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Recht: Schadensersatz – Unfall mit neugekauftem UL

Nach einem Unfall mit dem neugekauften UL will die Versicherung nicht zahlen: Die Maschine sei nicht lufttüchtig gewesen

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Schadensersatz:

Im Oktober 2010 habe ich ein UL gekauft. Im Vertrag stand, dass der Verkäufer dessen Lufttüchtigkeit garantiert. Es lag auch ein Nachprüfschein von Anfang Dezember 2009 vor, nach dem das UL lufttüchtig sei. Natürlich habe ich für das Luftsportgerät Versicherungen abgeschlossen, insbesondere eine Kaskoversicherung. Die nächste Nachprüfung war im Februar 2011, der Prüfer bescheinigte dabei ebenfalls, dass das UL lufttüchtig ist. Im Juli hatte ich einen Unfall: Beim Ausrollen nach der Landung scherte das UL beim Bremsen nach links aus. Beim Übergang vom Asphalt aufs Gras brach das Bugrad und der Flieger überschlug sich.

Der Schaden betrug 20 000 Euro. Meine Kaskoversicherung weigert sich, den Schaden zu bezahlen, da sie festgestellt hat, dass eine Lufttüchtigkeitsanweisung von 2009 nicht durchgeführt worden war. Die LTA hätte bis Ende 2009 angewendet werden müssen. Für mich ergab sich die Lufttüchtigkeit daraus, dass diese sowohl bei der Nachprüfung Anfang Dezember 2009 als auch bei jener im Februar 2011 von einem Prüfer bescheinigt worden ist. Wie sollte ich als Halter wissen, dass die geforderte LTA nicht ausgeführt worden war? Muss die Versicherung wirklich nicht zahlen?

Dr. Roland Winkler antwortete

Nach Ihrer Schilderung sehe ich keine Möglichkeit, mit Erfolg gegen die Kaskoversicherung vorzugehen. In nahezu allen Versicherungsbedingungen ist das Risiko, das der Versicherer zu tragen bereit ist, dahingehend begrenzt, dass sich ein Luftfahrzeug, ob E-Klasse oder Luftsportgerät, bei Eintritt des Schadens in einem Zustand befunden haben muss, der den gesetzlichen Bestimmungen und behördlichen Auflagen über das Halten und den Betrieb von Luftfahrzeugen entspricht. Mit anderen Worten: War das Luftfahrzeug im Moment des Unfalls nicht lufttüchtig, so war es schlicht und einfach nicht versichert. Schon im fliegermagazin 3/2011 hatten wir den Begriff der Risikobegrenzung besprochen – genau das liegt hier vor.  Auf den Aspekt, dass Sie als Käufer nichts von der Luftuntüchtigkeit wussten, kommt es im Verhältnis zur Versicherung nicht an. Anders ist die Lage jedoch hinsichtlich der übrigen Beteiligten.

Da die Frist für die LTA bis Ende Dezember 2009 galt, konnte Anfang Dezember der Sachverständige nach Durchführung der Nachprüfung tatsächlich noch die Lufttüchtigkeit bestätigen. Diese erlosch allerdings mit Ablauf des 31. Dezember, wenn die LTA nicht vorher durchgeführt wurde. Beim Abschluss des Kaufvertrags und der Übernahme im Oktober 2010 war das Luftsportgerät daher nicht lufttüchtig. Wenn Ihnen der Verkäufer „ins Blaue hinein“ oder wahrheitswidrig zugesichert hat, dass das Luftfahrzeug lufttüchtig ist, so haben Sie jetzt noch Zeit, innerhalb der bis Oktober 2012 laufenden Gewährleistungsfrist Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Hier gilt § 444 BGB, der den gesamten Gewährleistungsausschluss für nichtig erklärt, wenn auch nur ein Teil der Wahrheit (objektiv!) falsch zugesichert war. Aber auch die Nachprüfung im Februar 2011 war fehlerhaft.

Falsche Zusage im Kaufvertrag

Aufgrund des mit ihm geschlossenen Vertrags war der Sachverständige verpflichtet, das UL auf Lufttüchtigkeit zu überprüfen, und hierzu gehört selbstverständlich auch, dass sich der Sachverständige davon überzeugt, dass alle notwendigen LTAs in der Vergangenheit tatsächlich durchgeführt wurden. Der Sachverständige vom Februar 2011 durfte sich nicht auf vorherige Bescheinigungen verlassen nach dem Motto: „Der damalige Sachverständige wird schon ordentlich gearbeitet haben.“ Im vorliegenden Fall war es sogar so, dass der erste Sachverständige im Dezember 2009 ordentlich gearbeitet hat, denn zu dem Zeitpunkt bestand ja noch Lufttüchtigkeit ohne Durchführung der LTA. Der Verkäufer selbst kann sich nicht auf den Fehler des Sachverständigen im Februar 2011 berufen, denn dessen weiterer Fehler beseitigt die ursprüngliche Kausalkette nicht, die der Verkäufer durch seine unzutreffende Angabe im Oktober 2010 gemacht hat.

Mit anderen Worten: Sie können sowohl den Sachverständigen vom Februar 2011 als auch den Verkäufer rechtlich in Anspruch nehmen, da Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist, dass durch die objektiv fehlende Lufttüchtigkeit die Ihnen sonst vertraglich zustehende Versicherungsleistung jetzt zu Recht verweigert wird.
Ihre Ansprüche, insbesondere bezogen auf den Verkäufer, sind billig und gerecht, da Angaben „ins Blaue hinein“, ohne dass sie der Zusichernde also auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft hat, vom Recht nicht geduldet werden dürfen. Dank Ihres guten Vertrags (Details zum Thema erläuterten wir im fliegermagazin 1/2012) haben Sie demnach gleich zwei Möglichkeiten, Schadensersatz zu bekommen. Nur die Versicherung ist tatsächlich nicht zur Zahlung verpflichtet.

fliegermagazin 4/2012

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