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Recht: Mietsharing

Warum allein fliegen, wenn’s zu zweit mehr Spaß macht? Was viele Piloten bedenkenlos praktizieren, birgt juristische Fallstricke – wenn mal etwas schief läuft und keine Abmachung getroffen wurde

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Mietsharing:

Seit vielen Jahren bin ich mit einem Fliegerkameraden befreundet. Wir haben beide den PPL-A und ungefähr die gleiche Flugerfahrung. Beim Fliegen wechseln wir uns ab, allerdings kann es auch sein, dass einer alle Legs übernimmt. Das entscheiden wir immer kurz vorher. Wir haben auch nicht festgelegt, wer von uns die Maschine mietet. Das letzte Mal habe ich beim Vercharterer angerufen und erklärt, dass ich mal wieder mit meinem Freund in die Luft  möchte und daher das Flugzeug für uns beide brauche. Natürlich haben wir beide einen Grundchartervertrag. Der Vermieter verlangt auch meistens, dass wir nach der Scheinverlängerung eine Fotokopie zu seinen Akten geben.

Später habe ich dann gemerkt, dass als Mieter nur ich eingetragen war. Dem habe ich aber keine Bedeutung beigemessen, weil mein Vercharterer ja wusste, dass ich wieder mit meinem Freund fliege. Wenn wir dann die Maschine zurückgeben, teilen wir dem Vercharterer mit, wer welche Zeiten geflogen ist, und er schreibt dann gesonderte Rechnungen. Aber wie ist eigentlich die Rechtslage? Kann es sein, dass ich am Ende für etwas bezahlen muss, was mein Freund verbockt hat?

Dr. Roland Winkler antwortete

Sie sprechen ein heikles Thema an, bei dem es um sehr viel Geld gehen kann. Schlimmstenfalls kann es dazu kommen, dass ein Gericht Sie als Gesamtschuldner verurteilt, weil es in Ihrer gemeinsamen fliegerischen Betätigung eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sieht. Denn schließlich haben Sie sich zu einem gemeinsamen Zweck zusammengeschlossen – nämlich Fliegen, und Sie erbringen Teilleistungen, wenn der eine den Hin- und der andere den Rückflug übernimmt. Auch wenn eine solche krasse Auslegung in zweiter Instanz korrigiert werden kann, müssen Sie den Prozess bis dahin erstmal durchhalten. In Ihrem Fall ist es am wichtigsten, klare Absprachen zu treffen – und zwar nicht nur zwischen Ihnen und Ihrem Freund, sondern vor allem mit Ihrem Vercharterer.

Es sollte in jedem Fall vermieden werden, dass nur einer von Ihnen Mieter ist, der dann dem anderen das Luftfahrzeug überlassen hat. Die Konsequenz aus einer solchen Gebrauchsüberlassung an Dritte steht nämlich in Paragraph 540 Abs. 2 BGB: Wenn Sie Mieter sind und Ihren Freund fliegen lassen, haben Sie sein Verschulden zu vertreten, und zwar auch dann, wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Überlassung erteilt hat. Wenn also Ihr Freund für seinen Teil des Fluges die Flugvorbereitung schlampig macht, zum Beispiel Weight and Balance falsch berechnet oder sich beim Spritverbrauch allein auf die Tankuhr verlässt, sind Sie mit im Boot. Zwar sind Luftfahrzeuge in aller Regel vollkaskoversichert, sodass Sie vom Vercharterer lediglich auf den Selbstbehalt und den möglichen Verlust des Schadensfreiheitsrabattes in Regress genommen werden können. Doch auch hier können schnell ein paar tausend Euro zusammenkommen.

Gemeinsam Chartern? Ja, aber mit Absprache!

Wenn Ihr Freund dann auch noch behauptet, Sie hätten ja eingreifen können oder er hätte sich auf Ihre Vorbereitung verlassen, müssen Sie unter Umständen noch einen zweiten Prozess gegen Ihren Freund führen, um wieder zu Ihrem Geld zu kommen. Wenn allerdings klar ist, dass Sie beide Mieter sind, müssen Sie für ein Verschulden Ihres Mitmieters gemäß § 425 Abs. 2 BGB nicht einstehen. Sie hätten dann grundsätzlich nichts mit dem von Ihrem Freund verschuldeten Schadensfall zu tun. Noch besser wäre es natürlich, wenn Sie mit dem Vercharterer eine Regelung treffen könnten, nach der der Mieter der jeweilige Pilot in Command ist. Dann sind Sie bei einem Unfall, den Ihr Freund verursacht, von vorne herein aus dem Schneider. Taugliches Abgrenzungskriterium dafür, wann Pilotenzeit beginnt und endet, könnte die Schlüsselübergabe sein, die dann dokumentiert werden müsste.

Dies kann dadurch geschehen, dass sich der verantwortliche Pilot (PIC) vor Beginn des Fluges ins Bordbuch einträgt. Denkbar wäre auch, nach dem Einschalten des Funks der Luftaufsicht oder dem Tower mitzuteilen, wer PIC ist. Noch ein weiterer wichtiger Punkt: Sie sollten sich vor Übergabe der Schlüssel davon überzeugen, dass Ihr Freund auch tatsächlich eine gültige Lizenz hat. Das hat nichts mit Misstrauen zu tun: Was ist, wenn Ihr Freund schlicht und einfach vergessen hat, die Lizenz zu verlängern? Im eigenen Interesse könnten Sie auch noch überprüfen, ob dem Vercharterer eine aktuelle Fotokopie vorliegt. Falls nicht, könnten Sie dafür Sorge tragen.

Denn wenn Ihr Vermieter von der Polizei die Nachricht bekommen sollte, dass das Luftfahrzeug verunglückt ist und feststellt, dass er keine Fotokopie eines aktuell gültigen Flugscheins in der Akte hat, wird er sich auf den Standpunkt stellen, dass er niemals zugelassen hat, dass Sie das Luftfahrzeug an jemanden übergeben, der nicht in Besitz der entsprechenden Lizenz ist. Dies muss er schon deshalb tun, um seinen Anspruch gegen die Kaskoversicherung nicht von vornherein zu verlieren.

fliegermagazin 12/2008

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