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Deutschlandflug 2025: Drei Tage, drei Flüge, ein Ziel

Unsere Autoren sind leidenschaftliche Navigationsflieger. Da können sie sich den alle zwei Jahre stattfindenden Deutschlandflug nicht entgehen lassen. Sie nehmen natürlich in der Wettbewerbsgruppe teil und berichten über ihr spannendes Abenteuer zwischen Karte, Kompass und Stoppuhr.

Von Redaktion
Oliver Meindl und Robin Shearer beim Deutschlandflug 2025
Oliver Meindl und Robin Shearer sind in ihrer Cessna 150 ein eingespieltes Team. Bild: Oliver Meindl und Robin Shearer (Navgeeks) Oliver Meindl und Robin Shearer beim Deutschlandflug 2025

Beherrschen Pilotinnen und Piloten heute noch die navigatorischen Fähigkeiten, wie sie früher gang und gäbe waren? Das stellt der alle zwei Jahre stattfindende Deutschlandflug 2025 auf die Probe. Er ist die traditionsreichste Motorflugveranstaltung in Deutschland – es gibt ihn seit 1911!

Vom 11. bis 15. Juni ging der Deutschlandflug 2025 ganz im Westen von Lahr (EDTL) nach Leverkusen (EDKL). Die beiden jungen Piloten Robin Shearer und Oliver Meindl sind als Team Navgeeks in der Wettbewerbsgruppe angetreten. Hier ihr Bericht:

Deutschlandflug 2025 mit Cessna 150M

Es ist Mittwochvormittag. Wir, zwei passionierte Navigationsflieger, stehen mit gepackten Taschen bei blauem Himmel auf dem Flugplatz Leutkirch Unterzeil (EDNL). Unsere Aufgabe ist, in den kommenden Tagen drei intensive Wertungsflüge mit höchster Präzision zu meistern. Die Cessna 150M ist gecheckt und gepackt, die Flugvorbereitung – natürlich mit Papierkarte – erledigt und die Vorfreude groß. Wir rollen auf die Bahn. Eine leichte Brise auf der Nase, und wir heben ab. Es geht über den Schwarzwald nach Lahr (EDTL), wo der diesjährige Deutschlandflug startet.

»Piste 03, Landung frei«, klingt es aus dem Tower der Kontrollzone. Nach dem Tanken rollen wir auf die andere Seite des Flugplatzes, wo sich bereits die ersten angereisten Flugzeuge entlang des riesigen Rollwegs reihen. An der Registrierung in einer Halle des Flugplatzes werden wir freundlich von bekannten Gesichtern empfangen und erhalten unsere Goodie-Bags mit der begehrten Deutschlandflugplakette. Mit zwei Reisebussen geht es ins Hotel und anschließend zur traditionellen Eröffnungsveranstaltung nach Offenburg.

Tag 1: Die Oberrheinische Tiefebene

Gesuchten WegpunktsGesuchten Wegpunkts
Rechts ist das von der Wettbewerbs-Leitung vorgegebene Bild des gesuchten Wegpunkts zu sehen. Der helle Gebäudekomplex am Bahngleis neben dem Fluss findet sich im großen Foto direkt unter dem Bugrad. Bild: Oliver Meindl und Robin Shearer (Navgeeks)

Leichte Anspannung liegt in der Luft: Der erste Wertungsflug steht bevor. Jeder Flugtag startet mit einem verbindlichen gemeinsamen Briefing, bei dem die Besonderheiten des heutigen Flugs ebenso wie der geregelte Abflug aus der Kontrollzone besprochen werden. Nach Startnummern sortiert stehen alle 29 teilnehmenden Crews entlang des Rollwegs bereit für die Übergabe der Unterlagen.

Alle zwei Minuten bekommt eine Crew ihre Umschläge mit Karten, vorgegebenen Überflugzeiten an den Wendepunkten, An- und Abflugrouten sowie Strecken- und Wendepunktbildern. In den Karten im Maßstab 1:200000 sind zum Glück schon die zwölf anzufliegenden Wendepunkte und die 124 nautische Meilen lange Strecke eingezeichnet. In 75 Minuten Vorbereitungszeit sortieren wir die Unterlagen und zeichnen unsere Minutenstriche ein, die uns zur zeitlichen Orientierung helfen. Dann heißt es auch schon Take-off mit Ziel Saarlouis-Düren (EDRJ).

»Wie die Szenen aus Top Gun«: Deutschlandflug 2025

Briefing aller TeilnehmerBriefing aller Teilnehmer
Jeder Flugtag startet mit einem verbindlichen Briefing aller Teilnehmer. Bild: Oliver Meindl und Robin Shearer (Navgeeks)

Am Rand des Schwarzwalds in der Oberrheinischen Tiefebene verläuft der vorgegebene Kurs bis nach Karlsruhe. Dort schlagen wir unseren Kurs in Richtung Westen ein und überqueren dabei mit Konzentration und Faszination über den Ausblick aus dem Cockpit den Rhein. »Folge der Eisenbahnlinie von Wendepunkt 4 bis 5«, heißt es auf dem Aufgabenblatt. Die schlingt sich gemäß der Karte durch ein Tal im Pfälzerwald und verschwindet gelegentlich im Tunnel.

In 1500 Fuß über Grund folgen wir ihr. »Ein bisschen wie die Szenen aus Top Gun«, sagt Robin, auch wenn wir nur mit einer gemütlichen Cessna 150M zwischen 70 und 75 Knoten unterwegs sind. Olli als Navigator schaut konzentriert nach draußen, um die drei Streckenbilder in diesem Streckenabschnitt zu finden.

Besichtigung des Erlebnisbergwerks Velsen

Das heutige Kursende ragt über der Stadt Saarlouis auf: die Skulptur Saarpolygon ist zugleich eine Aussichtsplattform. Zwölf Sekunden verspätet, aber auf der Kurslinie überfliegen wir sie und melden über Funk: »Deutschlandflug Nummer 25 am Final Point.« Nun gilt es, die letzten Kräfte für die Präzisionslandung zu sammeln. Wir setzen etwa 15 Meter hinter dem drei Meter großen »0er-Feld« auf. Das gibt 40 Strafpunkte! Mit 258 Strafpunkten liegen wir in der Tageswertung auf Platz 5.

Wir schauen uns zufrieden in die Augen, wissen aber: Das geht noch besser.
Nachdem der Flieger verzurrt ist, haben die Veranstalter für alle in der Wettbewerbsgruppe einen Ausflug vorbereitet. Für uns alle geht es nun zur Abkühlung auf eine Besichtigung des Erlebnisbergwerks Velsen. Hier können wir bei Temperaturen weit unter den draußen herrschenden 30 Grad Celsius einen Blick auf den ehemaligen Steinkohleabbau im Saarland unter Tage gewinnen.

Tag 2: Saarland und Rheinland-Pfalz

Teamarbeit beim Deutschlandflug 2025Teamarbeit beim Deutschlandflug 2025
Olli als Navigator schaut konzentriert nach draußen, um die Streckenbilder in diesem Abschnitt zu finden. Das geht manchmal nur durchs offene Fenster, Robin fliegt. Bild: Oliver Meindl und Robin Shearer (Navgeeks)

Die heutige Destination ist Oppenheim (EDGP), heißt es im Briefing. Wir verlassen das Saarland in nordöstlicher Richtung und navigieren die 89 Meilen lange Route entlang von Straßen, Ortschaften und Waldkanten. Es läuft wie am Schnürchen. Die Wendepunkte identifizieren: kein Problem. Die Streckenbilder fallen uns schon meilenweit im Voraus auf. Es bleibt trotz Wettkampfnervenkitzel sogar Zeit, die schöne Landschaft zu genießen.

Der letzte Wendepunkt, der FP, gestaltet sich jedoch etwas schwieriger. Eine Halbinsel an einem See soll unser Ziel sein. Die Herausforderung: die Landschaft ist südlich von Oppenheim übersät mit kleinen Seen. 30 Sekunden vor Überflug erscheint der gesuchte Wendepunkt hinter einer großen Baumlinie. Gerade noch rechtzeitig, um den Wendepunkt mit einer Toleranz von plus/minus zwei Sekunden anzufliegen.

Fliegerische Highlights beim Deutschlandflug 2025

Fliegerisches Highlight wird der Anflug auf den Flugplatz Oppenheim mit Direktanflug auf Piste 01 entlang des Rheins. 1160 Meter feinstes Oppenheimer Grün liegen als Landebahn vor uns. Tatsächlich fokussieren wir uns auf einen Streifen von nur drei Metern, den wir bei der Landung mit dem Hauptfahrwerk treffen müssen. Etwas zu lang landen wir knapp nach diesem Feld und kassieren 20 Strafpunkte.

Da wir alle 24 Streckenbilder gefunden und uns keine bekannten Schnitzer erlaubt haben, geben wir stolz erhobenen Hauptes unsere Unterlagen und Logger zur Auswertung ab. Bei Erhalt der Ergebnisse liegen Freude und Ärger sehr nah beisammen. Mit 225 Strafpunkten thronen wir mit einer persönlichen Bestleistung auf Platz 3 in der Tageswertung. Wir liegen aber nur drei Strafpunkte hinter der zweitplatzierten Crew.

Tag 3: Auf den Spuren der Loreley

Über der LoreleyÜber der Loreley
Das schönste Stück Rhein? Über der Loreley unterwegs. Bild: Oliver Meindl und Robin Shearer (Navgeeks)

Das nahezu tadellose Ergebnis hat jedoch einen kleinen, aber feinen Schönheitsfehler: An einer Stelle haben wir den Wendepunkt mit insgesamt sechs Sekunden – erlaubt sind maximal fünf – zu scharf angeschnitten, wodurch wir einen Kursfehler für eine Sekunde von 100 Strafpunkten erhalten haben. Das ärgert zwar, nimmt uns jedoch nicht die Freude über die sehr gute Teamleistung.

30 Grad, kein Wind und Schweißperlen auf der Stirn. Die anderen 28 Crews versuchen, sich noch ein wenig im Schatten abzukühlen, bevor es auf den nächsten rund zwei Stunden langen Flug nach Leverkusen (EDKL) geht. Trotz der Hitze braucht es noch einmal volle Konzentration für den letzten Wertungsflug. Wir starten in Richtung Süden entlang des Rheins und drehen auf Kurs unserer heutigen 134 Meilen langen Route.

Großes Gewitter beim Deutschlandflug 2025

Doppeltes StraßenkreuzDoppeltes Straßenkreuz
Das doppelte Straßenkreuz ist aus der Luft weithin sichtbar. Bild: Oliver Meindl und Robin Shearer (Navgeeks)

Über kleine Wiesen und Dörfer geht es auf den ersten Wendepunkt zu: ein Bahnhof am Rhein. Es sollte nicht der letzte Bahnhof für heute sein, denn jeder Wendepunkt läuft unter dem Motto »Eisenbahn«. Der Streckenabschnitt zum zweiten Wendepunkt führt das Rheintal entlang bis zum Bahnhof von Sankt Goarshauen, wo kurz davor ein 132 Meter hoher Felsen die tiefste und engste Stelle des Mittelrheins markiert.

Auf diesem sitzt der Sage nach ein blondes, langhaariges Mädchen namens Loreley, das den Schiffern beim Navigieren die Augen verdreht. Zum Glück sind wir mit dem Flugzeug unterwegs … Südlich von Bonn und später quer über den Tagebau Hambach geht es mit Rückenwind vorbei an der BayArena in Richtung Zielflugplatz Leverkusen. Die letzten Meilen gilt es noch zu fliegen, bevor ein großes Gewitter am Spätnachmittag kommen soll.

Krönung der besten Crews und Sonderpreise

Sieger des Deutschlandflugs 2025Sieger des Deutschlandflugs 2025
Die Sieger des Deutschlandflugs 2025: In der Mitte Astrid und Marcus Ciesielski, daneben die Zweit- und Drittplatzierten. Bild: Oliver Meindl und Robin Shearer (Navgeeks)

Erschöpft gelandet und den Flieger wettersicher gemacht, sehen wir schon unsere Tagesergebnisse online. Ein etwas ernüchternder Platz 7 mit verdächtig vielen Strafpunkten bei den Suchbildern. Wie sich später herausstellt, haben wir ein gefundenes Streckenbild kurz vor Wendepunkt 2 falsch in die Karte eingezeichnet. Das kostet 50 Strafpunkte und zwei Plätze. Ob hier die Loreley sogar bei uns im Cockpit ihre Finger im Spiel hatte?

Bei einem köstlichen Buffet krönen die Veranstalter die besten Crews der Touring- und Wettbewerbsgruppen und vergeben weitere Sonderpreise. Mit nur 19 Strafpunkten zur drittplatzierten Crew reicht es für uns nicht ganz auf einen Podiumsplatz. Diese Anzahl an Strafpunkten ist ein Äquivalent von nur sieben Sekunden zu früher oder später Ankunft an einem Wendepunkt; auf wohlgemerkt insgesamt sechs Stunden gewerteter Flugzeit.

Deutschlandflug 2025 schreibt Geschichte

Sind wir traurig darüber? Nein! Die navigatorischen Leistungen aller Crews über mehrere Tage sind wirklich erstaunlich. Sie dienen uns als Vorbilder und motivieren, uns beim nächsten Mal noch mehr anzustrengen. Wir gratulieren daher allen Crews, die am Deutschlandflug 2025 teilgenommen haben und insbesondere denen, die es aufs Podest geschafft haben.

Ein herzliches Dankeschön allen Flugplätzen und dem Orga-Team der Bundeskommission Motorflug des Deutschen Aero Clubs, die dieses traditionsreiche Event möglich gemacht haben. Ein Deutschlandflug endet, der in seiner Tradition wieder Geschichte schreibt. Wir freuen uns schon, wenn wir auch 2027 wieder mit dabei sein dürfen; diesmal dann vielleicht auf dem Siegerpodest.

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