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Recht: Zuverlässigkeits-Überprüfung (ZÜP)

Raserei und Trunkenheitsfahrten kommen bei manchen Piloten über den Umweg der Zuverlässigkeits-Überprüfung wieder auf den Tisch. Wer jetzt vom Psychologen unter die Lupe genommen wird, sollte wissen, was ihn erwartet

Von Redaktion

Zuverlässigkeit auf dem Prüfstand: Ab zum Psycho-TÜV!

Frage an Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler:

In habe Post von meiner zuständigen Luftfahrtbehörde bekommen: Man habe bei einer Auskunft aus dem Verkehrszentralregister erfahren, dass ich in den vergangenen drei Jahren dreimal als kräftiger Temposünder erwischt worden sei. Ich würde seit nunmehr zehn Jahren laufend gegen Verkehrsvorschriften verstoßen.

Nun droht man mit Entzug der Pilotenlizenz, falls ich mich nicht binnen sechs Wochen einer medizinisch-psychologischen Eignungsbegutachtung stelle. Was kommt auf mich zu?

Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler antwortet zum Thema Zuverlässigkeitsüberprüfung:

Schon einige Zeitgenossen bekamen nach gravierenden Auffälligkeiten im Straßenverkehr Probleme mit der Fluglizenz beziehungsweise der Aufsichtsbehörde: Pilot darf nur sein, wer zuverlässig und tauglich ist.

Paragraph 24 c Luft-VZO erlaubt ausdrücklich eine Überprüfung durch einen flugmedizinischen Sachverständigen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen Integrität oder Eignung begründen.

Ein Pilot, der sich der ZÜP verweigert, verliert seine Lizenz

Wer sich dem verweigert, riskiert, dass das Ruhen der Erlaubnis angeordnet wird; auf gerichtliche Hilfe braucht man dann nicht zu hoffen. Man wird dem Piloten klarmachen, dass es allein an seinem Mitwirken liegt, ob er weiter fliegen darf.

Kriterien für die Untersuchung stehen im JAR-FCL-Kapitel 3.360 und Anhang 17 zu den Abschnitten B und C. Dort heißt es, dass Inhaber eines flugmedizinischen Tauglichkeitszeugnisses Klasse 2 keine psychologischen Mängel oder auffällige Persönlichkeitsstrukturen aufweisen dürfen.

Zur psychologischen Begutachtung halten die europäischen Tauglichkeits-Richtlinien fest, dass diese als Teil oder Ergänzung einer fachpsychiatrischen oder fachneurologischen Untersuchung in Erwägung gezogen werden sollte, wenn die zuständige Stelle durch nachprüfbare Informationen aus gesicherter Quelle an der psychischen Gesundheit oder Persönlichkeit eines Bewerbers zweifelt. Solche Hinweise können sich aus Unfällen, Zwischenfällen, Problemen bei Prüfungen oder Leistungstests sowie Regelverstößen ergeben.

Zur Begutachtung des Piloten gehört ein Gespräch von 30-60 Minuten

Psychologische Kriterien für die Begutachtung sind biografische Daten, Eignungs- und Persönlichkeitstests sowie ein psychologisches Gespräch. Unterm Strich bedeutet dies einen erheblichen Aufwand von eineinhalb Tagen. Üblicherweise wird der Gutachter mit dem Betroffenen zunächst ein Gespräch von einer halben bis einer ganzen Stunde führen. Daraus vermögen geschulte Gutachter schon einiges herauszuhören.

Daran schließt sich ein Persönlichkeitstest an, bevor am nächsten Vormittag die Leistungsfähigkeit auf den „Prüfstand“ kommt. Zum Abschluss findet abermals ein Gespräch von einer Stunde (oder auch länger) statt, bevor die Gutachter zu ihrem Ergebnis kommen.

Diese unterscheiden im Wesentlichen zwei große Problembereiche: erstens Alkohol, zweitens „Normbefolgungsproblematiken“. Wer mit einem Blutalkoholwert von 1,6 Promille oder mehr am Steuer erwischt wurde, kann in der Tat seinen Flugschein vergessen. Eine Erkenntnis in der Psychologie lautet: Wer derart betrunken noch Auto fahren kann, ist erheblich an Alkohol gewöhnt und wurde nicht auf seiner ersten Trunkenheitsfahrt erwischt; nur jeder zehnte bis zwanzigste „Alktrip“ kommt überhaupt in die Akten. Damit hat aber der Betroffene seinen grundsätzlichen Kredit, ein „anständiger“ Mensch zu sein, verspielt.

Wer regelmäßig gegen straßen- oder auch luftverkehrsrechtliche Regeln verstößt, hat es schwer bei der ZÜP

Unter die Normbefolgungsproblematik fallen Zeitgenossen, die regelmäßig gegen straßen- oder auch luftverkehrsrechtliche Regeln verstoßen: Drängler auf der Autobahn, Fahrer, die in einer Zone 30 mit 80 km/h geblitzt werden oder riskante Überholmanöver als sportliche Betätigung betrachten. Bei ihnen muss der Gutachter eine Prognose abgeben, ob sein Gegenüber künftig Regeln achten wird.

Ein wichtiger Gesichtspunkt: Hat der „Rowdy“ Strategien entwickelt, um seinem lockeren Umgang mit Bestimmungen etwas entgegenzusetzen, also aus Bußgeldverfahren gelernt?

Ein Beispiel: Legt der „Sünder“ dem Gutachter glaubhaft dar, seiner Drängelei auf der Autobahn dadurch vorzubeugen, Raserei und Trunkenheitsfahrten kommen bei manchen Piloten über den Umweg der Zuverlässigkeits-Überprüfung wieder auf den Tisch.

Wer jetzt vom Psychologen unter die Lupe genommen wird, sollte wissen, was ihn erwartet. Wenn er seit längerem für die vorgesehene Strecke eineinhalb mal mehr Fahrzeit einplant, ist er auf dem richtigen Weg. Der Umstand, sein Handy grundsätzlich auszuschalten, wenn man ins Auto steigt, kann zeigen, dass Vernunft Einzug ins Oberstübchen gehalten hat. Dort hinein kann allerdings kein Gutachter blicken.

Spontane Antworten geben Aufschluss über das Aggressions- und Sozialverhalten des Piloten

Deswegen wird etwa bei Tests die Zeit für das Ausfüllen der Fragebögen grundsätzlich begrenzt. Der Aspirant soll spontan antworten, daraus kann der Gutachter Persönlichkeitsstruktur, Aggressions- und Sozialverhalten, Stressverarbeitung sowie Angstbereitschaft herauslesen. Weiterhin ist für die Fliegerei eine Leistungsdiagnostik erforderlich, wobei Reaktions und Konzentrationsvermögen, Rechts-/Linkssicherheit, Arbeitsgeschwindigkeit sowie die Fähigkeit zur Detailerfassung (am Bildschirm) getestet werden.

Zur Beruhigung: Anders als man es bei der MPU im Straßenverkehr hört, gibt es keine vorher festgelegten Quoten über das Bestehen des Tests.

(aus fliegermagazin 07/2006)

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