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Flugplatz Samsø – EKSS

Bei Dänen ist Samsø vor allem für seine Frühkartoffeln bekannt. Doch neben wirklich leckeren Erdäpfeln bietet die Ostsee-Insel einen netten Flugplatz, viel 
Sehenswertes und wunderschöne Natur

Von Thomas Borchert

Unser Empfang könnte nicht herzlicher sein: Mit breitem Lachen winkt uns der dänische Hüne in die kleine rote Holzhütte, die großspurig mit „Samsø International Terminal 1“ beschriftet ist. Schnell kassiert er im Vier-Streifen-Hemd noch die moderate Landgebühr sowie die Miete für die Fahrräder hinterm Haus, gibt noch ein paar Ausflugstipps – dann schließt er das Büro ab und verschwindet mit einer Touristenfamilie auf einen Rundflug. Die Tür zu Vorraum und Toilette bleibt geöffnet, ein Schlitz zum Geldeinwerfen erledigt die finanziellen Fragen. Flugleiter? Gibt’s in Dänemark nicht. Unser nördliches Nachbarland hat Piloten wirklich viel zu bieten. Deshalb passiert man auf dem Weg von Deutschland nach Samsø so attraktive Ziele wie Ærø (EKAE) und Endelave (EKEL).

Doch der weitere Weg lohnt sich: Die Insel im Kattegat ist anders als die näher gelegenen Flugplätze in unserem nördlichen Nachbarland. Samsø ist größer, vielseitiger – und sehr sonnig. Geologisch betrachtet besteht Samsø eigentlich aus zwei Inseln: die größere im Süden und eine kleine im Norden. Auf der schmalen Landverbindung zwischen beiden liegt der Flugplatz mit seiner Graspiste. Vom dänischen Festland, das nicht weit entfernt liegt, ist der Anflug aus Westen ein wenig ungewöhnlich: Vor der Piste liegt ein Wäldchen, links und rechts Hügel, die in dieser Gegend schon als veritable Berge durchgehen. Dafür ist der Ausblick auf die Bucht östlich des Platzes großartig: Stauns Fjord heißt sie, kleine Inseln sind dort im flachen Wasser verteilt, das in allen Schattierung von Blau und Grün leuchtet.

Die Insel im Kattegat ist anders als die näher gelegenen Flugplätze in unserem nördlichen Nachbarland Dänemark

Mit unseren gut ausgestatteten Miet-Fahrrädern entscheiden wir uns für den Weg nach Norden – der kleine Inselteil erscheint uns überschaubarer, auch wenn Samsø insgesamt nur 28 Kilometer lang ist. Der Linienbus wäre die Transportalternative, wenn man Muskelkraft auf größere Distanzen sparen will. Fahrräder nehmen die Busse auch mit. Zum Baden ist der Weg kurz: Westlich des Platzes erstreckt sich auf gut zehn Kilometern ein Sandstrand entlang der Sæ-Bucht. Der nächstgelegene Zugang liegt angenehm von der Hauptstraße entfernt. Es geht sehr flach ins Wasser, das sich deshalb in der Sonne gut erwärmt. An beiden Enden der Bucht liegen kleine Häfen, Samsø ist auch bei Seglern sehr beliebt. Auf der Landstraße genießen wir auch vom Boden den Ausblick auf die Inseln im Stauns Fjord.

Ostsee-Romantik: Hafen 
in Langør am Stauns Fjord (Foto: Thomas Borchert)

Immer wieder passieren wir schöne Ferienhäuser – deren Vermietung ist neben der Landwirtschaft das Hauptgeschäft auf der Insel. Tatsächlich sind die Felder hier auffällig kleiner als auf dem Festland, es gibt keine ausgedehnten Monokulturen: Fast auf jedem Acker wird etwas anderes angebaut. Verschiedene Getreidesorten, Johannis-, Erd- und Himbeeren, Zwiebeln und natürlich Kartoffeln. Wegen des günstigen Inselklimas stammen die ersten Frühkartoffeln Dänemarks aus Samsø – sie sind jedes Jahr einen Fernsehbericht wert und kommen in Kopenhagen für einen Kilopreis von über 100 Euro auf den Markt. Am Fjord entlang führt die Straße auf einer Landzunge nach Langør, einem Hafen mit Restaurant und Kiosk. Der bietet das volle dänische Pflichtprogramm: Hot Dog, Lakritz und Softeis.

An beiden Enden der Bucht liegen kleine Häfen, Samsø ist auch bei Seglern sehr beliebt

An Picknicktischen neben dümpelnden Fischerbooten genießen wir die Sonne und treffen gleich Fliegerkollegen aus Hamburg. Durch eine zauberhafte Heidelandschaft folgen wir dem Weg bis nach Norddorf, auf Dänisch Nordby. Hier gibt es noch mehr Genuss: Am Ortseingang bietet ein Italiener köstliches Eis, etwas weiter lockt die Inselbrauerei. Passagiere können eine der originellen Biersorten probieren; Piloten beschränken sich auf leckere Bio-Gerichte aus dem Hof-Restaurant. Ohnehin wird Bio und Öko groß geschrieben: Die Insel will die erste weltweit werden, die sich selbst mit Energie versorgt. Schon jetzt stammt fast der gesamte Strom aus Windgeneratoren im nahen Meer und aus Sonnenkollektoren. Fernwärme für die Beheizung der Häuser wird aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt.

Obwohl die meisten Inselgäste im gemieteten Häuschen übernachten, gibt es eine gute Handvoll Hotels und Pensionen auf Samsø. Kaum zu glauben, dass die entlegene Insel ein Rockhotel hat: Es liegt in Brundby, regelmäßig werden dort Konzerte veranstaltet. Malerische Fachwerkhäuschen neben kleinen Dorfteichen: So präsentieren sich die Orte auf Samsø. Dazwischen gibt es entlang der Landstraße meist parallel verlaufende Radwege; oder es ist so wenig Verkehr, dass man sicher auf der Straße fahren kann.

Einfach: Durch dieses Gate geht es auch ohne Sicherheitskontrolle aufs Vorfeld (Foto: Thomas Borchert)

Fast vor jedem Bauernhof gibt es eine kleine Holzbox, in der Gemüse, Marmelade oder Honig zum Verkauf liegt: einfach Geld in eine Schachtel legen und mitnehmen – so geht Einkauf auf Samsø. Als wir zurück zum Flugplatz kommen, sehen wir uns nochmal den „Terminal 2“ an: ein Hangar, in dem eine große Modellflugzeugsammlung ausgestellt ist. Dann gehen wir durch ein Türchen im Holzzaun auf die Flugplatzwiese. Auf dem Schild daneben steht – natürlich – „Gate 1“.

Samsø – Tipps und Infos

Der Platz ist gut erkennbar, weil er an der schmalsten Stelle der Insel liegt. Vom TNO VOR (117.40 MHz) auf Seeland liegt er 28 Nautische Meilen entfernt auf dem Radial 283°; zum Odense VOR (ODN 115.50 MHz) sind es 18 NM auf dem 355°-Radial. Standardanflug ohne Funkkontakt ist in 1500 Fuß über den Platz, um den WIndsack einzusehen und die Landerichtung zu bestimmen. Der Anflug von Westen erfolgt über einen bewaldeten Hügel, der auch zu Verwirbelungen führen kann. Nach Osten gibt es keine Hindernisse. Platzrunde nur südlich; das Gebiet nördlich der Bahn nicht überfliegen. Nach dem Start Bahnrichtung bis übers offene Meer einhalten.

Unterkunft: www.visitssamsoe.dk ist die Quelle für Informationen über die Insel, dort findet man auch ein Verzeichnis der Übernachtungsmöglichkeiten, darunter das Rockhotel Brundby mit seinen vielen Konzerten und das malerische Vadstrup 1771. Aktivitäten: Leihfahrräder stehen gleich am Platz, gezahlt wird in Euro oder Kronen in eine Kasse, auch wenn niemand da ist. Die Buslinie ist die Transport-Alternative. Im Norden lohnt ein Besuch des Naturschutzgebiets Østerhede und des Hafens von Langør, der Weg führt um den schönen Stauns Fjord. In Nordby bietet die Insel-Brauerei leckeres Essen und Bier für die Passagiere. Im Süden sind der Hauptort Tranebjerg und Ballen mit seinem schönen Hafen Anziehungspunkte.

fliegermagazin 6/2013