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Leserreise 2012: Mit sieben Cirrus-Flugzeugen über Florida

Mit sieben Cirrus-Flugzeugen erkundeten 17 Leser Mitte März den südlichsten 
US-Bundesstaat. Die Reise, unterstützt vom deutschen Cirrus-Händler CD Aircraft und veranstaltet mit Air Ventures Reisen, war ein voller Erfolg

Von Thomas Borchert

Schon dieser erste Tag – es ist fast zu viel für die 13 an deutsche Verhältnisse gewöhnten Piloten! Los geht’s mit dem Flugplatz, der unsere Basis sein wird: Fort Lauderdale Executive (KFXE). Hunderte von Kleinflugzeugen stehen hier auf dem Vorfeld und in den Hangars! Darunter viele exotische Muster, von denen man bislang höchstens gelesen hat; dazu bestimmt über 50 Business Jets. Die Luft brummt, was für eine lebendige Szene!

Dann die Theorie-Einweisung, mit erstaunlichen Erkenntnissen: US-Piloten regeln an unkontrollierten Plätzen alles eigenverantwortlich; Landegebühren gibt es nicht; das Gesamtrettungssystem der Cirrus braucht nur 400 Fuß Öffnungshöhe. Und vor dem Fenster des Seminarraums parkt mal eben „Fifi“, die einzige noch flugfähige B-29 der Welt. Jetzt diese Freigabe nach kurzem Flug an die nahe, dicht bebaute Atlantik-Küste: „Class Charlie transition approved, follow the shoreline southbound at or below 500 feet.“ Übersetzt: am Strand lang und nicht höher als 500 Fuß. Wow!

„Follow the beach, 500 or below“: Der Tiefflug am Strand entlang beeindruckt alle Piloten. Im Hintergrund links die Skyline von Miami (Foto: Thomas Borchert)

Fluglehrer Wes Popplewell erklärt: „So hält uns der Lotse unter dem anfliegenden Verkehr von Fort Lauderdale International. Aber bleib schön über dem Meer, sonst wären wir illegal.“ Als ob es eine Wahl gäbe: Die Hochhäuser am Strand sind höher als wir! Dann schaltet Wes die „Terrain! Terrain!“-Warnung des Glascockpits der SR22 ab. Der Beach Run – eine halbe Stunde den Strand runter und zurück – ist Abschluss des ersten Tages der fliegermagazin-Leserreise nach Florida, unterstützt vom deutschen Cirrus-Händler CD Aircraft und veranstaltet mit Air Ventures Reisen.

Der Lotse genehmigt unseren Flug 500 Fuß über den Strand

Gestern sind wir mit dem Lufthansa-A380 angekommen: 17 Deutsche, 13 davon Piloten. Wir wollen eine Woche lang Cirrus-Flugzeuge fliegen und diese modernen Maschinen samt ihren Glascockpits ebenso kennenlernen wie die Fliegerei in den USA. Jan-Peter Fischer, deutscher Cirrus-Händler sowie US-Fluglehrer, und fliegermagazin-Chefredakteur Thomas Borchert begleiten die Gruppe, die ein breites Spektrum abdeckt: vom USA-Flugerfahrenen bis zum Erstbesucher; vom Cirrus-Eigner bis zu denen, die noch nie ein Glascockpit geflogen haben, geschweige denn eine Cirrus.

Es gibt zwei Möglichkeiten, das Traumland der Fliegerei zu erleben: Man kann in den USA die gleichen in die Jahre gekommenen Chartermaschinen fliegen wie zu Hause, allerdings viel billiger. Oder man chartert Flugzeuge, die es zu Hause gar nicht oder nur zu exorbitanten Preisen gibt.

Wir haben den zweiten Weg gewählt – und einen perfekten Partner dafür gefunden: Platinum Aviation in Fort Lauderdale (www.flyplatinum.com) hat elf Cirrus-Maschinen im Charterangebot! Platinum ist als Vercharterer, Flugschule, Wartungsbetrieb und Händler auf Cirrus spezialisert. Erklärtes Ziel ist First-Class-Service. Mit den abgewetzten Charterbuden, die Piloten in Deutschland wie in den USA leider gewöhnt sind, hat das edel mit viel Alu, Glas und Leder eingerichtete Foyer von Platinum Aviation wenig zu tun. Wenn Fliegen schon teuer ist, dann soll es dafür wenigstens einen guten Gegenwert geben – diese Einstellung überzeugt. 


Erstes Kennenlernen: Jan-Peter Fischer (r.) erklärt den Teilnehmern am ersten Tag die Besonderheiten einer Cirrus SR22 Turbo (Foto: Pius Weisser)

Von 137 Euro pro Stunde für eine Avidyne-SR20 bis 220 Euro für die SR22 Turbo reichen die Preise bei Platinum, fünf Prozent Rabatt inklusive. Hinzu kommt der Sprit: Bei Avgas-Preisen zwischen 1 und 1,40 Euro pro Liter ist man bei der Turbo im Idealfall mit weiteren 70 Euro dabei. Wir haben uns für das Konzept des „betreuten Fliegens“ entschieden: Je zwei deutsche Piloten teilen sich ein Flugzeug und einen US-Fluglehrer, der für die gesamte Zeit unserer Reise an Bord bleibt. Denn egal, wie viel Erfahrung ein Pilot mitbringt: Der Lehrer vorne rechts nimmt den Druck, in ungewohnter Umgebung alles richtig machen zu müssen.

Seine Rolle reicht vom Fremdenführer bis zum Glascockpit-Experten und Funk-Gehilfen – ganz nach Kundenwunsch und Vorkenntnissen. Die Fluglehrer bei Platinum sind mit 68 Euro pro Stunde nicht billig. Aber sie sind ausgewiesene Experten in der Cirrus und stellen sich auf alle Kundenwünsche ein. Platzrunden drehen, IFR-Anflüge üben, Nachtflug: Alles ist möglich. Auf unseren Tagesausflügen bezahlen wir sie nur für die Flugzeit – und laden sie natürlich auf unseren Touren und zum Lunch ein. Schon am zweiten Tag wird’s ernst: Nach dem Spaßtrip am Vorabend soll nun konzentriert trainiert werden. Das Tagesbriefing behandelt Wetter, Lufträume und Funk. Es gibt nur einen einzigen Programmpunkt: Um 12.30 Uhr ist Mittagessen im Flugplatz-Restaurant im rund 70 Nautische Meilen entfernten Okeechobee geplant.

Gleich nach dem Anlassen drückt unser Fluglehrer Andy Martens den bei 27 Grad Außentemperatur wichtigsten Knopf im Panel: Klimaanlage ein! Dann müssen wir erstmal raus aus Fort Lauderdale: Schon die Ground-Frequenz ist eine Herausforderung für ICAO-Sprachlevel 4. Auf den kleinen Plätzen entlang der Route treffen wir immer wieder unsere Cirrus-Flotte, die munter Platzrunden dreht. 


In der Cirrus SR22 am Strand entland

Beim Mittagessen werden in bester Stimmung Anfluggeschwindigkeiten und Glascockpit-Feinheiten diskutiert. Ein Fluglehrer findet per iPhone den billigsten Sprit der Gegend: in Naples an der Westküste. Das Nachmittagsziel ist also auch klar.

Ich wechsle auf die Rückbank unserer SR22 Turbo, vorne fliegt Hermann Recker. Allein vom Zuschauen hier hinten lernt man eine Menge. Über den Sümpfen bemerkt Andy mit leichtem Grinsen: „Das läuft doch schon gut.“ Dann kommt’s: „Lass mich mal an die Sicherungen“, sagt Andy zu Hermann. Prompt dreht das Glascockpit unserer Cirrus SR22 durch: lautes Gongen, Blinken auf dem Bildschirm, rote Kreuze statt Speed, Höhe und Vario. „Und? Was nun?“, fragt der Lehrer. Mit ein wenig Untersützung analysiert Hermann, was ausgefallen ist und welche Instrumente und Funktionen jetzt nicht nutzbar sind. Wer bei Andy die Einweisung in das Garmin-Perspective-Cockpit der SR22 abgezeichnet haben will, der muss dafür arbeiten.

Die Flotte: Die sieben Cirrus-Flugzeuge der Gruppe auf der Parkfläche in Everglades City
(Foto: Thomas Borchert)

Fünf Crews wollen Nachtflug üben. Wieder ein Beispiel für die große, kaum fassbare Fliegerfreiheit: Der Platz in Fort Lauderdale ist ohnehin rund um die Uhr geöffnet. Und für die einsamen Bahnen in den Sümpfen ist Andys Briefing kurz: „Sieben Klicks mit der Sendetaste, dann geht das Licht an. Und wer einen Alligator auf der Piste sieht, startet durch!“ Er meint das ernst. Die ersten zwei Tage waren gefüllt mit viel Neuem und jeder Menge Lernen.

Jetzt wird der Spaßfaktor erhöht. Wir fliegen nach Key West: Gut eine Stunde lang geht es erst wieder im Tiefflug am Strand entlang, an Miami vorbei. Dann folgen wir den Florida Keys, der berühmten Inselkette bis in den Süden der USA. Traumhafte Strände, Mangroveninseln, Korallenriffe, Meer in allen Schattierungen von Blau und Grün – der Flug ist ein Traum. Key West ist Hippie- und Touri-Zentrum zugleich: eine attraktive Mischung mit wunderschönen Villen, toller Musik und gutem Essen. Kein Wunder, dass Hemingway sich hier wohlfühlte. Auf dem Rückweg passieren die Crews wieder viele Pisten, die allesamt für Landeübungen genutzt werden. Kostet ja nichts – zum Bezahlen aussteigen muss also auch niemand. Mit den Speeds einer Cirrus wird Florida ganz schön klein.

Jeden Tag zieht unsere Flotte in eine andere Richtung. In Venice essen wir am Strand bei Sharky’s on the Pier, dann gehen einige sogar baden. Abends treffen wir zum Dinner Mitglieder von COPA, der Cirrus Owners and Pilots Association. Der weltweit (auch in Deutschland) aktive Club trifft sich vor allem virtuell im Internet (www.cirruspilots.org), wo sich die Mitglieder übers Cirrus-Fliegen, die Wartung und andere Fragen austauschen. COPA organisiert auch Trainings-Camps.

COPA-Mitglied und Cirrus-Eigner Dennis Haber aus Miami hat uns für den Folgetag ein besonders Highlight organisiert. Wir dürfen in Spruce Creek landen, die Maklerin Judie Udey von Country Club Properties wird uns eine exklusive Führung geben: Spruce Creek ist die größte Fly-in-Community der Welt! Mehr als 1300 Häuser und Wohnungen gruppieren sich um die private Runway, etwa 600 haben Rollweg-Zugang, viele einen Hangar direkt am Haus. Mit Golf Carts fahren wir durch die Siedlung und lauschen Judies Erklärungen. Tatsächlich verbergen sich weit von der Piste entfernt immer wieder Rollwege zwischen den sehr schönen Grünanlagen. 


Ein starkes Team: die Reisegruppe mit den Fluglehrern und Mitarbeitern von Platinum Aviation (Foto: Thomas Borchert)

Dass wir auf dem Weg das Kennedy Space Center auf Cape Canaveral mit dem 160 Meter hohen Vehicle Assembly Building passieren, ist fast schon Nebensache. Jan-Peter Fischer gönnt sich und seinen Piloten einen tiefen Überflug der riesigen Shuttle-Landebahn – wer fragt, gewinnt. Am letzten Tag werden die US-Fluglehrer beim Morgenbriefing nervös. Wir wollen nach Everglades City zum Stone-Crab-Essen und auf eine Airboat-Tour durch die Sümpfe. Der Grund für die Aufregung: Die Betonbahn dort hat nur 730 Meter! Alles unter 5000 Fuß gilt in den USA als kurz. „Da müssen wir wirklich aufpassen“, erklärt Andy ernst. Tanja und Stephan lachen nur: „Wie zu Hause in Hangelar!“ Diesmal funktioniert der Kulturschock andersherum.

Alles geht gut – und der Tag ebenso wie die Reise finden einen perfekten Abschluss: In Fort Lauderdale hat die Platinum-Mannschaft eine waschechte Hangarparty aufgebaut. Vor der ausgeräumten Halle steht ein Grill mit Steaks und Würstchen, Spare Ribs garen seit Stunden im Räucherofen. Drinnen haben sie Tische aufgebaut, Salate angerichtet, Bier, Wein und Cola auf Eis gelegt. In der Abendsonne kehren unsere Maschinen zum letzten Mal aufs Vorfeld zurück. Schnell ein Bier her zum Anstoßen: auf eine tolle Reise, auf viele neue Freunde – und auf die große Fliegerfreiheit!

fliegermagazin 6/2012

Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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