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Mit der Bonanza zu den Azoren: Abenteuer über dem Atlantik

5.800 Nautische Meilen legen zwei Piloten aus Wiener Neustadt in Österreich mit der Vereins-Bonanza zurück, um einmal im Leben selbst über die sieben Inseln der Azoren zu fliegen. Dabei sind sie einmotorig viele Stunden über dem Atlantik unterwegs.

Von Redaktion
Und das Wetter spielt mit - Auf den Azoren umkreist die Bonanza die mit 2351 Metern höchste Erhebung Portugals, den Montanha do Pico.
Und das Wetter spielt mit - Auf den Azoren umkreist die Bonanza die mit 2351 Metern höchste Erhebung Portugals, den Montanha do Pico. Bild: Christian Prosser

Zugegeben, drei bis viereinhalb Stunden in einem einmotorigen Flugzeug
über dem Atlantik zu fliegen, das findet nicht jeder erstrebenswert. Mein Fliegerfreund Michael und ich wollen aber die Azoren sehen, eine Gruppe von neun Inseln mit neun Flugplätzen – verstreut mitten im Ozean: die Wetterküche Europas. Wie immer ging es anfangs darum, die Tank- und Übernachtungsmöglichkeiten mit den in Frage kommenden Flugplätzen abzuklären. Im Sommer kommt es immer öfter vor, dass Flugplatzbetreiber kleine Flugzeuge nicht am Platz haben wollen und nur einem kurzen Tankstopp zustimmen.

Dreh- und Angelpunkt für Avgas Nur auf Santa Maria gibt es auf den Azoren Avgas. Da auch auf Madeira kein Sprit verfügbar war, hatte die Bonnie-Crew Kanister an Bord mitgenommen.
Bild: Christian Prosser

Auf den Azoren hat nur der von Madeira aus am nächsten gelegene Flughafen auf Santa Maria Avgas. Wer dort tanken will, muss zuvor ein Konto beim Dienstleister World Fuel Services eröffnen, die voraussichtlich benötigte Menge bestellen und bezahlen. Der Tankwart ist dann informiert. Der Betrag wird danach vom Guthaben abgebucht.

Wir mussten den Flug um ein Jahr verschieben, da einer der Zylinder in der vereinseigenen Beechcraft Bonanza F33A Kompressionsprobleme hatte. Aus einem schwächelnden Zylinder wurden drei, und zusätzlich noch ein Austausch der Nockenwelle notwendig. Das bedeutete zehn Monate Werftaufenthalt! Für einen Verein ein wahrer Albtraum, von den Kosten ganz zu schweigen.

Mit einem Jahr Verspätung wird der Traum wahr

Im Juli ging es doch los. Wir starten in Wiener Neustadt mit vollen Tanks und zusätzlich sechs 20-Liter-Kanistern in der Kabine. Nachdem auf Madeira über den Sommer die Avgas-Versorgung eingestellt wurde, wäre unser Ziel ohne diesen Nachfüllvorrat unerreichbar geblieben. Das erste Leg führt uns zum Tanken nach Calvi im Norden Korsikas. Wir fliegen um die Nordwestspitze der Insel herum, dort kann es sehr windig und turbulent zugehen. Landung und Handling sind mit 80 Euro moderat.

Danach fliegen wir auf direktem Kurs übers Mittelmeer nach Reus in Spanien. Dank guter Tipps unserer Handling-Agentin bleiben die Kosten samt Übernachtung mit 90 Euro günstig. Grundsätzlich sind Handling Kosten teilweise sehr hoch, dafür oft mit vielen wertvollen Gefälligkeiten verbunden.

Spanisches Farbenspiel – Die trockenen Böden in Zentralspanien bieten aus der Luft ein prächtiges Farbenspiel.
Bild: Christian Prosser

Am nächsten Tag geht es nach Portimão an der Südküste Portugals, unser Sprungbrett nach Madeira. Mit knapp vier Stunden Flugzeit wird dies der längste Flug unserer Reise. Portimão hat uns vorab mitgeteilt, dass wir tanken können, nicht aber das Flugzeug über Nacht abstellen: zu wenig Platz auf dem Vorfeld. Unser Plan ist tatsächlich, nach dem Tanken und einer kurzen Pause gleich weiter nach Madeira zu fliegen.

Anflug auf Christiano Ronaldo

Doch im Wetterbericht sehen wir über dem Atlantik tiefliegende Wolken. Wir sind nach VFR unterwegs, nach drei bis vier Stunden Flug ist ein Umkehren nicht mehr möglich, und der einzige Ausweichplatz auf Madeiras Nachbarinsel ist bei Schlechtwetter auch kaum anfliegbar. Wetterbesserung wird erst in zwei Tagen erwartet. Deshalb fliegen wir von Portimão zu einem Zwischenstopp nach Lissabon, genauer gesagt zum nahen Flugplatz Cascais an der Costa do Estoril.

Schon nach einem Tag in Lissabon passt das Wetter, um den Sprung nach Madeira zu wagen. Der Abflug von Cascais zurück nach Portimão zum erneuten Tanken gestaltet sich jedoch schwieriger und vor allem zeitraubender als erwartet.

Funchal Airport Cristiano Ronaldo – Die Landebahn wurde mit einem aufwendigen Stützenbauwerk um 1020 Meter verlängert. Bild: Christian Prosser

Wir geben unserem Handling-Agenten in Madeira Bescheid, wann wir in etwa ankommen, um unseren Slot und den Parkplatz zu sichern. Der Flug verläuft dann ereignislos. Natürlich ist viel Wasser unter uns, aber wir haben Schwimmwesten, Rettungsinsel und PLB für den Fall der Fälle dabei. Nach 3:18 Stunden werden wir von Omni Handling auf der Blumeninsel Madeira empfangen und erhalten ein Rundum-Servicepaket inklusive Hotelbuchung, Transfer und Restaurantempfehlung. Die Kosten sind mit 434 Euro beträchtlich, aber die freundliche Betreuung lässt bei uns keinen Groll aufkommen.

Ein Empfang wie bei guten Freunden

Nach einem verregneten Abend verspricht der nächste Tag gutes Flugwetter in Richtung Azoren. Die Flugplanaufgabe dauert am Ende über drei Stunden, inklusive Besuch im Büro des verantwortlichen Mitarbeiters der Flugsicherung. Das Problem sind die von uns im Flugplan angegebenen Wegpunkte auf der Strecke von Madeira nach Santa Maria. Wir haben beim ersten Versuch über Austro Control nur die TMA- beziehungsweise FIR-Grenzen eingetragen, sonst gibt es ja über dem Wasser keine terrestrischen VFR-Navigationspunkte. Der Flugplan wird abgelehnt!

Catering an Bord – Österreichische Manner-Törtchen sind unentbehrliche Reisebegleiter. Bild: Christian Prosser

Mit der Angabe von Koordinaten in Abständen von 30 Minuten sind wir auch nicht erfolgreich. Als einfache Lösung stellt sich am Ende die Nutzung der in ForeFlight als blaue Dreiecke oder Sterne eingezeichneten GPS-Waypoints entlang der geplanten Route heraus. Damit lassen sich nicht nur exakte Überflugzeiten von FIR-Grenzen oder Kontrollzonen definieren, sondern auch eindeutige Positionen über den Weiten des Atlantik.

Die normale UKW Sprechfunkverbindung ist ja über eine weite Strecke nicht möglich. Somit ist es für uns trotz GPS schon eine große Erleichterung, als sich die Konturen der östlichsten Azoreninsel Santa Maria am Horizont abzeichnen. Nach 3:35 Stunden ist das Ziel Santa Maria erreicht. César von Wexjet erwartet uns bereits. Auch hier wieder perfekte Rundum-Betreuung und große Hilfsbereitschaft. Wir haben den Eindruck, es mit guten Freunden zu tun zu haben.

Am Ziel der Reise

Nach traumhaftem Wetter am Ankunftstag folgt am nächsten Tag tiefe Bewölkung, aber kaum Niederschlag. Das mit dem Azoren-Hoch ist so eine Sache: Bei uns als stabile Hochdrucklage bekannt, ist es über den Azoren mitunter sehr flüchtig. Die größten Chancen auf blauen Himmel und Sonnenschein bestehen im Juli und August. Das weniger gute Wetter nutzen wir für eine Erkundung der Insel per Fahrrad. Die Vorhersage für die folgenden drei Tage ist günstig.

Der letzte sichere Hafen vor Amerika: Horta auf Faial nutzen Segler, die vor einem Törn über den Atlantik Wasser und Vorräte auffüllen wollen.
Bild: Christian Prosser

Am frühen Vormittag sprechen wir mit César die Optionen für einen Rundflug über die sehr weit verteilt liegenden Inseln durch. Natürlich kennt er auf allen neun Flugplätzen der Azoren seine Kollegen und hat sie schon angerufen. Überraschend und sehr schade für uns, dass die Plätze auf den am westlichsten gelegenen Inseln Flores und Corvo an den Wochenenden geschlossen sind. Von dort aus liegen Amerika und Kanada näher als Europa! Weil es Freitag ist, können wir diese grünsten und blühendsten Azoreninseln mit beeindruckenden Steilküsten und Wasserfällen leider nicht besuchen.

Ankerplatz für Atlantiksegler

So ändern wir das Tagesziel: Die Insel Faial mit dem bekannten Hafen Horta wird unser Übernachtungsstopp. Dort legen sehr viele Segler bei ihrer Atlantiküberquerung an, um Proviant aufzunehmen oder notwendige Reparaturen durchzuführen. Bekannt ist die Marina von Horta durch die vielen bunten Bilder an der Hafenmauer, gemalt von Generationen von Hochseeseglern. Berühmt ist auch das legendäre Peter Café Sport, Treffpunkt für Segler, Einheimische und Reisende, bekannt für Gin & Tonics und Schokoladenkuchen. Auf dem Weg nach Faial haben wir wieder Glück: Der Montanha do Pico, mit 2351 Metern der höchste Berg Portugals, ist wolkenfrei. Wir können den auf der Nachbarinsel Pico gelegenen Vulkan Gipfel ausgiebig umrunden und Fotos machen.

Hier muss man sich sehen lassen: Der Weltumsegler-Treff Peter Café Sport auf Horta existiert seit mittlerweile 106 Jahren und startete als Wechselstube.
Bild: Christian Prosser

Am nächsten Tag fliegen wir nach Graciosa, der zweitkleinsten Insel der Azoren. Ruhig und beschaulich geht es hier zu. Mit dem Mietauto erkunden wir die Insel. Der landschaftlich schönste Teil von Graciosa ist der Vulkankessel im Südosten. Eigentlich waren es sogar zwei Krater, die bei ihrem Einsturz vor wohl 12.000 Jahren zu einer Ellipse verschmolzen sind. Eines der größten Naturwunder der Azoren verbirgt sich in der Furna do Enxofre, der Schwefelhöhle, die man besichtigen kann.

Der Lavaspiegel des Vulkanschlots sank gegen Ende der Eruption und hinterließ unter einer riesigen Basaltkuppel eine 95 Meter tiefe, bis zu 130 Meter breite Höhle. Der Zugang zur Höhle erfolgt durch eine zugewucherte, natürliche Öffnung in der Basaltkuppel, die in den 1930er Jahren mit einer 37 Meter hohen Wendeltreppe begehbar gemacht wurde. Spektakulär ist auch die Zufahrt zur Höhle: Durch einen Tunnel im Kraterrand geht’s ins Innere der Caldeira.

Der Pico auf Pico Berg und Insel haben den gleichen Namen. Der Blick von der Nachbarinsel Faial geht über die Gemälde der Weltumsegler im Hafen. Bild: Christian Prosser

Anschließend umrunden wir den Kraterrand auch zu Fuß. Nun fehlt noch Terceira, eine Insel, die als besonders lebendig beschrieben wird, dort wird gerne gefeiert. Der Flughafen Lajes befindet sich auf der Rückseite einer Bergkette, ein sehr großer, auch militärisch genutzter Platz, zu dem wir aber keinen Funkkontakt bekommen. In unserer Verzweiflung haben wir dann die Frequenz von Horta gerastet. Der Lotse in Horta ist so nett, mit Lajes zu telefonieren, und wir erhalten die Freigabe zum Weiterflug. Erst als wir das südliche Kap umrundet haben, gelingt der Funkkontakt mit dem Tower.

Wetterbedingter früher Aufbruch

Nach der Landung auf Terceira werden wir nicht auf den zivilen Teil des Flughafens geleitet, sondern auf den militärischen. Ein amerikanischer Pickup dient als Follow-me und parkt uns in der Mitte der riesigen Abstellfläche, die sich über die gesamte Pistenlänge erstreckt. Wohl ist uns dabei nicht. Aus dem Wagen steigen zwei Soldaten, bestens gelaunt und sehr freundlich. Es dauert 20 Minuten, bis uns der Handling Agent dort abholen kann.

Er ist alles andere als erfreut über diese eigentümliche Parkposition, zumal er zweimal den militärischen Check Point passieren musste. Nun ja, der Mietwagen ist organisiert und das Hotel in einer Bucht nahe des Flughafens gebucht. Nur das Wetter macht uns ein wenig Sorgen, von Nordwesten nähert sich eine Front, schneller als erhofft. Wir haben uns einfach nicht getraut, den folgenden Tag noch auf Teceira zu verbringen und uns die Insel anzuschauen. Der Rückflug nach Santa Maria war eigentlich erst für den Nachmittag vorgesehen.

Auf Terceira: Ein Wanderweg führt um den erloschenen Vulkankrater; Hortensien blühen auf allen Inseln überall am Straßenrand.
Bild: Christian Prosser

Auf Madeira hingegen wird für die kommenden Tage strahlender Sonnenschein vorhergesagt. Statt auf den Azoren hängen zu bleiben, verzichten wir auf die Inselrundfahrt und fliegen bereits am Vormittag nach Santa Maria, um dann am Nachmittag gleich weiter nach Madeira zu düsen. Das ist halt der Nachteil der VFR-Fliegerei, der Spielraum ist sehr eng. Um die Azoren etwas besser kennen zu lernen, wären ohnehin Wochen und nicht nur ein paar Tage erforderlich. Der Überflug von den Azoren nach Madeira in Flugfläche 95 ist wieder unspektakulär, diesmal benötigen wir 3:22 Stunden für die Strecke. Außerdem wissen wir nun, wie wir die Wegpunkte auf der Strecke setzen müssen. Obwohl vom Westen kommend, erhalten wir die Anweisung, über die Ostseite der Insel den Flughafen Cristiano Ronaldo in Funchal auf Madeira anzufliegen.

Heimkehr nach 38,5 Stunden Flugzeit

Den folgenden Tag haben wir dann für eine Inselrundfahrt auf Madeira genutzt. Die Südseite ist traumhaft schön, an der Nordseite haben sich wie am Vortag die Wolken gestaut. Wir gewinnen einen guten Eindruck von der Blumeninsel. Die Straßenführung ist durchweg spektakulär, nicht weniger die vielen Tunnel, aber bei starker Bewölkung halt kein gutes Fotomotiv. Die Badehose haben wir beide übrigens im Hotel vergessen, selber schuld, warm genug ist es allemal.

Festland erreicht Das Cabo de São Vicente thront auf der Südwestspitze Europas in Portugal. Am rechten Bildrand beginnen die traumhaften Strände und Klippen der Fels-Algarve. Bild: Christian Prosser

Am nächsten Tag geht es dann wieder zurück nach Portimão. Dort landen wir nach 3:04 Stunden zum dritten Mal. Es geht gleich weiter zu unserem Tagesziel Cordoba. Der Flug von Cordoba nach La Seu führt über magische spanische Landschaften in allen denkbaren Ockertönen in den Zwergstaat Andorra im Osten der Pyrenäen. Hier übernachten wir. Am 13. Tag fliegen wir die Bonanza schließlich via Bremgarten wieder nach Hause in unseren „Heimathorst“ Wiener Neustadt-Ost. So eine Reise geht wirklich nur mit dem eigenen Flugzeug.

Text & Fotos: Christian Prosser

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