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Dornier Do 27 mit ganz besonderer Geschichte

Eine Dornier Do 27 – das ist an sich schon eine Rarität. Diese stand lange in Diensten der Forschung – und wurde von Astronaut Neil Armstrong geflogen.

Von Redaktion
Dornier Do 27 mit ganz besonderer Geschichte
Do 27 sind selten geworden. Hier fliegt die D-EDFL vorn im Bild Bild: Hans-Jürgen Goetz

Manchmal gehe ich abends spazieren und sehe den Mond. Fasziniert schaue ich dann auf den rund 385 000 Kilometer entfernten Himmelskörper und denke: Da oben war Neil Armstrong. Und danach saß er in meiner Dornier Do 27!

Die Vorstellung, ein eigenes Flugzeug zu besitzen, und dann noch ein so besonderes, ist auch nach fünf Jahren noch ziemlich surreal für mich. Aber fangen wir mal ganz von vorne an …

Nach der Schule wollte ich als Verkehrspilot zur Lufthansa und hatte sogar den Einstellungstest bestanden. Leider stellte die größte deutsche Airline 2012 jedoch die Schulung ein. Ich verfolgte deshalb Plan B: eine Ausbildung zum Fluglotsen. Eines war aber sicher – sobald ich damit fertig wäre, würde ich mich zur ATPL-Ausbildung anmelden, um eines Tages ins Cockpit zu wechseln oder beide Berufe parallel in Teilzeit ausüben zu können. Mit der Lotsenlizenz in der Tasche meldete ich mich also 2017 berufsbegleitend zur ATPL-Schulung an. Die PPL hatte ich schon 2012 gemacht und deshalb genug Stunden, um direkt mit ATPL-Theorie und CPL/IR-Praxis anzufangen. Wegen des guten Gehalts als Fluglotse musste ich nicht mal, wie meist üblich, einen Kredit aufnehmen.

Thoma Do 27Thoma Do 27
Autor Sebastian Thoma mit seiner Do 27 Bild: Sebastian Thoma

Teurer Hang zu Oldtimern wie der Do 27

Meine Flugschule in Kyritz lag rund drei Stunden von meinem Wohnort bei Bremen entfernt. Als erstes kam mir ein Ultraleichtflugzeug in den Kopf, aber die Anschaffungskosten waren zu hoch. Deshalb schaute ich mich bei den E-Klasse-Flugzeugen um. Eine Piper Tomahawk hatte ich auf dem Schirm. Das Muster kannte ich bereits aus meinem Verein in Celle und wusste, dass sie auch recht sparsam fliegt. Eine Alternative war die Fuji FA-200, auf der ich damals meine PPL machte. Ebenfalls sparsam und sogar ein Viersitzer!

Nach einigen Besichtigungen erhielt ich eine E-Mail von meinem Vater mit einem Link zur Flugzeugbörse Planecheck. Er war selbst Pilot und flog Hubschrauber bei der Bundeswehr, in seiner Freizeit Segelflugzeuge sowie Motorsegler und auch eine Dornier Do 27 als Schleppflugzeug. Der Link führte mich zur Verkaufsanzeige einer wunderschönen Focke-Wulf Piaggio P.149D. Das Flugzeug in Farben der Luftwaffe von Uganda stand südlich von Paris und wurde von zwei französischen Kampfjetpiloten angeboten, die sonst in den Cockpits von Mirage 2000 und Rafale zu Hause waren.

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„Nein, Papa, das ist doch viel zu teuer. Sechs Zylinder sind nicht nur im Verbrauch, sondern auch in der Wartung teuer. Dann noch ein Einziehfahrwerk und Verstellpropeller! Bei aller Liebe zu Oldtimern und Warbirds, aber das wäre wirklich unvernünftig.“ Zugegebenermaßen wäre es nicht die erste unvernünftige Entscheidung, die ich in meinem Leben treffen würde. Und so saßen wir zwei Wochen später im Auto nach Frankreich.

Es folgte ein Probeflug. Das Flugzeug war großartig, hatte allerdings einen Haken. Das Triebwerk, ein wartungsintensiver Lycoming GO-480, hatte seine TBO von 1400 Stunden bereits überschritten. Kosten für eine Überholung: zirka 70 000 Euro und damit mehr als der Preis für das Flugzeug selbst. Der in die Jahre gekommene Getriebemotor war aus unserer Sicht finanziell eine tickende Zeitbombe.

Als ich in meinem Flugverein von dem Probeflug erzählte, meldete sich ein Segelflieger zu Wort. „Wenn Du Oldtimer magst, frag doch mal die Jungs vom DLR. Die wollen ihre Do 27 verkaufen. Damit haben sie mich mal auf einem Wettbewerb geschleppt.“ Do 27? Hatte ich das richtig gehört? Von der schwärmte mein Vater doch regelmäßig aus seinen alten Fliegertagen. Und so ging unsere nächste Besichtigungstour nach Braunschweig zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Die Dornier Do 27 war Liebe auf den ersten Blick

Dort angekommen empfing uns ein Flugversuchsingenieur, der uns auf das Firmengelände brachte und schließlich in den Hangar der Forschungsflieger. Ich wusste gar nicht, wohin ich zuerst schauen sollte. So viele Flugzeuge mit den rot-blauen Streifen des DLR und verschiedensten An- und Umbauten: von Robin DR400 bis Dornier 228, von Segelflugzeugen bis zum Hubschrauber Bo 105, den mein Vater selbst bei der Luftwaffe fliegen durfte. Ach ja, und mitten im Hangar der riesige Airbus A320 „ATRA“, unter dessen linker Tragfläche sich die Do 27 zu verstecken versuchte.

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Die Sicht aus dem Cockpit der Do 27 ist hervorragend Bild: Sebastian Thoma

Es war Liebe auf den ersten Blick: Ein Flugzeug aus den fünfziger Jahren zu finden, das so hervorragend gewartet und gepflegt wurde, ist wirklich eine Seltenheit. Viele Do 27 wurden von Fallschirmspringern bis zur Schrottreife geflogen, weil eine Motorüberholung zu teuer war. Die Do 27 hat nämlich die gleiche Triebwerks-Rarität mit Untersetzungsgetriebe wie die bereits erwähnte Piaggio. Es existieren ohnehin nur noch rund 30 flugfähige Exemplare des Musters. Die D-EDFL wurde jedoch pfleglich von waschechten Testpiloten und Flugversuchsingenieuren geflogen, die immer wussten, was sie taten.

Als ich erfuhr, was das Flugzeug im aktiven Dienst alles erlebt hatte, war ich völlig begeistert. Die Seriennummer 392 wurde 1959 gebaut und ein Jahr später als YA+913 an die Erprobungsstelle Est 61 der Luftwaffe in Oberpfaffenhofen ausgeliefert. Später war sie als 56+84 registriert und wechselte zur DFVLR (Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt), dem Vorgänger des heutigen DLR. Dort erhielt sie auch ihre zivile Lackierung mit der heutigen Kennung D-EDFL.

Besonders spannend ist es, durch die alten Aufzeichnungen und Bordbücher zu schauen. Hier wurde akribisch vermerkt, was das Flugzeug alles leistete. So gehörte der Abwurf von Puppen zur Erprobung von Fallschirmsystemen zu den Aufgaben des Flugzeugs, ebenso Schleppflüge für die Segelflugzeuge des DFVLR.

Die wahrscheinlich aufwendigste Versuchsreihe wurde jedoch Anfang der siebziger Jahre durchgeführt. Die Fox-Lima war das erste „Fly-by-wire“-Flugzeug Deutschlands. Das bedeutet, dass man die Steuerflächen bewegen konnte, ohne dass eine mechanische Verbindung zwischen Steuerknüppel und Rudern bestand. Was heute Standard in Verkehrsflugzeugen von Airbus und auch Boeing ist, steckte damals noch in den Kinderschuhen. Die Rückbank des Flugzeugs wurde dafür durch ein Hydraulikaggregat ersetzt und auf der Copiloten-Seite ein Joystick eingebaut. Der sendete elektronische Signale an das Hydraulik-Aggregat, das dann die Steuerseile bewegte.

Steuerung per Elektronik

Etwa zur gleichen Zeit erforschte auf der anderen Seite des Atlantiks auch die US-Weltraumbehörde NASA derartige Systeme. Daran war der Astronaut und Testpilot Neil Armstrong beteiligt, der bekanntlich im Juli 1969 als erster Mensch den Mond betreten hatte. Auch wenn in den Vereinigten Staaten eine Vought F-8, also ein Kampflugzeug als Versuchsträger eingesetzt wurde, so nahm Neil Armstrong trotzdem bei seinem Deutschlandbesuch 1971 auf dem rechten Sitz der D-EDFL Platz und führte mit dem deutschen Fly-by-wire-Versuchsträger einen Testflug durch. Das ist zum Glück fotografisch dokumentiert worden.

Es sind nämlich alle Bordbücher seit 1959 vorhanden, nur nicht das Buch vom Anfang der siebziger Jahre! Vielleicht hinterließ Armstrong dort ein Autogramm und das Buch wanderte bei jemandem als Trophäe ins Regal?!

Mondstaub im Cockpit der Dornier

Ein Flugzeug mit Mondstaub im Cockpit – was für eine Geschichte! Die D-EDFL war schon seit 1994 nicht mehr Eigentum des DLR, sondern wurde von einer Haltergemeinschaft von Testpiloten und Ingenieuren betrieben. Nur noch gelegentlich half sie bei Experimentalflügen aus – zum Beispiel als Schleppflugzeug. 2018 löste sich diese Haltergemeinschaft auf. Natürlich war mein Vater mindestens genau so angetan wie ich, konnte er doch nach so langer Zeit mal wieder Do 27 fliegen. So kratzen wir unser Geld zusammen, und für einen fairen Preis wechselte das Flugzeug in unseren Besitz.

Das Cockpit war sehr umfangreich ausgestattet, wurde jedoch ohne Instrumente an uns übergeben. Die Avionik gehörte offiziell noch dem DLR. Mit einigen Verbesserungen versuchte ich allerdings, das Cockpit möglichst original auszustatten. Lediglich auf das in die Jahre gekommene KNS81-Area-Navigation-System verzichtete ich dabei. Es folgten zahlreiche Flüge zu Flugshows und Treffen und viele großartige Erinnerungen, die ich mit dem Flugzeug verbinde. Die Bandbreite des Flugzeugs ist unfassbar groß. Mit 600 Kilogramm Zuladung ist es kaum zu überladen. Die Kurzstarteigenschaften sind bei 1700 Kilogramm maximaler Startmasse immer noch beeindruckend. Auch die Geschwindigkeitsspanne von Strömungsabriss (24 Knoten) bis zu maximaler Geschwindigkeit (178 Knoten) kann sich wirklich sehen lassen.

Die Highlights der letzten fünf Jahre sind tolle Sunset-Flüge, der Besuch des Oldtimertreffens auf der Hahnweide und das Absetzen von Fallschirmspringern bei einem Event in der Nähe von Bremen. Vor allem habe ich auch viel zum Thema Wartung gelernt. Während ich damals als Charterer im Verein nur die Werft informierte, wenn etwas kaputt war und auf eine schnelle Reparatur hoffte, kann ich nun im Rahmen der Pilot/Owner-Maintenance eine ganze Menge Arbeiten selbst durchführen, und verstehe genau, wie die Technik funktioniert. Dabei steht mir meine Werft zur Seite.

Selbst ein Triebwerksausfall aufgrund eines abgerissenen Ventils in geringer Höhe mit einer geglückten Notlandung gehört zu den fliegerischen Erfahrungen mit dem Flugzeug, an denen ich unheimlich gewachsen bin. Ich bin gespannt, welche Geschichten ich mit »Neil«, so nenne ich den Flieger, noch erleben werde.

Autor: Sebastian Thoma

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Technische Daten
  • D-EDFL
  • 12,00 m
  • 19,40 m
  • 9,60 m
  • 3,50 m
  • 1100 kg
  • 1700 kg
  • 4
  • 220 l
  • Lycoming GO-480 / 274 PS
  • Hartzell, 2-Blatt, Metall, Constant Speed
  • 57 lph
  • 243 m
  • 189 m
  • 24 KIAS
  • 115 KTAS
  • 178 KIAS
Schlagwörter
  • Dornier Do 27
  • Dornier
  • Do 27
  • DLR
  • NASA
  • Neil Armstrong
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