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Warnleuchte missachtet: Piper PA-46 muss notlanden

Im Flug geht eine Warnleuchte an, wenig später bleibt das Triebwerk stehen. Die Notlandung verläuft glimpflich, doch es tauchen kritische Fragen auf. Der Bericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung.

Von Martin Schenkemeyer
Bei der Notlandung geht die Piper zu Bruch, die Insassen überleben mit leichten Blessuren. Bei schlechter bis null Sicht entschied sich der Pilot gegen den Anflug auf einen der in Reichweite liegenden Flugplätze und wählte ein freies Feld. Foto: BFU

Ein Sprichwort in Fliegerkreisen lautet: »Wenn dein Flieger mit dir spricht, dann hör gut zu.« Gemeint ist, dass man als Pilot jedes Anzeichen eines beginnenden technischen Problems ernst nehmen sollte, bevor es zu spät ist und die Technik versagt. Bei einer Piper PA-46 wurden solche Anzeichen möglicherweise nicht richtig gedeutet, was schließlich zu einem Triebwerksausfall mit anschließender Notlandung führte.

Der 64 Jahre alte Pilot bricht im Oktober 2020 gemeinsam mit einem Begleiter in der zur Turboprop modifizierten Maschine von Zepfenhan-Rottweil (EDSZ) ins schweizerische Lugano (LSZA) auf. Das Wetter in Rottweil ist ungemütlich: Die Wetterstation des 46 Nautische Meilen nordöstlich gelegenen Flughafens Stuttgart meldet Regen bei einer Temperatur von zehn sowie einem Taupunkt von neun Grad. 

Warnleuchte »Fuel Filter« leuchtet plötzlich im Cockpit auf

Nachdem der mit einer PT6A-Turbine ausgerüstete Tiefdecker um 10.56 Uhr in Rottweil abhebt, steigt er zunächst in Instrumentenflugbedingungen (IMC). Beim Passieren von Flugfläche 70 leuchtet im Cockpit plötzlich die Warnleuchte »Fuel Filter« auf. Kurz darauf erlischt sie wieder. Zirka eine Minute nach der Warnung verliert das Triebwerk plötzlich an Leistung. Der Pilot leitet daraufhin einen Sinkflug ein und versucht, die PT6 zwei Mal neu zu starten – ohne Erfolg.

Der Blick von oben in den Headertank der Piper
offenbart, dass der Behälter alles andere als sauber ist.

Der Pilot erwägt zunächst zum Startflugplatz zurückzufliegen. Schließlich kommt er zu dem Schluss, dass sowohl Rottweil als auch Donaueschingen-Villingen (EDTD) mit der verbleibenden Höhe nicht mehr erreichbar sind. Der ebenfalls in der Nähe liegende Flugplatz Schwenningen (EDTS) scheint ihm aufgrund eines Waldes beziehungsweise der Bebauung im Anflug und der relativ kurzen Landebahn als ungeeignet. So fällt schließlich die Entscheidung, die Piper auf einem Acker zu landen. 

Piper PA-46 muss auf einem Acker notlanden

In etwa 1000 Fuß über Grund gelangt das Flugzeug wieder in Sichtflugbedingungen (VMC), und der Pilot wählt eine Wiese für die Landung aus. Um 11.05 Uhr setzt die Turboprop kurz vor dem auserkorenen Landefeld auf. Dabei wird sie schwer beschädigt. Glücklicherweise überleben beide Insassen den Vorfall leicht verletzt. 

Bei der Untersuchung des Unfalls durch die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) gerät schnell das Kraftstoffsystem in den Fokus der Ermittler. Bei der PA-46 wird der Sprit von zwei Tragflächentanks in einen Sammeltank befördert, den sogenannten Headertank. Von dort fließt er weiter zum Triebwerk. Der Kraftstoffdruck wird vor und nach dem Kraftstofffilter gemessen. Übersteigt die Druckdifferenz einen bestimmten Wert, wird die Warnanzeige »Fuel Filter« ausgelöst und der Sprit fortan am Kraftstofffilter vorbeigeführt (Bypass).

Fünf Tage vor den Absturz leuchtete bereits die Warnleuchte

Doch wie kam es zu einer derart großen Druckdifferenz? Zwar war ausreichend Kerosin in den Flächentanks, der Kraftstofffilter des Unfallflugzeugs ist jedoch stark mit einer bräunlich-schwarz gefärbten Substanz verschmutzt. Auch im Headertank finden die Unfalluntersucher erhebliche Verschmutzungen dieser Art. Beim Versuch, den Kraftstofffilter zu entleeren, tritt keinerlei Flüssigkeit aus.

Weitreichendes Problem  Auch die Kraftstofffilter sind so stark verschmutzt, dass sie keine Flüssigkeit mehr durchlassen.

Weitere Ermittlungen der BFU ergeben, dass bei einem Flug fünf Tage vor dem Zwischenfall schon einmal die Warnleuchte »Fuel Filter« aufleuchtete. Als mögliche Ursache wurde eine Vereisung des Kraftstoffs in Betracht gezogen. Wiederum drei Tage später unternahm der Pilot einen weiteren Flug, bei dem die Warnleuchte erneut aufleuchtete. Daraufhin überprüfte ein Instandhaltungsunternehmen das Kraftstoffsystem und entdeckte dabei einen stark verschmutzten Kraftstofffilter. Der Filter wurde vom Wartungsbetrieb gereinigt – doch ohne der Ursache für die starke Verschmutzung weiter auf den Grund zu gehen. Auch die Kraftstofffilter des Triebwerks wurden bei diesem Check gereinigt beziehungsweise getauscht. Diese waren nach Angaben des durchführenden Betriebs jedoch sauber.

Die BFU entnahm Kraftstoffproben aus dem Flugzeug und der Tankstelle, an der es zuletzt aufgetankt wurde.

Mikro-Organismen als Ursache?

Nachdem die BFU in ihrem Zwischenbericht im Oktober-Bulletin die Ursache für die Verschmutzung des Kraftstofffilters noch nicht feststellen konnte, bleibt vorerst fraglich, wie das Kraftstoffsystem derart verschmutzen konnte. Dabei scheint eine Kontamination des Kraftstoffs durch Schmutzpartikel oder auch eine mikrobiologische Verunreinigung möglich.

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Bei Letzterer handelt es sich um Bakterien und Pilze, die sich von Alkanen und Zusätzen im Kraftstoff ernähren. Ein Abfallprodukt dieser Organismen ist eine schleimartige Substanz, die in ausreichender Menge zu Korrosion von Stahl- oder Aluminiumteilen führen kann. Darüber hinaus kann sie aber auch zur Verschmutzung von Kraftstofffiltern und -leitungen bis hin zur vollständigen Verstopfung des Kraftstoffsystems mit anschließendem Triebwerkausfall führen.

Landen auf einer großen Fläche war die beste Variante

Um einer solchen Kontamination vorzubeugen, ist es wichtig, den Eintritt von Wasser ins Kraftstoffsystem zu verhindern beziehungsweise die Tanks regelmäßig zu drainen. Außerdem gibt es Zusätze, die derartige Mikro-Organismen bekämpfen. Besonders anfällig für eine solche Kontamination ist Jet A-1 (Kerosin). Letztendlich wird aber erst die Auswertung der entnommenen Kraftstoffproben die Ursache der Verschmutzung klären können.

Die PA-46 (hier ein baugleiches Muster) bietet Platz für bis zu sechs Personen. Sie kann mit einer Turbine nachgerüstet werden, ist aber auch ab Werk als Turboprop erhältlich.

Die Entscheidung des Piloten, auf einem Feld notzulanden, ist durchaus nachvollziehbar, zumal sich das Flugzeug noch bis zum Erreichen von 1000 Fuß über Grund in IMC befand. Selbst wenn einer der Flugplätze in der Umgebung im Gleitflug erreichbar gewesen wäre, so ist ein anfänglicher Anflug ohne Außensicht wohl überaus anspruchsvoll. Nicht zu vergessen: Bei einer derartigen Entscheidungsfindung kommen die mentale Belastung und der Handlungsdruck, unter dem ein Pilot in einer solchen Situation steht, erschwerend hinzu. So gesehen war die Wahl einer ausreichend großen Notlandefläche die beste Variante.

Der Crash indes hätte wohl vermieden werden können, wäre man dem Aufleuchten der Warnlampe bei den Flügen zuvor und der offenkundigen Verschmutzung des Spritsystems wirklich auf den Grund gegangen.

Text: Martin Schenkemeyer

Über den Autor
Martin Schenkemeyer

Martin Schenkemeyer begann im Jahr 2007 mit dem Segelfliegen. Inzwischen ist er ATPL-Inhaber und fliegt beruflich mit Businessjets um die ganze Welt. In seiner Freizeit ist er als Vorstand seines Luftsportvereins tätig und fliegt an seinem Heimatflugplatz Bad Pyrmont Segelflugzeuge, Ultraleichtflugzeuge und Maschinen der E-Klasse. Für das fliegermagazin ist der Fluglehrer seit 2020 als freier Autor tätig und beschäftigt sich hauptsächlich mit Themen rund um die Flugsicherheit.

Schlagwörter
  • Flugzeugabsturz
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