Unfallakte

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Stall in Bodennähe: Landeunfall einer Robin DR400/180 R

Beim Landeanflug einer Robin DR400 scheint alles nach Plan
zu laufen – dennoch reißt kurz vorm Aufsetzen die Strömung ab, der Pilot ist machtlos

Von Redaktion


Bei der Landung können Piloten zeigen, was sie drauf haben – auch ohne Aerobatic-Kunststückchen: mit passender Geschwindigkeit anschweben, vor dem Aufsetzen die Maschine über der Bahn ausrichten und gefühlvoll hinsetzen. Das allein ist schon nicht ganz einfach. Leider kann dabei aber auch einiges schiefgehen, und unter Umständen steht dann nicht nur der gute Ruf im Fliegerclub auf dem Spiel, sondern das Leben von Pilot und Passagieren.

Im rheinland-pfälzischen Betzdorf-Kirchen scheinen am 15. Juni dieses Jahres alle Voraussetzungen dafür erfüllt, um als Pilot eine bella figura zu machen. Die Bedingungen für Sichtflieger lassen an diesem Tag kaum Wünsche offen: mehr als zehn Kilometer Flugsicht trotz Bewölkung, 18 Grad Lufttemperatur, und der Windsack zeigt moderate zehn Knoten an.

Unkonventionell: Nach einem tiefen Überflug dreht der Pilot zur Landung ein (Foto: BFU)

Der Pilot einer Robin DR 400/180 R startet am Nachmittag vom örtlichen Flugplatz zu einem Rundflug mit zwei Passagieren. Zu dieser Zeit sind bereits zwei andere Maschinen aufgebrochen: Gäste eines Firmenfests haben als Krönung der Veranstaltung die Flüge gebucht. Eine Cessna 172 und ein Hubschrauber vom Typ Robinson R44 haben ihre Runden fast beendet, als der Wind am Flugplatz dreht. Die Landerichtung wird deshalb von der „08“ auf die „26“ geändert.

Rundflug mit DR400/180 R: Doch kein Routineanflug

Per Funk verständigen sich die drei Piloten über den Wechsel und legen die Landereihenfolge fest: Die C172 soll den Anfang machen, dann ist der Heli dran, als letztes folgt die DR 400. Die Robin überfliegt jetzt von Westen kommend tief den Platz und kurvt am Ende der Piste nach links in die Segelflugplatzrunde ein. Dann überfliegt sie in einem weiten Bogen die Ortschaften Wingendorf und Wehbach. Das ist in der Sichtanflugkarte zwar nicht vorgesehen, verkürzt den Landeanflug aber erheblich. Auf die eigentliche Anflugroute trifft der 45-jährige Pilot erst im Endteil seiner etwas unkonventionellen Platzrunde. Er folgt dem vorausfliegenden Hubschrauber im Abstand von etwa einer halben Minute und bittet ihn per Funk, die Piste zu verlassen, wenn er die Schwelle zur „26“ erreicht hat. Der Heli-Pilot dreht kurz darauf über der Schwelle nach rechts ab und schwebt in Richtung Tankstelle. Der Anflug auf die „26“ ist nun frei.

Mit rund 135 Stundenkilometern nähert sich die Robin der Schwelle. Die Landeklappen hat der Pilot bereits voll ausgefahren, die Zusatzbenzinpumpe ist eingeschaltet. Bis hierhin läuft der Endanflug problemlos. Kurz vor der Schwelle jedoch kippt der Tiefdecker aus etwa fünf Metern über die rechte Tragfläche ab, der rechte Flügel schrammt über den Boden. Instinktiv reagiert der Pilot und gibt erst volles Querruder links und dann volles Seitenruder links.

Über der Schwelle der Landebahn kippt der Tiefdecker ab

Kurz darauf schiebt er den Gashebel nach vorn. Doch es hilft nicht. Nur wenige Meter vor der Schwelle krachen das Heck mit der Schleppkupplung und das rechte Hauptfahrwerk auf die Wiese vor der Piste. Dann schlägt der Bug mit Propeller, Bugrad und Triebwerk hart ins Erdreich ein. Der Motor wird dabei ab dem Brandschott vom Rumpf abgerissen. Der Tiefdecker überschlägt sich um die Querachse und kommt in Rückenlage auf. Pilot und Passagiere haben bei dem Crash großes Glück: Sie kommen mit leichten Prellungen und Schnittverletzungen davon. Die Robin wird völlig zerstört, Spuren des Aufschlags und Trümmerteile sind über eine Strecke von fast 40 Metern verteilt.

Glimpflicher Ausgang: Die „Remo“ ist ein Totalschaden, Pilot und Passagiere kommen zum Glück mit nur leichten Verletzungen davon (Foto: BFU)

Mit der Frage, wie es zu dem Absturz kurz vor dem Touchdown der DR 400 kommen konnte, tun sich die Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) schwer. Der Fall wird als so genannter „summarisch abgeschlossener Untersuchungsbericht“ veröffentlicht. Darin werden lediglich die Fakten aufgeführt, jedoch keine Schlussfolgerungen gezogen. Zwar hat sich der Pilot mit seinem Anflug klar über mehrere Regeln des örtlichen Anflugverfahrens hinweggesetzt – der Absturz lässt sich damit jedoch nicht erklären.

Strömungsabriss: Die Robin kippt über die rechte Tragfläche ab

Da der Tiefdecker wahrscheinlich durch einen Strömungsabriss an der rechten Tragfläche abkippte, könnte der Pilot die Maschine kurz vor dem Aufsetzen zu stark angestellt und damit überzogen haben. Eine mögliche Erklärung dafür wäre das kurz vor der Schwelle „26“ ansteigende Gelände, das vor allem in niedriger Flughöhe zu einer optischen Täuschung und damit zu einer solchen Reaktion führen kann: Der Blickwinkel in Flugrichtung zum Boden entspricht einem steileren Anflug auf horizontales Gelände – und das kann dem Piloten mehr Fahrt vortäuschen.

Die Beobachtungen eines Zeugen könnten aber auch für einen anderen Ablauf des Unglücks sprechen: Nach dessen Aussage habe der Wind zum Zeitpunkt des Unfalls deutlich aufgefrischt. Dabei seien auch kräftige Böen über den Platz gegangen, die beim Anflug der Robin einen Strömungsabriss an der rechten Tragfläche ausgelöst haben könnten – denkbar wäre auch eine Kombination beider Szenarien. Die genaue Ursache des Crashs bleibt letzten Endes unklar. Klar indes ist, dass die missglückte Landung ganz und gar nicht als Werbung für potenzielle Fluggäste und den Flugsport taugte: Eine unbeteiligte Person, die den Aufprall der Maschine vor der Schwelle beobachtet hatte, erlitt daraufhin einen Schock und musste ebenfalls ärztlich versorgt werden.

Text: Samuel Pichlmaier, fliegermagazin 10/2012

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