Ultraleicht

Die Spaßraucher: UL-Formation GrassHoppers

Kunstflugteams strahlen eine große Faszination aus, auch durch ihre meist leistungsstarken oder exotischen Maschinen. ULs drängen sich hier nicht unbedingt auf, zumal Akrobatik damit in Deutschland tabu ist. Doch es geht auch anders

Von Redaktion
Die Spaßraucher: UL-Formation GrassHoppers
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Ein traumhaft schöner Sonnenuntergang mit völlig ruhiger Luft. Wir sind mit drei C42 unterwegs und genießen den Abend. „Smoke on … NOW!“ Das Kommando unseres Leaders reißt mich aus den nur für Sekundenbruchteile abschweifenden Gedanken. Ich fliege schließlich in engster Formation, nur drei Meter von der Nummer 1 entfernt, und habe wie immer sein rotes Positionslicht knapp links der Mittelstrebe in der Frontscheibe – da ist kein Platz für Unkonzentriertheit. Mein linker Zeigefinger legt den Schalter für die Rauchölpumpe am Gashebel um, und wir fliegen die zweite Figur unseres heutigen Trainings. Im Herbst 2010, als die Luft ruhiger wurde, sprachen mich mehrere ehemalige Flugschüler an und fragten, ob es denn möglich sei, ein Formationstraining zu organisieren. Welche Frage – natürlich! Formationsfliegen ist schließlich mit fast jedem Flugzeug machbar.

Kunstflugtauglich braucht es dazu nicht zu sein, denn beim reinen Formationsflug werden keine Kunstflugfiguren wie Loopings oder Turns gezeigt, und schon gar keine Figuren mit negativen g-Kräften. Es geht „nur“ um präzises Zusammenfliegen. Einen kompetenten Referenten und Fuglehrer hatte ich bald in der Person von Gerhard Pilz gefunden, einem ehemaligen Bundeswehr-Jetpiloten. Er machte uns an einem Theorieabend mit dem Thema vertraut und gab uns die ersten Tipps und Kniffe für die Praxis. An einem ruhigen Herbstabend versuchten wir uns das erste Mal mit zwei Maschinen im Formationsflug; eine mit Gerhard, die andere mit mir als Fluglehrer. Am Anfang sah das Ganze eher nach „same day, same direction“ als nach einer Formation aus. Wir mussten zuerst unsere natürliche Scheu vor der Nähe des anderen Flugzeugs überwinden und Vertrauen zum führenden Piloten aufbauen, dem Leader.

„Mit Hochdeckern ist Formationsflug schwierig, doch mit den passenden Figuren gut machbar“

Weitere Flüge folgten, bis jeder einmal die Leader- und die Wingman-Position ausprobiert hatte, und diese dann auch ganz leidlich halten konnte. Fast ein Jahr später wurde ich von zwei der letztjährigen Teilnehmer angesprochen, ob man nicht einen weiterführenden Kurs machen könnte. Da beide ebenfalls an einer C42 beteiligt sind, kam mir die Idee, statt eines weiteren Kurses gleich eine Dreier-Formation aufzustellen, die dann gemeinsam trainiert. Auf den Namen einigten wir uns schnell: Ultraleichtflugzeuge werden eher mit einem Grashüpfer als mit einem Pfeil oder ähnlich martialischen Dingen oder Wesen in Verbindung gebracht. Auch inspirierte uns die gleichnamige Fernsehserie über die Anfänge der Fliegerei aus den achtziger Jahren. So war das erste Training am 21. August 2011 gleichzeitig die Geburtsstunde der GrassHoppers.

Als Leader (Nummer 1) bestimmten wir Erik van den Dolder, da seine C42 B „nur“ einen 80-PS-Rotax hat, was es den beiden Flügelmännern Dennis Piroschinski und mir leichter macht, mit unseren 100 PS nach einem Break wieder aufzuschließen. Erik ist Chef einer Firma, die Aktuatoren und Dämpfer für die Großluftfahrt herstellt und bei uns am Flugplatz Bremgarten beheimatet ist. Er hat rund 400 Stunden Flugerfahrung auf ULs und ist gerade dabei, den LAPL zu machen. Dennis Piroschinski als unser rechter Flügelmann (Nummer 2) ist ebenfalls selbstständig, mit einer Firma für Schadensmanagement an Gebäuden, die in einem der Nachbarorte vom Flugplatz zu Hause ist. Auf ULs hat er 450 Stunden Flugerfahrung, 550 weitere auf Gleitschirmen. Wie Erik macht er gerade bei mir seinen LAPL. Linker Flügelmann (Nummer 3) bin ich selbst mit über 7000 Flugstunden auf Segelflugzeugen, Motorseglern, Motorflugzeugen und (rund 5500 davon) auf ULs.

Gesucht, gefunden: Aus anfänglichem Interesse am Formationsflug ist ein eingespieltes Team geworden. Heinz Korella, Eric van den Dolder und Dennis Piroschinski (von links) (Foto: GrassHoppers)

Selbstständig bin ich seit 1996 mit einer Flugschule (UL/LAPL) und einem Wartungs- und Reparaturbetrieb für ULs und Gyrokopter. Am Anfang beschränkte sich unser Training darauf, im Geradeausflug und in leichten Kurven die Dreieckformation zu halten. Die gemeinsamen Flüge zeigten bald Wirkung, und der Ehrgeiz war geweckt. Wir versuchten nun die Abstände zu verringern, dann wurden die Kurvenradien enger, und Ende 2011 begannen wir mit den ersten Formationswechseln. Wir waren doch sehr erstaunt, wie viel man als Flügelmann am Gas rumspielen muss, um die Position in der Formation zu halten. Die häufigsten Schwierigkeiten waren aber kommunikativer Natur: Die Verständigung untereinander und auch die Kommandos selbst müssen eindeutig und so gestaltet sein, dass jeder in der Formation das Gleiche darunter versteht und auch genau zur gleichen Zeit ausführt.

So mussten wir uns auf ein eindeutiges Vokabular einigen und unsere eigenen Kommandos entwickeln. Das Training findet zweimal wöchentlich abends statt. Dabei blieben wir anfangs noch auf der Bremgartener Funkfrequenz, um immer darüber im Bilde zu sein, was im Umkreis gerade passiert. Mit den logischen Konsequenzen: Hat gerade ein anderes Flugzeug Funkkontakt zum Turm, ist es uns nicht möglich, die Kommandos rechtzeitig zu geben. Wir mussten uns also auch diesbezüglich etwas einfallen lassen. Die Lösung heißt Monitoring, also die Möglichkeit, eine zweite, voreingestellte Frequenz mitzuhören, aber nur auf der aktiven Frequenz zu funken. Folglich rüsteten wir unsere Maschinen auf Funkgeräte mit 8,33 kHz Kanalabstand und Monitoring um. Nach sporadischen Filmaufnahmen unseres Programms vom Boden aus stellten wir bald fest, dass nicht alles, was aus der Formationsperspektive gut aussieht, auch aus Zuschauerperspektive so ist.

Herausfordernd: Die unmissverständliche Kommunikation im Formationsflug

Wir stellten unser Display mehrfach um, strichen Figuren und suchten nach neuen. Unseren „Touch and Go Break“ haben wir ersetzt, weil er an kleineren Plätzen nicht geflogen werden kann. Unsere selbst entwickelte Rauchanlage war im Februar 2013 soweit fertig, dass wir die ersten Testflüge durchführen konnten. Der Rauch macht das Fliegen in Formation erst perfekt und die Formationsfiguren besser sichtbar. Er ermöglicht es, die Figuren unabhängig von Leitlinien am Boden zu fliegen. Seither sind alle unsere Flüge ausnahmslos „Raucherflüge“. Als Rauchöl verwenden wir medizinisches Weißöl – reines Paraffinöl, das als Grundlage vieler Kosmetikcremes dient. Es wird ins Auspuffendrohr eingespritzt, wo es durch die Abgas- beziehungsweise Auspuffhitze verdampft. Das funktioniert theoretisch auch mit Wasser, nur dass der Wasserdampf nicht lange genug sichtbar bleibt für einen schönen Effekt.

Oft werden wir gefragt, warum wir gerade C42 fliegen, und was wir dafür an den Flugzeugen verändert haben. Die Antwort ist einfach und vielschichtig zugleich: In meinen Augen ist die C42 das beste Allround-UL, gutmütig wie auch agil. Sie hat die kürzeste Start- und Landestrecke und kann trotzdem mit 170 km/h (92 Knoten) auf Reise gehen. Sie ist auf Gras- und befestigten Pisten genauso zu Hause wie auf Wasser und Schnee. Darüber hinaus ist die C42 das typische UL – jeder (UL-)Pilot kennt das bereits 1500-mal gebaute Muster. Ein weiterer Aspekt: Bei engen Formationsflügen muss permanent das Gas bedient werden, und das funktioniert mit „Drehgas-Flugzeugen“ leider nicht zufriedenstellend. Weil der Flügelmann nicht die Augen vom Leader lassen darf, mussten wir einen geeigneten Platz für den Rauchschalter suchen. Wir fanden ihn am Gashebel, den bei der C42 die linke Hand sowieso ständig umfasst. Auch dies wäre bei vielen anderen Maschinen schwierig.

Line Break: Zum Programm der Formation gehören viele klassische Elemente (Foto: GrassHoppers)

Nicht zuletzt macht der riesige Gepäckraum den Einbau des herausnehmbaren Rauchöltanks mit Pumpe sehr leicht. Dies ist übrigens die einzige Modifikation zum Serienstandard, die wir für den Formationsflug vorgenommen haben. So wird meine Maschine weiterhin für Schulung, Charter und Segelflug-/Bannerschlepps eingesetzt. Zugegeben: Hochdecker sind für den Formationsflug problematisch, da in Kurven die Sicht in Richtung Kurveninnenseite doch sehr eingeschränkt ist. Mit den passenden Figuren umgehen wir diesen Nachteil aber weitestgehend. Unser Programm besteht zum Teil aus Standard-Figuren, die wir für die ULs anpassen. Andere Figuren entstehen zufällig, wie zum Beispiel unser „Rauchherz“: Hier fiel beim Split Break der Rauch des Leaders aus, und die übrig gebliebene Figur wurde von den Zuschauern am Boden freudig als Herz interpretiert. Also überlegten wir uns, wie wir ein „richtiges“ Herz an den Himmel zaubern können.

Oft sitzen wir aber auch zusammen und überlegen am Flipchart, wie wir die typischen UL-Eigenschaften, etwa den Langsamflug, besonders gut hervorheben können. Dann gehen wir daran, diese Figuren auszuprobieren und sinnvoll zu kombinieren, sodass Formationswechsel möglichst schnell und flüssig vonstattengehen. Hilfreich dabei sind Videoaufnahmen vom Boden aus, wobei auch unser Split Break durch die Sonne entstand. Als reine Amateurmannschaft haben wir aber natürlich nicht immer eine(n) Kamerafrau(mann) am Boden, und so freuen wir uns auch über Feedback von Zuschauern. Als Programm selbst kombinieren wir dann die einzelnen Figuren, wobei wir die Startrichtung und die Position der Zuschauer zur Startbahn (die in der Regel als Leitlinie dient) berücksichtigen und die Abfolge der einzelnen Figuren dementsprechend anpassen.

„Am Boden sehen viele Figuren ganz anders aus als gedacht – Videos sind da sehr hilfreich“

Dreierpack: Heimatplatz der Formation ist Bremgarten im Markgräflerland (Foto: GrassHoppers)

Auftritte hatten wir bislang bei verschiedenen Airshows und Fly-ins in Deutschland und auch schon in Frankreich, darunter in Bitburg, bereits dreimal in Altdorf-Wallburg, in Kehl, Mülheim und Vichy. Wir zeigen unser Programm aber auch bei privaten Veranstaltungen wie Geburtstagen, Hochzeiten, Jubiläen. Einige Buchungen entstehen ganz spontan: Eines Abends wurden wir von einem Bauherrn beim Training beobachtet und kurzerhand zur Vorführung anlässlich seiner Gebäudeeinweihung eingeladen. Bisher ging für uns die Rechnung insofern auf, als wir gegen Kostenerstattung für Benzin und Rauchöl flogen, inklusive Verpflegung und Übernachtung. Doch nun steigt die Nachfrage und damit verbunden unser Trainingsaufwand, und wir werden wohl bald anders kalkulieren müssen. Aber das sind alles Details, die wir bei Interesse gern im persönlichen Gespräch erläutern. Wir freuen uns jedenfalls schon sehr auf die kommende Saison!

Grasshoppers: Das Programm

So sieht das Programm der Formation aus, das komplett innerhalb des Flugplatzgeländes geflogen wird:

  • Rollen zum Start in Formation
  • Start in klassischer Dreieckformation mit Rauch
  • 180-Grad-Kurve
  • Vorbeiflug im Dreieck mit Kurvenwechsel links–rechts und Rauch
  • 180-Grad-Kurve, dabei Formationswechsel in die Linie (nach rechts versetzt, hintereinander)
  • Line Break: Vorbeiflug in Linie mit Rauch und anschließender Auflösung nach rechts von hinten beginnend
  • Wiedervereinigung zum Dreieck
  • 180-Grad-Kurve
  • Wave: Nr. 2 und 3 überholen den Leader und ziehen mit Rauch zwei horizontale Grundlinien, zwischen denen der Leader mit Rauch eine Welle (Sinuskurve) fliegt.
  • Wiedervereinigung zum Dreieck
  • 180-Grad-Kurve
  • Split Break: klassischer Break aus der Dreiecksformation, bei dem mit Rauch eine Lilie an den Himmel gemalt wird. Nummer 2 und 3 fliegen dabei je einen hochgezogenen Vollkreis nach rechts und links, während der Leader überhöht und nahe am Strömungsabriss (langsam) weiterfliegt.
  • Wiedervereinigung zum Dreieck
  • Formationswechsel zur „Reihe“ (hintereinander, leicht nach unten höhenversetzt) während der 180-Grad-Kurve
Formation im Anflug: Für die drei GrassHoppers ist die C42 das perfekte Show-UL (Foto: Christian Bramkamp)
  • Vorbeiflug in „Reihe“ mit Rauch
  • Steigflug in Reihenformation in einer Spirale auf mindestens 1000 Fuß AGL
  • Herz: Die Abschlussfigur ist ein Break, bei dem ein Herz aus Rauch an den Himmel gemalt wird, das dann vom Rauch des Leaders durchstochen wird.
  • Wiedervereinigung zum Dreieck im Sinkflug
  • Landung in Dreiecksformation mit „GrassHoppers’ Variation“ – dabei überspringt nach dem Aufsetzen die Nummer 2 den Leader, die Nummer 3 den Leader und die Nummer 2.
  • Rollen in Reihe
  • Abstell-Break: 45-Grad-Schwenk zu den Zuschauern mit einem kurzen Rauchstoß
  • Abrollen in Reihe zum Abstellplatz (Das Programm wird fortlaufend weiterentwickelt. Mehr im Internet unter: www.facebook.com/grasshoppersEDTG)

Text: Heinz Korella; Fotos: GrassHoppers, Christian Bramkamp, Hans Scholtens, Martin Naß; fliegermagazin 11/2013

Technische Daten
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  • Comco Ikarus C42 C
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