Wie ein Pilot in Papua Neuguinea zur Legende wurde
Bob Bates gilt in Papua Neuguinea als fliegende Legende. Erst kürzlich hat der Pilot in einer Einmot die Welt umrundet. Mit 84 Jahren blickt er zufrieden auf sein aviatisches Lebenswerk zurück.

Ein sympathisch und bescheiden auftretender Australier stellte sich mir im Oktober 1988 in Mount Hagen in Papua Neuguinea vor. »Hi, ich heiße Bob und bin euer Pilot auf dem Flug nach Tari«. Doch Bob Bates war, wie ich damals erfuhr, nicht nur Pilot. Ihm gehörte auch die Beechcraft Baron mit dem Kennzeichen P2-BOB, in die wir seinerzeit kurz nach der Begrüßung eingestiegen sind.
Und nicht nur das. Auch die luxuriöse Ambua Lodge in Tari, im Hochland von Papua Neuguinea gelegen, war von ihm errichtet worden. Es ist Teil seines Touristikunternehmens Trans Niugini Tours.
Papua Neuguineas bekanntester Pilot hebt wieder ab
37 Jahre später kommt es jetzt zu einem Wiedersehen, wiederum am Flughafen in Mount Hagen. Bob hat sich in den fast vier Jahrzehnten kaum verändert. Er ist immer noch ein freundlicher, sehr bescheiden auftretender Kerl, der stets lächelt.
Und auch die zweimotorige Beech Baron steht auf dem Vorfeld vor dem Passagierterminal und ist immer noch im Dienst. Mit ihr werden wir die nächsten Tage im Hochland von Papua Neuguinea und im tropischen Regenwald an der Grenze zu Westpapua, dem indonesischen Teil der Insel Neuguinea, unterwegs sein.
Airstrip in der Einsamkeit
Eindrucksvolle Etappe der Weltumrundung: Überquerung massiver Gletscher in Grönland auf einer Höhe von 13 000 Fuß. 100 Tage ihr Zuhause: Bob Bates und Barry Payne bei der Weltumrundung im Cockpit ihrer Piper Comanche. Wieder eine Etappe geschafft: Bob Bates und Barry Payne genießen in Veliky Novgorod einen Moment abseits des Cockpits. Im Cockpit über drei Ozeane hinweg: Bob und Barry während ihrer Weltreise. Empfang in Mount Hagen: 100 Tage nach ihrem Start kehren die beiden dahin zurück, wo ihre Reise begann.
Nachdem die Sonne den Nebel pünktlich um 8.30 Uhr aufgelöst hat, rollen wir zur Startbahn 30. Schon die ersten Meter vermitteln das vertraute Gefühl eines kleinen, aber handlichen Flugzeugs. Es erhebt sich unter Bobs sicherer Steuerung sofort souverän in die Luft.
Nach 30 Minuten passieren wir bei ungewöhnlich klarer Sicht links den 4367 Meter hohen Mount Giluwe. Vor uns erstreckt sich ein endlos erscheinender tropischer Regenwald. Die Flügel schneiden durch eine Wolkenbank, die wie eine Decke über dem Tal liegt. Bob kontrolliert im Flug immer wieder die Leistung der Triebwerke sowie den Kurs und hält Ausschau nach anderen Flugzeugen. Ab und zu deutet er auf einen Wasserfall oder ein Dorf im Tal, das aus der Luft wie ein Miniaturmodell wirkt.
Mit Pilot Bob auf dem Airstrip von Papua Neuguinea
Nach einer knappen Stunde über dem Regenwald erreichen wir den Airstrip neben der Bensbach Lodge. Es war Bobs erstes Gästehaus dieser Art, das er als junger Reiseveranstalter geplant und errichtet hat. In erster Linie kommen Australier zu diesem abgelegenen Ort. Vorrangig von Mai bis August, um die bis zu einem Meter langen Barramundi-Fische zu angeln. Aber auch Naturliebhaber und Ornithologen kommen hier auf ihre Kosten.
Den 1200 Meter langen Airstrip hat Bob seinerzeit mit 38 Einheimischen in sechs Wochen in den Regenwald geschlagen. Da die Piste etwa 500 Meter von den Unterkünften entfernt liegt und es keine Fahrzeuge in dieser abgelegenen Region gibt, wurde der Rollweg quer durch den Regenwald hindurch zur Lodge geführt.
Was folgt nach dem Dschungel-Airstrip?
Das Gelände ist uneben, und Bobs Team arbeitete teilweise mit Handwerkzeugen und einfachen Maschinen. »Es war Knochenarbeit, aber wir haben es geschafft – und der Blick von oben auf den fertig geschlagenen Airstrip war unglaublich«, erinnert sich Bob.
Große Ziele sind nach wie vor Teil von Bobs Leben: Am 28. September 2024 kehrte er mit seinem Pilotenfreund Barry »Baz« Payne von einer Weltumrundung nach Mount Hagen zurück. 100 Tage waren sie in ihrer einmotorigen Piper Comanche mit der Registrierung ZK-BAZ unterwegs. Die Landung erfolgte pünktlich zum 100. Jahrestag der ersten Weltumrundung per Flugzeug überhaupt: Genau ein Jahrhundert zuvor war am 28. September 1924 eine Gruppe US-amerikanischer Militärpiloten von ihrem Abenteuer zurückgekehrt.
Mit Pilot Bob aus Papua Neuguinea einmal rund um den Globus
Bob und Barry hatten ein simples Motto: 162 Lebensjahre und 105 Jahre Flugerfahrung an Bord – was soll schon schiefgehen? Die beiden Piloten haben am Ende 22.350 nautische Meilen auf 40 Flugabschnitten absolviert. Sie haben in zehn Ländern Station gemacht und insgesamt 153 Flugstunden ins Flugbuch eingetragen.
Start- und Zielort Papua Neuguinea war bewusst gewählt. Amelia Earhart war hier 1937 in Lae zu ihrer geplanten letzten Etappe gestartet und verschwand mit ihrem Flugzeug über dem Pazifik. Bob und Barry konnten dank moderner Technik und jahrelanger Erfahrung das Abenteuer sicher absolvieren.
Seit 1964 in Papua Neuguinea
Aufregende Momente prägten die Reise: die Überquerung der grönländischen Eiskappe, schwierige Landungen bei starkem Wind auf den Aleuten. Es sind vor allem die gemeinsamen Erlebnisse, die beiden in Erinnerung bleiben, sagt Bob. »Uns ging es nicht nur um das Abenteuer. Wir mussten als Team Entscheidungen treffen, neue Erfahrungen sammeln und Freundschaften knüpfen«. Nach dieser Weltumrundung fliegt Bob wieder in Papua Neuguinea – und die Baron bleibt dabei treues Werkzeug.
Teamarbeit vor dem Start: Bob Bates und lokale Helfer beladen die Baron für einen weiteren Flug durchs Hochland. Mehr als 60 Jahre vor Ort: Bob Bates wird längst als Einheimischer angesehen – der Kontakt zu den Menschen vor Ort war ihm stets ein Anliegen. Für Lodge-Gäste: Passagier fliegt Bob Bates mit einer einmotorigen Turboprop vom Typ PAC P-750 XL. Graspiste im Nirgendwo: Die Topografie Papua-Neuguineas macht die Luftfahrt zum Rückgrat der Infrastruktur. Den Rollweg zu seiner Lodge hat Bob mit seinem Team dem Dschungel abgetrotzt.
Doch zurück im Hier und Jetzt. Der Barramundi am Abend schmeckt köstlich. Beim Dinner lässt uns Bob auf sein Leben zurückblicken. 1964 kam er als junger Ingenieur aus dem australischen Newcastle nach Papua Neuguinea, um für die Regierung Straßen und Brücken im Hochland zu planen. Zwei bis drei Jahre wollte er bleiben – auf gar keinen Fall länger. Inzwischen sind es mehr als 60 geworden.
Pilot in Papua Neuguinea: Mobilität beginnt in der Luft
Nach sechs Jahren im Staatsdienst gründete Bob sein eigenes Unternehmen. Er baute weiter Brücken und Straßen für die Regierung im Hochland. Früh erkannte er, dass hier niemand auf ein Flugzeug verzichten konnte, um in diesem flächenmäßig drittgrößten Inselstaat der Welt nördlich von Australien mobil zu sein.
Viele Papuas kennen Flugzeuge und Helikopter, haben aber noch nie ein Auto gesehen. Papua Neuguinea hat kaum Straßeninfrastruktur. Es gibt keine Verbindungen zwischen der Hauptstadt Port Moresby an der Südküste und dem gesamten Hochland sowie dem nördlichen Landesteil.
Ein Flugzeug für die Ewigkeit
In den neunziger Jahren hatte Papua Neuguinea nach den USA und Australien weltweit die meisten Start- und Landebahnen und Airstrips – weit mehr als 500 waren es damals. Heute sind es noch mehr als 450. 18 Fluggesellschaften sind momentan im Land registriert; sie betreiben rund 150 Flugzeuge und nochmal so viele Helikopter.
1973 erwarb Bob seine Commercial Pilot License (CPL) auf einer Piper PA-28 in Papua Neuguinea. Damals stand das Land noch unter australischer Verwaltung. Er kaufte sich noch im selben Jahr die Beech Baron in den USA. 6500 Stunden stehen inzwischen im Bordbuch des Flugzeugs mit der Kennung P2-BOB. 6440 Stunden davon saß Bob am Steuer. Bobs Baron ist inzwischen das am längsten registrierte Flugzeug in ganz Papua Neuguinea.
Tourismus aus der Luft: Pilot in Papua Neuguinea
Nach acht Jahren verkaufte Bob sein Unternehmen, wechselte in den Tourismus und gründete Trans Niugini Tours. Mit sieben Lodges im ganzen Land und einem Kreuzfahrtschiff auf dem Sepik River galt er bald als der führende Reiseveranstalter im Land. Ohne seine Flugzeuge wäre es unmöglich, das Unternehmen zu betreiben, sagt er heute. Anfangs flog Bob noch Touristen mit der Beech Baron zu seinen Unterkünften. Inzwischen wird dies mit einer Pacific Aerospace PAC P-750 XL gemacht.
Die PAC kann wahlweise neun Passagiere oder bis zu 1000 Kilogramm Fracht transportieren. Nicht nur die Touristen müssen zu den Lodges im tropischen Regenwald, ins Hochland und an den Sepik River gebracht werden, auch ein Großteil der Verpflegung gelangt auf dem Luftweg zu den Unterkünften. Das Fliegen im Hochland ist extrem schwierig.
Fliegen am Limit
Morgens herrscht in Tälern sehr oft Hochnebel, den die Sonne erst nach und nach auflöst. Ab dem Mittag bilden sich dann die ersten Gewitterwolken, die das komplette Tal bedecken können. Dazu kommt das bergige Terrain mit Mount Wilhelm (4509 Meter), Mount Giluwe (4367 Meter) oder Mount Hagen (3778 Meter).
Wie man unter diesen Bedingungen sicher fliegen kann, beantwortet Bob knapp mit: »Immer mit Vorsicht. Fliege nie in das Wetter hinein, steige lieber höher und fliege niemals um die Bäume herum.«
Für Pilot Bob aus Papua Neuguinea ist Fliegen mehr als Beruf
Das Fliegen in Papua ist zudem teuer. Bob fliegt als einziger die Baron, die Voraussetzungen für einen weiteren Piloten auf diesem Muster sind illusorisch hoch. 2000 Flugstunden Erfahrung, davon 500 in mehrmotorigen Maschinen und 50 auf der Baron. Die Versicherung für das Flugzeug beträgt jährlich ein Zehntel seines Werts.
Neben seiner beruflichen Fliegerei lebt Bob seine fliegerische Leidenschaft mit Reisen in ferne Länder aus. Auf alle Kontinente – außer der Antarktis – ist er bereits geflogen. Im Südpazifik fühlt er sich wie zu Hause. Tonga, Cook Islands, Kiribati, Fiji, Samoa – sogar die Marquesas, eine abgelegene Inselgruppe rund 1600 Kilometer nordöstlich von Tahiti. Überall war Bob bereits mit seiner Beech Baron. Viele dieser Flüge sind nur dank eines Zusatztanks möglich.
Fliegen kennt kein Alter
Inzwischen ist Bob 85 Jahre alt. Über sein Alter denkt er aber nicht viel nach. Solange er gesund ist, das Fliegen noch sicher hinbekommt und sich gut fühlt, wird er weiterfliegen. Und das vielleicht auch noch mit 90 oder 100 Jahren. Es gibt keine Altersbeschränkungen in Papua Neuguinea.
Der jährliche Medical Check ist dagegen obligatorisch. Seine persönliche Philosophie: »Das Leben ist wie Fliegen – du musst immer aufmerksam bleiben, auf Veränderungen reagieren und gleichzeitig den Blick für das große Ganze behalten. Nur so kommt man sicher ans Ziel.«
Papua Neuguineas Pilot plant ein Museum für die Luftfahrt
Bobs nächster Flug mit der Baron wird zu seinen Schwestern nach Newcastle nördlich von Sydney führen. Eine Woche später geht es dann nach Bischkek in Kirgisistan zum Treffen der Earthrounders. Das allerdings per Linienflug, mit der Baron wäre es dann doch etwas zu aufwendig.
Besondere fliegerische Ziele hat Papuas fliegende Legende im Moment nicht. Doch stopp, da wäre doch noch etwas: Ein Museum über die Geschichte der Fliegerei in Papua Neuguinea ist bereits in Planung. Zudem erwägt er, eine kleine Sammlung historischer Flugzeuge im Museum auszustellen, um die Geschichte der Luftfahrt in Papua Neuguinea für kommende Generationen lebendig zu halten. Oben aufs Dach soll dann seine Beech Baron kommen.
Ein Abschied mit Aussicht
Als wir uns drei Tage später in Mount Hagen voneinander verabschieden, lächelt Bob und sagt: »Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, um in Papua Neuguinea herumzufliegen und Spaß zu haben.«
Wer einmal mit Bob geflogen ist, der versteht: Die wahre Flughöhe misst man nicht in Fuß, sondern in Leidenschaft.
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