Recht

Zuverlässigkeitsüberprüfung: Die ZÜP kann schnell weg sein

Die Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) ist eine rechtlich umstrittene deutsche Besonderheit, die Piloten beachten müssen – weil man sie leicht verlieren kann.

Von Redaktion
ZÜP-Formular
ZÜP-Formular in Hamburg Foto: fliegermagazin

Anders als bei Segelfliegern oder Ultraleichtpiloten benötigt jeder, der eine in Deutschland geführte Motorfluglizenz (PPL, CPL, ATPL) nutzen will, eine Feststellung der Zuverlässigkeit, bekannt auch unter dem Kürzel ZÜP. Und genau die wird entweder erst gar nicht erteilt oder im Zuge eines sogenannten Nachberichts durch die Luftsicherheitsbehörden entzogen, wenn Tatsachen bekannt sind oder werden, die den Bewerber unzuverlässig erscheinen lassen.

Das für die ZÜP zuständige Gesetz, das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG), ist im März 2017 geändert worden, doch auch davor wurde der unbestimmte Rechtsbegriff der „Zuverlässigkeit“ schon konkretisiert.

Die Zuverlässigkeit einer Person bewertet die Behörde auf Grund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls. In der Regel fehlt es nach dem seit März 2017 geltenden Paragraf 7 Abs. 1a LuftSiG dann an der erforderlichen Zuverlässigkeit, wenn der Betroffene wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. Greift diese sogenannte Regelvermutung, wird es mit der Gesamtwürdigung schwierig: Mir ist kein Fall bekannt, bei dem es trotz einer Verurteilung über 60 Tagessätzen noch zu einer positiven Entscheidung gekommen wäre. Auszuschließen ist so etwas aber nicht: Typischerweise gelangen nur diejenigen Fälle zu einem Anwalt, bei denen es eben keine positive Behördenentscheidung gegeben hat. Oftmals merken die Betroffenen gar nicht, dass ihre ZÜP etwa bei der Einigung mit der Staatsanwaltschaft faktisch schon Geschichte ist, da der Strafverteidiger beruhigend darauf hingewiesen hat, dass ja beispielsweise 90 Tagessätze nicht überschritten wären – erst darüber gilt man als vorbestraft.

In der Summe können sich auch „kleinere“ Vergehen rächen

Besonders tückisch: Eine hohe Tagessatzzahl lässt sich manchmal trotz eines zunächst nicht übermäßig schwerwiegenden Delikts für den Mandanten gar nicht verhindern, etwa dann, wenn im Bereich von Steuern oder Sozialabgaben durch eine Vielzahl von Einzelfällen die Gesamtstrafe gewaltig wird. Selbst 60 Tagessätze werden häufig von Betroffenen und ihren Anwälten noch als eine eher geringe Strafe angesehen – Verwaltungsgerichte, die über den Widerruf einer ZÜP entscheiden, sehen das in der Regel ganz anders und werten ein so geahndetes Delikt nicht mehr als bloße Bagatelle.

Doch was bedeutet „zuverlässig“ in Bezug aufs Fliegen? Nach einem Bundesverwaltungsgerichtsurteil von 2004 ist nur derjenige zuverlässig, der die Gewähr bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu tun – selbst beim „Inaussichtstellen von Vorteilen“ oder bei der „Androhung von Nachteilen“. Allerdings wurde in vielen späteren Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit immer wieder betont, dass es bei der Bewertung eines Vergehens nicht zwingend auf einen Bezug zur Luftfahrt ankäme. Heißt: Nur, wer sich von nichts und niemanden dazu verleiten lässt, straffällig zu werden, ist auch zuverlässig. Wird man strafrechtlich verurteilt, hat man ein Zuverlässigkeitsproblem. Wer dann um die ZÜP kämpft, muss vor Gericht deutlich mehr anführen als eine untadelige Fliegerlaufbahn und große Erfahrung im Cockpit. Erwähnenswert wären hier beispielsweise ein besonderes soziales Engagement oder eifrige Hilfe bei der Aufklärung des eigenen Vergehens.

Wenig Verständnis für die Sinnhaftigkeit der ZÜP haben Betroffene mit dem Blick auf das restliche Europa: Trotz einheitlicher Anwendung der VO(EU) Nr. 1178/2011 Teil FCL, die detailliert auflistet, was von Piloten erwartet wird, gibt es eine ZÜP nur in Deutschland! Und dort auch nicht für den Segelflug oder den soeben auf 600 Kilogramm aufgelasteten Ultraleichtflugbereich.

Da kommt man leicht auf die Idee, die PPL ins europäische Ausland zu verlegen. Dazu sind zwar einige formale Hürden zu nehmen und manch deutsche Behörde versucht dies kreativ mit Verweis auf § 15 LuftPersV – dort steht unter anderem, wann eine Lizenz widerrufen werden kann – und einem eigens schnell angestrengten Lizenz-Entzugsverfahren zu verhindern. Es ist aber möglich, und sei es nur, um Zeit für die Auseinandersetzung mit der Luftsicherheitsbehörde zu gewinnen oder um auf den Ablauf von fünf Jahren zur erneuten Antragstellung zur ZÜP zu warten. Eine einheitliche europäische Rechtsordnung in dieser Sache scheint noch weit entfernt.

Frank Dörner, Rechtsanwalt und Luftfahrtsachverständiger

fliegermagazin 07/2019

Schlagwörter
  • ZÜP
  • Zuverlässigkeitsüberprüfung
  • Zuverlässigkeit
  • Motorflugzeuge
  • Luftsicherheitsgesetz
  • Recht