Recht

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Recht: Fehlbetankung

Wer mit dem Flugzeug den falschen Treibstoff tankt, riskiert viel. Doch wer haftet eigentlich für Schäden, wenn es doch mal passiert ist?

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Fehlbetankung:

In unserem Verein haben wir einige Maschinen aus Kostengründen auf Mogas umstellen lassen. Selbstverständlich wurden die Bordbücher entsprechend ergänzt, und auf die Flieger kamen in der Nähe der Tankverschlüsse die Aufkleber mit dem Hinweis auf Mogas. Kurze Zeit darauf berichteten mehrere Vereinsmitglieder unabhängig voneinander, dass sie vor dem Tanken an unterschiedlichen Plätzen den Nachweis führen mussten, dass sie auch wirklich Mogas tanken dürfen. Bei einigen unserer Vereinsmitglieder hat der „Tankwart“ penibel überprüft, ob der neue Sprit auch ordnungsgemäß eingetragen worden war, bei anderer Gelegenheit musste der Pilot erst bei der Flugleitung das Bordbuch vorlegen, bevor die Zapfsäule freigeschaltet wurde. Das alles erstaunt uns sehr, weil wir doch irgendwann mal gelernt haben, dass der Pilot in Command ausschließlich und alleine für den Betrieb des Luftfahrzeugs verantwortlich ist. Wie ist die Rechtslage speziell im Bereich Tanken?

Dr. Roland Winkler antwortete

Es gilt hier zu differenzieren: Wenn die Luftaufsichtsstelle tätig wird, kann dies eine Maßnahme zur Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sein, die ihre Grundlage in § 29 Abs. 1 LuftVG hat. Darunter fällt auch, dass die Luftaufsichtsstelle etwa bei festgestellter Fehlbetankung ein Startverbot aussprechen könnte. Das bedeutet aber nicht, dass die Luftaufsicht die Verantwortung des Piloten übernommen hat und dass sie bei einer nicht durchgeführten Kontrolle für die Folgen einer Fehlbetankung durch den Piloten verantwortlich wäre. Paragraf 29 LuftVG will nämlich nicht den Piloten vor seinen eigenen Fehlern schützen, sondern dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

Das Freischalten der Zapfsäule durch die Flugleitung stellt demgegenüber keine hoheitliche Tätigkeit dar: Hier wird der „Türmer“ auf zivilrechtlicher Ebene tätig, er ist Vertreter des Treibstoffverkäufers, also zumeist des Flugplatzbetreibers. Wenn er auf einen Nachweis besteht, dass die gewünschte Treibstoffsorte die richtige ist, so handelt er im Interesse des Flugplatzbetreibers, den er vor eventuellen Haftungsrisiken schützen will. Seine Befugnis zur Nachfrage ergibt sich aus dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Danach haben sich die Parteien eines Vertrags (hier: Kaufvertrag über Treibstoff) so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden. Doch Vorsicht: Das bedeutet nicht, dass der Verkäufer von Treibstoff den Wunsch des Piloten nach einer bestimmten Spritsorte immer zu überprüfen hat – es bedeutet nur, dass er dies überprüfen kann.

Erst denken, dann tanken

Tut er es nicht, lässt sich hieraus kein (Mit-)verschulden herleiten, denn über diesem Rücksichtnahmegebot steht natürlich der Grundsatz, dass der Handelnde für sein Tun eigenverantwortlich ist. Schwieriger wird es, wenn eine so genannte Tankcrew das Tanken übernimmt, zum Beispiel an Flugplätzen, an denen Piloten ein Luftfahrzeug nicht selbst betanken dürfen. Hier gilt der von der Rechtsprechung aufgestellte Grundsatz, dass sich im Rechtsverkehr jeder grundsätzlich darauf verlassen darf, dass der andere die für die Erfüllung seiner Pflichten erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt und das erforderliche Maß an Umsicht und Sorgfalt anwendet (siehe fliegermagazin 9/2015). So kann sich die Tankcrew darauf verlassen, dass auf dem Luftfahrzeug der richtige Aufkleber angebracht ist; der Pilot wiederum darf sich nach dem obigen Grundsatz darauf verlassen, dass sein Luftfahrzeug richtig betankt wird.

Kommt es trotzdem zu einer Fehlbetankung, trotz eines deutlich sichtbaren Hinweises am Einfüllstutzen, liegt die Schuld zunächst einmal bei der Tankcrew. Allerdings kommt in solchen Fällen oft der Einwand, der Pilot sei beim Betankungsvorgang anwesend gewesen und hätte ja sehen können, dass etwa der Schlauch von der falschen Zapfsäule genommen worden sei. Dieser Einwand bedeutet nichts anderes, als dass den Piloten ein Mitverschulden trifft. Es kann zu einer Minderung des Ersatzanspruchs führen. Hier haben die Gerichte der ersten Instanz ein weites Ermessen, das vom Berufungsgericht nur sehr eingeschänkt nachgeprüft werden kann. Die Höhe einer solchen Minderung ist nicht vorhersehbar. Letzten Endes sollte sich ein Pilot also nicht völlig auf eine Tankcrew verlassen – und selbst ein wachsames Auge auf den Tankvorgang haben.

fliegermagazin 11/2015

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