugplatz zu wohnen, stammt wie so vieles in der Fliegerei aus den USA. 6000 Fly-in-Communities hatte die Luftfahrtbehörde 1946 auf ungenutzten Flugfeldern geplant,  um über 400 000 Piloten eine Bleibe zu bieten. Die Zahlen wurden nie erreicht; dennoch sind die USA heute das Land mit den meisten Airparks.

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Wohnen auf dem Flugplatz: Airparks in Europa

Zu den bekanntesten zählt das Fliegerdorf in Spruce Creek, Florida. Doch auch in Europa lässt es sich gut am Flugplatz leben. Besonders aktive Airparks sind zum Beispiel der schwedische Siljan Airpark (www.siljanairpark.se) und die französischen Fliegerdörfer Delahaye (www.aero-delahaye.com) und Atlantic Air Park (www.atlanticairpark.com). Die Internetseite www.livingwithyourplane.com bietet mit 639 gelisteten Fly-in-Communities die umfassendste Übersicht. 

Flugplatz Müritz/Rechlin-Lärz

Kennung EDAX

Frequenz 118,990 MHz

Höhe 220 ft

Koordinaten N53° 18.31′ E012° 45.13′

Pisten 07/25, 2380 x 50 m

Treibstoff Avgas, Super Plus

Betriebszeiten
Sommer: 7.00 bis 17.00 Uhr lokal, max. SS; Winter: 8.00 bis 17.00 Uhr lokal, max. SS, übrige Zeit PPR

Zugelassen für Flugzeuge bis 14 t MTOM, Hubschrauber, Motorsegler, Segelflugzeuge, UL, Fallschirmspringer, Hängegleiter

Lande- und Parkgebühren sind hier einzusehen

Adresse Entwicklungs- und Betreibergesellschaft Flugplatz Rechlin-Lärz mbH, 17248 Lärz

Telefon +49 (39833) 222 81/82

Email flugplatz@mueritz-airpark.de

Internet www.mueritz-airpark.de

Über den Autor
Christof Brenner

1970 in München geboren, stieg Christof Brenner mit einem Volontariat beim Münchner Merkur in den Journalismus ein. Danach arbeitet er unter anderem bei der Bild. 1996 erwarb er seine PPL in Landshut; IFR, MEL und CPL folgten später in den USA. Brenner besitzt eine Piper Arrow II PA-28R-200, die zur Zeit in Florida stationiert ist.

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