Fliegen im Winter: Die besten Übungen für Privatpiloten
Viele Piloten neigen dazu, im Winter nur selten fliegen zu gehen. Dabei bietet die kalte Jahreszeit auch ruhiges Flugwetter und kann optimal fürs Training genutzt werden.

Schaut man sich an, was in den Wintermonaten an vielen Flugplätzen los ist, könnte man glauben, es gäbe ein Winterflugverbot. Die Tage sind kürzer, das Wetter oft schlecht und die vielleicht bequemere Option, bei eisigen Temperaturen am warmen Kamin oder gemütlich auf dem Sofa zu sitzen, ist verlockend. Schnell sammeln sich so ein paar Wochen oder gar Monate Flugpause zusammen. Sicher fliegen kann aber nur, wer in Übung bleibt. Und so sollten Sie die kalte Jahreszeit als ausgezeichnete Gelegenheit ansehen, die eigenen Fähigkeiten als Privatpilot zu schärfen und die Freuden des Fliegens unter ganz besonderen Bedingungen zu erleben.
Zunächst mag die Überwindung groß sein, zum Flugplatz zu fahren: niedrige Temperaturen bei der Vorflugkontrolle, von Frost überzogene Flügel, schwierige Start- und Landebedingungen aufgrund matschiger Graspisten. Doch mit der richtigen Vorbereitung und Einstellung lassen sich diese Herausforderungen meistern. Und: Der Blick auf die schneebedeckte Landschaft kann traumhaft schön sein!
Wer im Winter fliegt, kann Situationen üben, die während des restlichen Jahres selten sind. Vieles geht eben auch nicht, wenn Passagiere mit an Bord sind – und die fehlen meistens im Winter. Nutzen Sie also einen freien Tag und sonniges Winterwetter, um Ihre Fertigkeiten aufzufrischen. Eine Option kann es sein, mehrere Platzrunden zu fliegen. Das macht natürlich nur Spaß, wenn es die Platzverhältnisse zulassen. In kürzester Zeit findet viel statt, während bei Überlandflügen der »Mittelteil« oft weniger anspruchsvoll ist.
Nach dem Start – vor dem Airwork
Los geht’s mit der richtigen Pedaldosierung während des Beschleunigens – da muss das Flugzeug schön auf der Centerline gehalten werden. Dann das frühzeitige Entlasten des Bugrads oder Hochnehmen des Hecks bei einem Taildragger und das Rotieren mit korrekter Speed – hier ist Feinmotorik am Höhenruder gefragt. Bei Seitenwind kommt ein Querruderausschlag zur Luvseite hinzu. Das Gefühl für die richtige Dosierung lässt sich üben, bereits beim Start, ebenso wie jenes für die beiden anderen Ruder. Im Steigflug, beim Ausleveln und im Sinkflug stehen während der Platzrunde mehrere Konfigurationswechsel an. Dabei geht es zwar auch ums Steuern, im Vordergrund steht aber die Bedienung des Flugzeugs, bei der sich – je nach Komplexität – ebenfalls pausenbedingte Unsicherheit einstellen kann.

Wer noch Zeit für ein bisschen Airwork hat, sollte mal ein wenig auf Höhe gehen. 4.000 Fuß AGL wären schön, 2.000 sollten es mindestens sein. Kurvenflug ist eine gute Übung, um wieder in die Routine reinzukommen. Fliegen Sie Vollkreise mit unterschiedlichen Schräglagen, zum Beispiel bei 45 und 60 Grad, versuchen Sie dabei, die Höhe auf 50 Fuß genau zu halten und die Kugel der Libelle nicht auswandern zu lassen. Und ganz wichtig: Gut umschauen, ob der Luftraum frei ist!
Und dann war da doch noch was mit dem Gas: Je größer die Schräglage, desto mehr Auftrieb »verschütten« Sie. Das können Sie nur mit Geschwindigkeit wettmachen, also mit Leistung. Erhöhen Sie die Drehzahl noch im Geradeausflug, sonst fehlt Ihnen die Speed in der Kurve. Es ist doch immer wieder überraschend zu erleben, wie stark man bei einer Cessna 172 in einer Steilkurve ziehen muss, um keine Höhe zu verlieren. Bei anderen Mustern ist die Pedalarbeit anspruchsvoller, wenn der Kurven- kein Schiebeflug sein soll. Natürlich wissen Sie all das im Prinzip, aber die richtige Ruderdosierung wird Ihnen nach einer längeren Pause nur mit Übung gut gelingen.
Langsamflug und Lazy Eight
Ein anderes gutes Training ist der Langsamflug. Reduzieren Sie einfach mal die Geschwindigkeit auf das 1,15-fache der Stallspeed, jeweils mit Klappen in Reise- und Landekonfiguration. Behalten Sie dabei unbedingt die Höhe. Dazu müssen Sie ordentlich Leistung setzen. Durch den hohen Anstellwinkel unter Power machen sich die Propellereffekte deutlich bemerkbar: Das Flugzeug will schieben und rollen. Versuchen Sie, es mit Seiten- und Querruder daran zu hindern.
Doch Vorsicht: Dicht am Strömungsabriss kann das nach unten ausschlagende Querruder die Strömung auf dieser Seite der Tragfläche zum Abreißen bringen. Benutzen Sie deshalb ausschließlich das Seitenruder, wenn kein Geschwindigkeitspolster besteht. Falls die Strömung tatsächlich abreißt: Höhenruder nachlassen, Quer- und Seitenruder neutral, Geschwindigkeit aufnehmen und Gas geben.

Lust auf die Königsdisziplin des koordinierten Fliegens? Dann probieren Sie Chandelle und Lazy Eight aus. Erstere besteht aus einem Richtungswechsel um 180 Grad, bei dem möglichst viel Höhe gewonnen wird. Aus dem Geradeausflug mit leicht über dem Reiseflug liegender Fahrt zieht der Pilot die Nase der Maschine über den Horizont und leitet eine Kurve ein. Bei 90 Grad Kursänderung ist die extremste Fluglage des Manövers erreicht, mit etwa 30 Grad Längs- und maximal 60 Grad Querneigung. Ab jetzt wird langsam wieder in Normalfluglage zurückgekehrt. Die ist nach weiteren 90 Grad Kursänderung erreicht, und die Maschine fliegt knapp über der Stallspeed. Dieses Manöver erfordert eine präzise Koordination aller Ruder. Wichtig: Die Libellenkugel muss immer in der Mitte bleiben.
Auch bei der Lazy-Eight-Übung steht die Kugel im Zentrum. Diese »Halfpipe« der leichten Fliegerei besteht aus einer Folge von hochgezogenen Kehrtkurven in wechselnder Richtung, am besten entlang einer Referenzlinie am Boden, etwa einer geraden Landstraße oder einer Stromleitung. Die Geschwindigkeit wechselt zwischen Reiseflug und dem 1,15-fachen der Stallspeed an den Scheitelpunkten; die Motorleistung bleibt konstant. Je nach Vorliebe liegt die Querneigung an den Wendepunkten zwischen 30 und höchsten 60 Grad. All das sollte in mindestens 2.000 Fuß Höhe über Grund stattfinden.
Präzision üben
Immer wieder wieder sinnvoll zu üben: Präzision während des gesamten Flugs. Man legt vorher einen Aufsetzpunkt fest, etwa eine Markierung auf der Bahn, und versucht dann, so nah wie möglich daran zu landen. Stellen wir uns die Markierung als Anfang einer kurzen Piste vor, dann müsste als Toleranz fürs Aufsetzen gelten: Null Meter davor und höchstens 50 Meter dahinter.
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Seitenwindlandungen
Für das Training im Winter können auch Seitenwindlandungen auf dem Programm stehen. Dafür muss aber eine entsprechende Bahn zur Verfügung stehen und die Beschaffenheit ausreichen. Folgende Kombination kann gefährlich sein: Fehlende fliegerische Übung und eine durch Schnee oder Eis rutschige Piste. Wenn Sie aus Versehen schiebend aufsetzen, darf nicht auch noch die Richtungskontrolle durch mangelnde Reifenhaftung erschwert sein.
Wer schiebt, nutzt die Reifen des Flugzeugs übermäßig ab, Fahrwerk und Zelle werden belastet und beim Aufsetzen kann es zu abrupten Richtungsänderungen führen. Es gilt also: Anfliegen mit Vorhaltewinkel – das ist für die Insassen bequemer und verhindert eine asymmetrische Verlagerung des Sprits in den Flächentanks oder sogar die Unterversorgung des Triebwerks.

Im kurzen Endanflug wird dann die Längsachse der Maschine mit dem Seitenruder auf die Pistenmittellinie ausgerichtet und die Abdrift mit dem Querruder neutralisiert. Der Übergang zur »hängenden Fläche« sollte so weit vor der Schwelle stattfinden, dass bis zum Aufsetzen noch eine Eingewöhnungsstrecke bleibt, um den Flugzustand stabilisieren zu können. Dabei wird auch geprüft, ob die Seitenruderwirkung ausreicht, um das Flugzeug in Bahnrichtung zu halten.
Gelingt das nicht, ist der Seitenwind definitiv zu stark. Vor allem bei Tiefdeckern bedarf es manchmal Überwindung, die Fläche bis zum Schluss hängen zu lassen und mit einem Rad aufzusetzen. Das Flugtraining im Winter lässt sich beliebig ausschmücken. Doch seien Sie nicht so streng zu sich selbst. Will heißen: Auch wenn Sie nur drei Platzrunden schaffen, haben Sie mehr getan als jeder, der bloß vom Fliegen im Winter träumt. Falls Sie allein zu unsicher sein sollte, nehmen Sie einfach einen Fluglehrer mit!
Auch Theorie ist Übung
Wer dann doch lieber zu Hause bleibt oder keine passende Gelegenheit zum Fliegen findet, kann die Winterzeit für andere Dinge nutzen – Theorie! Wie wäre es mit einer Auffrischung des Sprechfunks oder dem Handbuch für den GPS-Navi? Natürlich kann man sich auch fliegerische Podcasts anhören oder Youtube-Videos schauen. So oder so: Jede mentale Beschäftigung mit dem Thema Fliegen hilft dabei, in Übung zu bleiben.
Text & Zeichnungen: Helmut Mauch
Illustrationen: Eric Kutschke
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