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Recht: Schuldeingeständnis

Ein Pilot hat gegen eine Regel verstoßen – offenbar noch ohne Konsequenzen. Wie verhält er sich richtig, um sich nicht selbst zu schaden?

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Schuldeingeständnis:

Kürzlich war ich mit einem Fliegerkameraden unterwegs. Die Gegend, in der wir flogen, weist einige Sperrgebiete aus; meine Flugplanung hatte ich ordnungsgemäß erledigt. Unterwegs unterhielten wir uns angeregt und bemühten uns auch um schöne Luftbilder. Als ich nach einiger Zeit der Unachtsamkeit auf den Höhenmesser schaute, fiel mir auf, dass ich mich in einer Höhe befand, in der ich das zurückliegende Sperrgebiete nicht hätte durchfliegen dürfen. Weder ich noch mein Fliegerkamerad konnten sagen, seit wann wir auf dieser Höhe waren. Wie soll ich mich verhalten, wenn ich dort versehentlich eine Luftraumverletzung begangen habe und wenn man mich deswegen zur Verantwortung ziehen will?

Mein Fliegerkamerad meint, am besten sei es, sich mit dem zuständigen Mitarbeiter der Behörde unmittelbar in Verbindung zu setzen und wahrheitsgemäß zu schildern, was geschehen ist. Nach seinen Worten haben Lügen kurze Beine, und mit den Mitarbeitern der Behörde könne man doch reden. Ein anderer Bekannter meint aber, dass ich mich gar nicht äußern soll, denn in Deutschland muss sich niemand selbst bezichtigen. Wie reagiert die Behörde, wenn ich mich durch einen Anwalt bei der Wahrnehmung meiner rechtlichen Interessen vertreten lasse?

Dr. Roland Winkler antwortete

Der alte römische Grundsatz: „nemo tenetur se ipsum accusare“ – niemand muss sich selbst bezichtigen – ist nicht nur in Deutschland gültig, sondern hat in dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19 Dezember 1966 in Artikel 14 Abs. 3 Buchstabe g Eingang gefunden. Danach hat jeder, der wegen einer strafbaren Handlung verfolgt wird, Mindestgarantien. Dazu gehört, dass er nicht gezwungen werden darf, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen. Dieser Grundsatz gilt in Deutschland sowohl im Bereich des Strafprozesses als auch in den Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz. Für Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Luftverkehrs ist das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) zuständig. Nach § 63 LuftVG verfolgt diese nationale Behörde Ordnungswidrigkeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 10 LuftVG – das sind all jene Sachverhalte, die in den Verordnungen stehen, die nach § 32 LuftVG erlassen worden sind.

Die umfassendste Vorschrift ist Paragraf 3 a Luftverkehrsordnung, die bekanntlich vom Piloten eine ordnungsgemäße Flugvorbereitung verlangt. Verstößt man gegen Festlegungen, die unter anderem in den NOTAMs veröffentlicht worden sein können, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit; der Bußgeldrahmen geht bis zu 50 000 Euro. Gesetzt den Fall, Sie haben tatsächlich ein Beschränkungsgebiet überflogen und man hat Sie dabei erwischt, wird Sie als Erstes ein Schreiben des BAF erreichen, in dem Ihnen der Vorwurf mitgeteilt wird und Sie die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Diese so genannte Anhörung ist als rechtsstaatliches Mittel immer dann vorgeschrieben, wenn eine staatliche Behörde gegen den Bürger Maßnahmen vorbereitet. Das Besondere im Ordnungswidrigkeitenrecht ist, dass (anders als im Bereich der Strafprozessordung) der Betroffene nicht darauf hingewiesen werden muss, dass er schon vor der Vernehmung einen Verteidiger befragen kann.

Schuldeingeständnis: Reden ist Silber, Schweigen ist …

Das bedeutet aber nicht, dass es diese Möglichkeit nicht gäbe oder dass die Behörde „sauer“ reagieren darf, wenn Sie lediglich Angaben zur Person machen und ansonsten die Aussage verweigern. Das ist Ihr gutes Recht! Kritisch wird es, wenn Sie ohne rechtliche Beratung versuchen, Entschuldigungen zu finden. Sowohl die Aussage: „Ich war abgelenkt, weil ich auf meinem mitgeführten Tablet-PC etwas nachschauen musste, was mit der Navigation aber nichts zu tun hatte“ als auch die Aussage: „Ich wollte meinem Passagier eine gute Position zum Fotografieren erfliegen“, wirkt keineswegs entlastend, sondern zeigt, dass Sie Ihre Aufgaben als Luftfahrzeugführer nicht ernst genommen haben. Derartige Ausführungen können Sie dem Anwalt Ihres Vertrauens erzählen, der Ihre Rechte wahrnehmen soll – sonst niemandem.

Der Anwalt wird dann das herausfinden, was tatsächlich entlastend wirken könnte, und er wird das weglassen, was die Behörde veranlassen könnte, das festzusetzende Bußgeld zu erhöhen. Wenn Sie sich gegenüber der Behörde einmal geäußert haben, schriftlich oder mündlich, so ist dies in den Akten und kann in einem späteren Verfahren vor dem Amtsgericht nicht mehr wegdiskutiert werden. Nicht zu vergessen: Aufgabe der BAF-Mitarbeiter ist es nicht, die kleinen oder großen Schwächen von Piloten zu verstehen und zu entschuldigen, sondern die Sicherheit des Luftverkehrs zu bewahren. In dem Stadium bis zum Erlass eines entsprechenden Bußgeldbescheides ist es sicherlich vernünftig und richtig, wenn ein Anwalt für Sie spricht.

fliegermagazin 2/2015

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