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Flugsimulation für Privatpiloten: Programme im Vergleich

Die kommerzielle Luftfahrt ist ohne Simulatoreinsatz heute nicht mehr denkbar. Doch auch Piloten kleiner Flugzeuge können von Simulatoren profitieren, sogar von denen für den PC.

Von Redaktion
Screenshot Flugsimulation für Privatpiloten
Mit kostenlosen Zusatzprogrammen wir Ortho4XP und X-World sieht die Simulator-Software X-Plane so aus wie in dem Screenshot. Microsft Flight Simulator 2020 hat schon von Haus aus Luftbilder und detailgetreue Bebauung. Bild: Mario Donick Screenshot Simulator

Die Zeiten, als man am PC über kaum erkennbare Pixellandschaften flog und höchstens ein bisschen Navigation mit VOR und NDB üben konnte, sind lange vorbei. Teilweise sehr realistische Landschaften, glaubhafte Wettersimulationen und bis ins Detail nachgebildete Flugzeugsysteme bieten viele Möglichkeiten. Um Flugsimulation für Privatpiloten nicht als Videospiel zu betreiben, braucht es mehr als nur Spaß am Fliegen.

Neben einem ausreichend schnellen PC sowie der Simulatorsoftware ist vor allem passende Eingabehardware nötig. Wenigstens Joystick oder Steuerhorn (je nach Muster) sowie Ruderpedale sollten auch am Schreibtisch vorhanden sein. Sind diese Voraussetzungen gegeben, können sich positive Effekte einstellen.

Fliegen lernen am Schreibtisch

JoystickJoystick
Einsteiger-Ausstattung Mit Joystick (l.) oder Yoke kann man gut anfangen. Das Bedienpanel links im Hintergrund ist schon gehobene Ausstattung. Bild: Mario Donick

Vielleicht überraschend: Das gilt zuerst für die Theorieausbildung. Flugplanerische, navigatorische und meteorologische Konzepte werden viel greifbarer, wenn sie nicht nur an der Tafel, auf der Papierkarte und im Lehrbuch vermittelt, sondern am Computer erflogen werden. Auch die Grundprinzipien des Fliegens lassen sich besser verstehen, wenn der Simulator etwa die Luftströmung um die Tragflächen oder Thermik sichtbar macht.

Zweitens lassen sich auch nach der Ausbildung sonst nur selten erlebte Situationen üben. Mit aktuellen Navigations-, Szenerie- und Flugplatzdaten verlieren der Sichtflug in unbekannten Regionen, der Umgang mit komplexen Lufträumen oder der womöglich ungeplante Anflug auf einen unbekannten Platz ihre Schrecken. Auch die richtige Reaktion auf unerwartete technische Ausfälle vom Höhenmesser bis zum Motor lässt sich trainieren.

Grenzen der Flugsimulation für Privatpiloten

Drittens schließlich ist die Simulation auch eine gute Gelegenheit, sich mit Aufbau und Grundfunktionen diverser Avioniksysteme vertraut zu machen. Wer im Simulator verstanden hat, wie ein Flugplan ins GNS530 oder GTN750 programmiert, ein RNP-Approach mithilfe eines G1000 geflogen oder ein Aspen E1000 benutzt wird, bekommt das auch im echten Flugzeug hin.

Voraussetzung ist, dass das überwunden wird, was wir hier einmal Muskelbarriere nennen wollen. Diese Barriere besteht auf zwei Seiten:
Erstens muss man die Bedienung des Simulators selbst üben. Angestrebte Lerneffekte stellen sich erst ein, wenn der Simulator fast blind bedient werden kann.

Es gibt Einschränkungen

Garmin GNS530Garmin GNS530
Alle Knöpfe zum Drücken: Für entsprechend mehr Geld gibt es Zusatz-Hardware wie diese exakte Nachbildung des Garmin GNS530. Bild: Hersteller

Wer erst überlegen muss, wie man in einem simulierten G1000 den FMS-Knopf dreht (oder das Gerät überhaupt erst ins Blickfeld bekommt), kann damit nicht effektiv Fliegerisches üben.

Zweitens muss man die am PC erworbenen Fähigkeiten ins echte Cockpit übertragen. Doch wer in einem kostengünstigen Einsteiger-Setup im eigenen Arbeitszimmer simulierte Platzrunden oder Streckenflüge übt, bewegt mit der Hand einen billigen Joystick, tritt in knarzige Plastikpedale, klickt mit der Maus auf dem Bildschirm und tippt etwas auf der Tastatur ein. Ins Muskelgedächtnis wandert so nur die Bedienung des Simulators, nicht die des echten Flugzeugs.

Flugsimulation für Privatpiloten: Vom Bildschirm ins Cockpit

GPS-Navi GTN750GPS-Navi GTN750
Mit Touchscreen: Auch der GPS-Navi GTN750 ist als Bedienelement erhältlich. Damit stellt sich schnell ein Lerneffekt fürs echte Cockpit ein. Bild: Hersteller

Zur Aktivierung des erworbenen Simulatorwissens für echte Flugstunden ist daher bewusste kognitive Anstrengung nötig. Manchem gelingt diese Übertragung problemlos. Andere lernen gleich besser im echten Flugzeug oder zumindest nur in Simulatoren mit professioneller Hardware, die etwa ein G1000 in Lebensgröße und zum Anfassen nachbilden.

Und: Ausgerechnet das Fliegen an sich kann am Schreibtischsimulator nur schwer nachgestellt werden. Das Gefühl der dreidimensionalen Bewegung in der Luft, die Steuerdrücke an den Rudern sowie die Perspektive aus dem Cockpit auf die Umwelt, all das ist realistisch nur mit sehr teuren Full-Flight-Simulatoren (FFS) zu haben. Diese sind auf einer beweglichen Plattform montiert und bieten eine nach außen abgeschlossene Cockpitumgebung mit Bewegungssimulation.

Die vier Simulator-Klassifikationen

Glascockpit G1000NXi Glascockpit G1000NXi
Alles funktioniert! Bei Microsoft ist das Glascockpit G1000NXi mit allen Bedienelementen nachgebildet. Bild: Mario Donick

EASA und FAA unterscheiden vier Kategorien von Flight Simulation Training Devices (FSTD):

  1. Full Flight Simulatoren (FFS) geben das Cockpit eines Musters in Originalgröße wieder. Sie stellen alle Operationen am Boden und in der Luft dar. Sie müssen beweglich sein, um körperliche Eindrücke im Flug realistisch nachzubilden.
  2. Flight Training Devices (FTD) geben Instrumente und Steuergeräte eines Musters wieder. Sie stellen alle Operationen am Boden und in der Luft dar, müssen aber nicht beweglich sein.
  3. Flight and Navigation Procedure Trainers (FNTP) geben typische Cockpits einer Klasse von Flugzeugen wieder, um Flugoperationen nachzustellen; Umgebungsdarstellung und Beweglichkeit sind nicht nötig.
  4. Basic Instrument Training Devices (BITD) stellen grundlegende Operationen des Instrumentenflugs nach. Instrumente können vereinfacht sein und es können günstige Eingabegeräte wie Joysticks verwendet werden.

Ob eine spezifische Kombination von Hard- und Software in einer der Kategorien zertifizierbar ist muss im Einzelfall beantragt und behördlich geprüft werden. Dies ist eine Voraussetzung für eine mögliche Anrechenbarkeit von Simulatorstunden für die Ausbildung. Individuelle Trainingseffekte sind freilich auch ohne Zertifizierung möglich.

Welche Flugsimulation für Privatpiloten überzeugt?

Garmin-G3000-CockpitGarmin-G3000-Cockpit
Turboprop: Das Garmin-G3000-Cockpit der TBM 930 im MSFS ist so realistisch nachgebildet, dass es zur Vertrautmachung gut geeignet ist. Bild: Mario Donick

Es gibt derzeit drei vollwertige Softwarepakete für PC, die genügend Features besitzen, um alle Aspekte der Luftfahrt zu simulieren:

  1. Microsoft Flight Simulator (MSFS): Der MSFS kam 2020 in einer neuen Version heraus, 2024 wurde wiederum eine überarbeitete Version veröffentlicht. Er besticht durch teils herausragende Landschafts- und Wetterdarstellung, wobei beides eine ständige Online-Verbindung und ein Microsoft-Konto verlangt. Seine Lizenz erlaubt keinen Einsatz in »offiziellen« Trainingsszenarien oder als Grundlage eines zertifizierbaren FSTD, aber Lerneffekte kann es genauso wie bei der Konkurrenz geben. Insbesondere die Avionik-Simulation ist von Garmin G1000 bis G5000 sehr gut. Der MSFS 2020 kostet in der günstigsten Version 69,99 Euro, der MSFS 2024 79,99 Euro.
  2. Lockheed-Martin Prepar3D v5: Lockheed-Martin hat vor einigen Jahren Microsofts alte Enterprise Simulation Platform (ESP) erworben. Auf dieser Basis wurde ein explizit für Trainingszwecke gedachten Simulator entwickelt. Ohne Zusatzprodukte ist die Darstellung der Umgebung sehr einfach. Die Academic License (59,95 US-Dollar) ist im Hobbybereich beliebt. Allerdings darf sie offiziell nur für Schüler und Studenten unterhalb des Bachelorabschlusses genutzt werden. Für alle anderen Personen ist die 199,95 US-Dollar teure Professional License gedacht. Prepar3D kann Grundlage eines zertifizierbaren FSTD sein.
  3. Laminar Research X-Plane 12: X-Plane ist seit Jahrzehnten der Underdog unter den Simulatoren, aber für ein realistischeres Flugverhalten und seine Helikoptersimulation bekannt. Wie beim Prepar3D ist ohne Zusatzprodukte die Weltdarstellung sehr einfach, dafür sind Garmin GNS430/530 und G1000 brauchbar umgesetzt. X-Plane läuft auch unter Linux und MacOS. Die Standardversion kostet 69,99 Euro. In der 750 US-Dollar teuren Professional-Version kann X-Plane Grundlage eines zertifizierbaren FSTD sein.

Aufs Flugmodell kommt es an

G1000-CockpitG1000-Cockpit
G1000-Cockpit: Die Kosten für so einen Aufbau sind nicht unerheblich, können sich aber für Verein, Flugschule oder Haltergemeinschaft schnell bezahlt machen. Bild: Lucas Böckler

Für die möglichst realitätsnahe Darstellung des Flugverhaltens eines Musters gibt es für alle Simulatoren zusätzliche Flugmodelle, deren Entwickler häufig selbst Piloten des jeweiligen Musters sind. Der Markt ist riesig und für Anfänger kaum zu überblicken. Dabei sollte man sich nicht durch ein schönes Äußeres blenden lassen. Wichtiger sind folgende Punkte:

  • Allgemeines Flugverhalten: Wie reagiert das Flugzeug auf Ruder, Trimmung, Klappen und Leistungsänderungen? Wie plausibel wirken Stalls, Slips und eventuell sogar Spins?
  • Tiefe der Systemsimulation: Lassen sich reale Checklisten anwenden? Stimmt der Treibstoffverbrauch? Lässt sich der Motor korrekt leanen? Sind Performancetabellen aus Originalhandbüchern nutzbar?
  • Dokumentation: Gibt es Handbücher, in denen Simulationsgrundsätze erläutert werden und Unterschiede zum Originalflugzeug vermerkt sind?
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Jetzt ein besonderes Abo-Angebot zur Power Week sichern! Bild: Jahr Media

Wie realistisch ist Flugsimulation für Privatpiloten?

Kein simuliertes Flugzeug wird sich zu 100 Prozent wie das Original verhalten, aber wesentliche Eigenschaften sollten stimmen. Vor dem Kauf eines Modells sollten Rezensionen gesichtet und, sofern möglich, die Handbücher des simulierten Modells gelesen werden.

Besonders herausragend sind die Flugzeuge von A2A Simulations für den Prepar3D (Cessna, Piper und Beechcraft) sowie die Reality Expansion Packs von SimCoders für den X-Plane (Cessna, Piper, Beechcraft, Robin und andere). Für den Microsoft Flight Simulator gibt es noch keine vergleichbar systemtiefen Modelle aus der Allgemeinen Luftfahrt. Dafür gibt es aber eine große Auswahl an ULs und LSAs, die grundsätzlich gut brauchbar sind.

FlugsimulatorFlugsimulator
Maximalprogramm: Wer ein Airbus-Cockpit mit diesem Ausmaß an Zusatz-Hardware und Bildschirmen für die Außendarstellung aufbaut, ist ganz klar Simulations-Enthusiast.
Bild: Lucas Böckler

Navigationsdaten wie »in echt«

Neben der Simulatorauswahl und dem passenden Flugzeug sind außerdem auch aktuelle Navigationsdaten wichtig. Wie in der echten Luftfahrt folgen Karten und Navigationsdaten (Lufträume, Funkfeuer, Anflugverfahren) dem meist 28-tägigen AIRAC-Zyklus und werden als Abo erworben.

Das geht zum Beispiel beim deutschen Anbieter Aerosoft mit NavDataPro sowie NavDataPro Charts. Im Komplettpaket für beides zahlt man 75,99 Euro pro Jahr. Die Daten und Karten kommen von Lufthansa Systems. Konkurrent Navigraph bietet ein ähnliches Abo an, Daten und Karten stammen dort von Jeppesen; das Komplettpaket kostet 97,15 Euro pro Jahr.

Flugsimulation für Privatpiloten: Navigationsdaten wie in echt

Die Karten beider Anbieter sind inhaltlich identisch zu denen der echten Fliegerwelt. Sie kosten aber nur einen Bruchteil und decken die ganze Welt ab. Bevor Sparfüchse unter den Real-World-Piloten jetzt aber auf ein Schnäppchen hoffen: Es ist nicht legal, für die Simulation vertriebene Karten zur echten Flugvorbereitung zu nutzen. Wer bereits echte Karten hat, kann die natürlich auch mit dem Simulator nutzen und braucht für den dann nur die Navigationsdaten aktuell halten.

In der nächsten Folge sprechen wir im Detail über spezielle Hardware und gehen im Detail auf die Software ein.

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