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Wilde Klippen und hohe Gipfel – Leserreise nach Korsika, Sardinien und Elba

Nach anfänglichen Wetterproblemen konnten die 13 Crews der fliegermagazin Leserreise ans Mittelmeer Anfang Oktober die Inseln Korsika, Sardinien und Elba zum Abschluss der Saison in vollen Zügen genießen.

Von Thomas Borchert
Nicht überfliegen! Das Naturschutzgebiet Scandola, eine der schönsten Ecken Korsikas, wird von einem Sperrgebiet geschützt.
Nicht überfliegen! Das Naturschutzgebiet Scandola, eine der schönsten Ecken Korsikas, wird von einem Sperrgebiet geschützt. Bild: Thomas Borchert

Die langwierige Bezahlung der Landegebühren in Cannes (LFMD) bricht unserer Planung das Genick. Dabei ist der Übernachtungs- Stopp an der eigentlich teuren Côte d’Azur mit 35 Euro pro Flugzeug nicht mal kostspielig. Aber der Verwaltungsakt für die 13 Flugzeuge der Gruppe dauert. Und so hat die Schauerlinie, die wir schon seit dem Frühstück auf dem Radar beobachten, genug Zeit, übers Meer heranzuziehen.

Das Wetter spielt nicht mit an diesen ersten zwei Tagen der fliegermagazin Leserreise ans Mittelmeer. Das ist Anfang Oktober natürlich auch nicht so wirklich überraschend. Schon die Anreise zur ersten Übernachtung der Reise in Cannes war schwierig. Die meisten Crews sind schon in den Vortagen gekommen. Im Nieselregen waren wir abends zum sehr guten Dinner spaziert, bei trübem Wetter mit niedrigen Wolken ging es zum Frühstück. Vom legendären Strand-Boulevard Croisette kriegen wir leider nicht viel mit.

Der Monte Cinto, höchster Berg Korsikas, ragt 2.709 Meter hoch. Die Landschaft der Insel ist beeindruckend und vielfältig. Hier lohnt sich ein längerer Aufenthalt am Boden, für den auf der Leserreise keine Zeit bleibt.
Bild: Thomas Borchert

Nun ist Calvi (LFKC) im Norden Korsikas unser Ziel. Schon beim Briefing war klar: Aus unserem Plan wird nichts, im Sightseeing-Modus die Riviera abzufliegen, Nizza, Monaco und die Strände am Ligurischen Meer anzuschauen und dann bei Pisa auf kürzestem Weg nach Korsika hinüber zu fliegen. Die Küste ist durch Südwind angestaut, tiefe Wolken mit Schauern hängen dort in den Bergen. Also nehmen wir den direkten Weg, 100 Nautische Meilen übers offene Meer. Auch hier sind die Wolken mit Untergrenzen in 1.000 Fuß nicht so, wie man sich das für einen längeren Überwasserflug wünscht.

Herausfordernder Anflug

Und dann ist da eben noch das Schauergebiet, das aus Südwesten heranzieht. Am Nachmittag soll das Wetter zwar besser werden, aber dann ist der Wind in Calvi mit 30 statt der morgendlichen 20 Knoten vorhergesagt. Starker südwestlicher Wind ist dort der Worst Case: Die Bahn mit Ausrichtung 18/36 liegt nach Norden hin zum Meer, ist aber in alle anderen Richtungen von teils hohen Bergen umgeben. Die können für heftige Turbulenzen sorgen. Deshalb möchten die meisten in der Gruppe lieber gleich losfliegen, auch wenn Sichten und Untergrenzen schlecht sind. Drei Crews entscheiden, bis zum Nachmittag zu warten.

Auf dem Radarbild liegen die ersten Echos schon im Weg. Irgendwann meldet die erste Maschine auf der Bord-Bord-Frequenz: »Hier regnet es jetzt leicht, nichts Schlimmes.« Doch der Rest der Gruppe, der fünf, zehn oder mehr Minuten später dort ankommt, erhält eine Lektion in Meteorologie: In der kurzen Zeit hat sich ein kräftiger Schauer aufgebaut, gerade eben noch kein Gewitter, aber flächig ausgedehnt. Einigen gelingt das Ausweichen nach Osten, andere müssen sich ordentlich durchschütteln lassen.

Bunte Mischung: Von der Piper PA25-235B bis zur Cirrus SR22T reicht das Spektrum der Flugzeuge. Auch Cessna 172, Piper Archer, Beechcraft Bonanza oder Diamond DA62 sind dabei.
Bild: Thomas Borchert

Kaum sind die ersten Maschinen in Calvi gelandet, zieht auch dort ein Schauer heran. Er steht in den Bergen, von dort pfeifen die Fallböen herab. Die Lotsin gibt den Wind mit 17 Knoten und Böen bis 29 an. Es wird der wohl turbulenteste Anflug meiner fliegerischen Laufbahn – das Video ist unter https://bit.ly/fliegeranfluege zu sehen. In nur 400 Fuß erwischt uns eine Windscherung: Auf einmal sind 20 Knoten Fahrt weg! Nachdrücken, volle Power – und dann die Maschine irgendwie auf die Bahn bringen. Der Maschine nach uns geht es genauso. Tanken klappt grad noch, aber beim Verzurren der Flugzeuge schüttet es wie aus Eimern, wir werden patschnass.

Endlich wird das Wetter gut

Am Nachmittag kann die Reise dann endlich so losgehen, wie wir uns das vorgestellt hatten: Die Sonne kommt raus. Für den Rest der Reise wird allenfalls der Wind noch ein Problem sein. Wir sitzen beim Eis in der schönen Altstadt am Fuß der gewaltigen Zitadelle von Calvi und schauen zu, wie die drei Nachzügler- Crews anfliegen. Der Wind ist deutlich schwächer als vorhergesagt – und schwächer als im Vorfeld des bei uns heranziehenden Schauers. »Wunderschöner Nachmittagsflug«, hören wir beim Dinner am Hafen.

Die Zitadelle von Calvi wurde schon im 13. Jahrhundert von den Genuesern erbaut. Dort sitzt heute das Hauptquartier der französischen Fremdenlegion.
Bild: Thomas Borchert

Mit Geländewagen lassen wir uns am nächsten Morgen in die Berge fahren, die uns so viel Kummer gemacht haben. Wir besuchen malerische, wenn auch etwas touristische Dörfer und sehen beeindruckende Landschaft. Die Tour endet an einem Kieselstrand mit Blick auf Calvi, wo ein Picknick mit korsischen Wurst- und Käsespezialitäten für uns aufgebaut ist. Am Nachmittag ist der Südwind immer noch mit 16 und mehr Knoten dabei. Die Lotsin rät dringend vom Take-off an der Intersection ab: »Nehmen Sie die volle Bahnlänge, dann bleiben Sie weiter vom Gelände und den dortigen Turbulenzen weg!« Ein guter Rat.

Malerisches Korsika

An Calvi vorbei umfliegen wir die Landzunge dort und folgen der Westküste Korsikas. Dies ist vielleicht der schönste Streckenabschnitt der gesamten Reise: Rötlich-orange leuchtet die zerklüftete Küste des Naturschutzgebiets Scandola in der Sonne. Darüber liegt ein Sperrgebiet, dessen Grenze wir folgen. Die Kontrollzone der Inselhaupstadt Ajaccio dürfen wir problemlos durchfliegen. Gleich südlich davon liegt unser Ziel: die Landebahn von Propriano (LFKO). Was Flugplätze angeht, ist der Süden Korsikas etwas schwierig. Wir möchten uns Bonifacio ansehen, die Stadt ganz im Süden der Insel. Der nächstgelegene Airport wäre Figari (LFKF), wo es auch Airline-Betrieb gibt. Dort wird unsere Anfrage aber vehement abgelehnt: Keinesfalls hätte man Platz für so viele Maschinen. Auch einzelnen Flugzeugen wird offenbar zumindest im Sommer öfter eine Parkerlaubnis verweigert. Es gilt eine strikte PPR-Regelung.

Bestes Flugwetter – Nach dem Start in Calvi führt die Route an Stadt und Zitadelle vorbei. Bild: Thomas Borchert

Von Propriano fährt man immerhin eine Stunde bis Bonifacio. Im Vorfeld machen wir uns durchaus Gedanken: Zwar hat der Platz eine 1.400 Meter lange Bahn, doch er ist komplett unbesetzt. Es ist wirklich schwierig, dort jemanden zu erreichen. Schließlich gelingt es per Telefon – Französischkenntnisse sind ein großer Vorteil dabei. Dann aber wird alles ganz einfach: Natürlich können wir kommen, kein Problem, bitte auf dem Gras parken, Avgas und Jet Fuel gibt es aus dem Automaten. Und wir möchten doch bitte auf die Fallschirmspringer achten.

Spaß in der Gruppe: 24 Reisende sind mit 13 Flugzeugen auf der Leserreise unterwegs. Propriano ist der richtige Ort für ein gemeinsames Foto.
Bild: Thomas Borchert

Tatsächlich: Kaum hat sich das erste Flugzeug unserer Gruppe auf der Platzfrequenz gemeldet, antwortet der Pilot der Absetzmaschine. Wir sollen nicht, wie in Frankreich an unbesetzten Plätzen eigentlich vorgegeben, zur Orientierung erst mittig über die Bahn fliegen, denn genau dort kommen seine Springer runter. Einfach in den Gegenanflug zur »27«, rät der Twin-Otter-Pilot. Es geht wieder dicht ans Gelände, aber diesmal halten sich die Verwirbelungen in Grenzen. Kaum drehen wir in den Endanflug, ist vor uns alles voller Fallschirme. Wir landen auf der Bahn, die Springer 300 Meter daneben – alles kein Problem.

Mit Umwegen: Bonifacio

Die von uns bestellten Vans warten bereits. Die Fahrt durch die korsische Landschaft nach Bonifacio sagt uns vor allem eins: Hier möchte man viel länger bleiben. Immerhin: Wir haben einen flugfreien Tag geplant. Eigentlich wollten wir im Revier zwischen Korsika und Sardinien segeln gehen – doch der Wind ist dafür zu stark. Wir spazieren stattdessen ausgiebig durch Bonifacio. Die Altstadt liegt hoch auf einer Klippe, die eine Landzunge formt. Auf der einen Seite liegt das offene Meer, über dem die Häuser teils gefährlich direkt an der Kante stehen. Auf der anderen bildet eine langgestreckte Bucht einen hervorragend geschützten Naturhafen. Wir besuchen mehrere Läden und Restaurants, bei denen die Fenster hinten im Gebäude direkt am Abgrund aufs Meer hinausgehen. Wie gefährdet die Bauten sind, können wir nicht beurteilen.

Blick von der Festungsmauer: Bonifacio ist geteilt in die Altstadt oben auf den Klippen und die Unterstadt am Hafen.
Bild: Thomas Borchert

Wir hatten uns schon gefragt, wie denn wohl das Thema Landegebühren in Propriano abgewickelt wird. Zum Glück geht einer von uns am Automaten tanken. In einem Containerbüro neben dem Kreditkarten- Lesegerät steht ein drohendes Schreiben der Gemeindeverwaltung: Der Platz ist videoüberwacht, wer die Gebühr nicht zahlt, wird verfolgt. Dazu ist eine Telefonnummer angegeben. Wir rufen an und ein freundlicher Herr sagt: »Ich bin in fünf Minuten da.« Er bekommt 20 Euro pro Flugzeug, dann machen wir uns zwischen den Springern, die schon wieder voll dabei sind, auf den Weg nach Sardinien. Propriano hat sich als hervorragender Stopp auf Korsika erwiesen. Es soll auch möglich sein, aus dem nahen Ort Mietwagen an den Platz zu bestellen.

Die Airliner dürfen vor uns landen

Die Küstenroute durch die Kontrollzone Figari sieht 500 Fuß Flughöhe vor. Das ist uns nur recht. Strände und Felsen wechseln sich ab, die Landschaft von Korsika beeindruckt wirklich überall. Dann folgt der Vorbeiflug an Bonifacio, hoch auf den Klippen – toll! Wir huschen hinüber nach Sardinien. Eigentlich wollten wir einen ausführlichen Rundflug bis in die Mitte der Insel machen. Doch der Wind weht immer noch stark, fast die gesamte Gruppe möchte die zu erwartenden Turbulenzen in den Bergen dort lieber meiden. Also fliegen wir direkt nach Olbia (LIEO).

Traumhaftes Segelrevier – Im Norden Sardiniens liegen die vielen Inseln des La-Maddalena-Archipels. Die Farben des Wassers lassen die Felsen aus der Luft wie Juwelen erscheinen.
Bild: Thomas Borchert

Am Verkehrsflughafen ist viel los, wir drehen etliche Kreise über der Stadt, während Easyjet und Lufthansa landen. Es gibt in Olbia ein riesiges Vorfeld und einen mondänen GA-Terminal: In der Nähe liegt Porto Cervo, wo viele reiche Menschen ihre Jachten liegen haben. Entsprechend kommen hier oft Businessjets an. Dennoch zahlen wir alles in allem 62 Euro – ein vertretbarer Preis. Wir haben uns einen Bauernhof als Unterkunft
gesucht, der zum luxuriösen Hotel umgebaut wurde. Das wäre auch mit einem am Terminal problemlos verfügbaren Mietwagen gut erreichbar. Die Gegend würde sich für mehrere Tage Erkundung eignen. Wir genießen den guten Wein der Region bei einem Abendessen mit inseltypischen Nudeln und anderen Köstlichkeiten.

Zum Abschluss: Elba

Das letzte Leg der Reise steht an: Wir wollen der Ostküste Korsikas folgen und dann nach Elba abbiegen. Anfangs genießen wir die vielen kleinen Inseln des La-Maddalena-Archipels im Nordosten Sardiniens. Dann geht es hinüber nach Korsika. Nördlich von Solenzara ist die Entscheidung fällig: Weiter der Küste folgen oder trotz lockerer Bewölkung ins Innere schwenken? Wir entscheiden uns für letzteres. In einem Tal geht es Richtung Corte und dann weiter nach Norden, zwischen Gipfeln, die bis in 2.700 Meter Höhe reichen. Bei Bastia überqueren wir den schmalen Grat des Cap Corse genau an der Passstraße, dann fliegen wir übers Meer nach Elba (LIRJ).

Bordkarten gegen Landegebühr: Bei der Bezahlung im Flugplatzbüro erhalten auf Elba auch Privatpiloten Bordkarten, mit denen sie dann durch die Sicherheitskontrolle kommen.
Bild: Thomas Borchert

Zum Glück passt der Wind und wir können die Piste in Marina di Campo von Süden übers Meer anfliegen. Dahinter liegen gleich einige Hügel, zwischen denen man sich bei Start und Landung auf dieser Seite hindurchschlängeln muss. Ein beeindruckendes Gefährt bringt uns zum Terminal: Ein Golf Cart wurde zum Bus umgebaut und mit Plexiglas verkleidet – er sieht ein bisschen aus wie das Papamobil. Vom Hotel in der Bucht von Biodola machen wir eine E-Bike-Tour auf den nahen Hügel: Was für eine Aussicht in der Abendsonne! Mitte Oktober ist die Saison auf Elba schon fast zu Ende: Das Hotel wird gleich nach unserer Abreise für den Winter schließen. Nun müssen wir nur noch über die Alpen nach Hause kommen. Da macht das Wetter wieder Sperenzchen – aber das ist eine andere Geschichte.

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Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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