Hungarocopter HC 02: Der neue UL Helikopter im Test
Elegante Linien und technische Innovationen sicherten dem Hungarocopter HC 02 auf der AERO 2025 reges Publikumsinteresse. Fliegt sich der Drehflügler genauso smart, wie er aussieht?
Nur ein wenig südlich der bayerischen Hochschulstadt Landshut liegt der idyllische Sonderlandeplatz Vilsbiburg (EDMP). Dort treffe ich Johannes Ernst, Inhaber der UL Helicharter & Service GmbH und treibende Kraft bei der deutschen Musterzulassung des Hungarocopter HC 02. Mit von der Partie ist auch Gabor Farkas.
Der Ungar stellt mit seiner Firma Steel Rider eigentlich Präzisionsmetallteile für Land- und Luftfahrzeuge her. Aber sechs seiner 60 Mitarbeiter haben einen Spezialauftrag – sie fertigen ultraleichte Hubschrauber. Schon 2010 entstand der einsitzige, offene HC 01. Dieses Muster ist auch die Basis für den vor sieben Jahren erstmals gezeigten HC 02.
Design trifft Funktion – HC 02
Toni GanzmannDoch genug der kurzen Modellhistorie, zurück in die Gegenwart. Auf der Heli-Platte von der Sonne angestrahlt wartet schon der Star des heutigen Tages. Ich gebe zu: Mich begeistern das elegante Zellendesign, die mattschwarze Karbonoptik und die hochklappenden Flügeltüren. Und noch etwas fällt dem geschulten Auge sofort auf: Beide Rotorblätter hängen im Stand nicht nach unten, sondern werden wie von Geisterhand waagerecht gehalten. Eine spezielle Federmechanik ersetzt im Stand und bei niedrigen Drehzahlen die eigentlich dafür nötige Fliehkraft.
Etwas ungewöhnlich sehen die nach außen breiter werdenden Blattspitzen aus. In diese sind acht Kilo schwere Metallplatten einlaminiert, um Lärm und Vibrationen zu reduzieren. Die so verbesserte Aerodynamik soll sich auch positiv auf die Autorotation auswirken. Ob das tatsächlich so ist, wird sich beim Probeflug zeigen.
Gelenkloser Rotor
Wer sich mit Hubschraubertechnik beschäftigt, weiß: Auch beim Rotor steckt die Raffinesse im Detail. Bei den ersten historischen Hubschraubern waren die Rotorblätter starr mit der Rotorwelle verbunden. Doch mit zunehmender Fluggeschwindigkeit entsteht am vorlaufenden Blatt mehr Auftrieb als am rücklaufenden. Der asymmetrische Auftrieb verursacht gefährliche Rollbewegungen. Technisch anspruchsvolle Schlag- und Schwenkgelenke schafften Abhilfe, erwiesen sich aber auch als sehr wartungsintensiv.
Ab Mitte der fünfziger Jahre lösten Rotorblätter aus Verbundwerkstoffen wie GfK die damals üblichen Metallblätter ab. Die Kunststoffblätter lassen sich so elastisch auslegen, dass auf Rotorgelenke verzichtet werden kann. Außerdem verbessert sich durch die direkte Montage am Mast die Steuerbarkeit. Ein Prinzip, das auch beim Hungarocopter HC 02 konsequent umgesetzt wurde.
Vorflugcheck im Hungarocopter HC 02
Aufgeräumtes Cockpit: Die Anordnung der Bedienelemente gibt keine Rätsel auf. Auch Neulinge dürften sich im HC-02 schnell heimisch fühlen. In der Waagerechten: Die Rotorspitzen werden im Stand von einer Federmechanik gerade gehalten. In den Rotorspitzen sind Gewichte einlaminiert, die die Autorotation verbessern. Digitales Cockpit: Kernstück der Avionik ist das Nesis III des slowenischen Herstellers Kanardia. Es kombiniert EFIS, Motorüberwachung und Navigation auf einem Bildschirm. Gute Rundumsicht: Der recht schmale Instrumentenpilz und die vielen verglasten Flächen machen die Luftraumbeobachtung einfach. Die Elektronik warnt bei Werten außerhalb des Normbereichs. Klare Linien: Glatte Karbonbauteile und die auffälligen Flügeltüren machen den UL-Helikopter HC-02 optisch besonders. Bequemer Einstieg: Die beiden Flügeltüren erleichtern den Einstieg. Die Crew erwartet ein Panoramablick und gutmütiges Handling. Gut gesichert: Sicherungsdraht und Farbmarkierungen vereinfachen die Vorflugkontrolle am Heckrotor. Herzstück des UL-Helis: Als Antrieb dient der kräftige Rotax 915 iS mit Turbolader und Einspritzung. In der Serie gibt es Wartungsklappen zur Motorkontrolle.
Zurück in die Praxis: Gemeinsam machen wir jetzt den Vorflugcheck und ich erhalte dabei eine »technische Druckbetankung«. Zur Motorkontrolle muss derzeit noch die gesamte Motorverkleidung abgenommen werden. »Bei den neuen Modellen gibt es beidseitig Revisionsklappen, die ohne Werkzeug geöffnet werden können«, erklärt Gabor Farkas. Und ich erfahre außerdem, dass es auch ein kleines Gepäckfach oberhalb des Motors geben wird.
Aus dem geöffneten Motorraum leuchten uns die hellblauen Ventildeckel des Rotax 915 iS und die beiden silberfarbenen Metalltanks entgegen. Einer der Tanks kann mit wenigen Handgriffen um 90 Grad gedreht werden, um so die veränderte Schwerpunktlage im Solobetrieb auszugleichen.
Clevere Technik und komfortabler Einstieg
Im Motorraum vermisse ich die sonst übliche Kupplung mit Spannmechanik der Keilriemen. »Das machen wir mittels einer elektrischen Kupplung wie im Auto«, erläutert Produktionsleiter Gabor Farkas. Im Normalzustand ist die Kupplung durch Federkraft geschlossen. Auf Knopfdruck wird sie per Elektromotor geöffnet. Sollte der Motor ausfallen, bleibt der Kraftschluss weiterhin erhalten.
Dann wird es ernst. Wir steigen ein. Meine erste Begeisterung hält an. Denn die stabilen Flügeltüren öffnen weit nach oben und so gelange ich ohne artistisches Turnen bequem ins Cockpit. Im Inneren sind die Platzverhältnisse großzügig. Gabor Farkas weist noch darauf hin, dass es für Langbeiner wie mich sogar spezielle nach vorn gekröpfte Pedale gibt, die sich einfach nachrüsten lassen.
Viel Platz in der Kabine
Auf dem Instrumentenpilz dominiert der Bildschirm des Nesis III von Kanardia. Das System vereint EFIS, EMS und Navigation – auch die Integration eines Autopiloten ist grundsätzlich möglich. Links daneben sitzen der elektronische Fahrtmesser sowie der hubschraubertypische Dualtacho. Am oberen Panelrand sind zwölf deutlich beschriftete Warnlampen platziert, die teilweise zusätzlich mit akustischen Signalen oder Sprachausgaben gekoppelt sind. Kritische Zustände bei Temperaturen, Drehzahlen, Füllständen und so weiter sollten der Crew so nicht entgehen.
Wir ziehen die Türen herunter und verriegeln sie, wodurch eins der Warnlichter erlischt. Der Rotax 915 iS wird gestartet. Schnell ist die Betriebstemperatur erreicht und der Kupplungsschalter kann bei 2500 U/min umgelegt werden. Der Bordcomputer regelt dabei die erforderliche Motorleistung. Nach den üblichen Drehzahltests hält der Governor die Motordrehzahl konstant bei 5500 U/min. Eine zweite Schaltstufe gibt die volle Motorleistung bei 5800 U/min frei – ganz nach Rotax Vorgaben ist dieser Leistungsschub auf fünf Minuten begrenzt. Allerdings wird die volle Leistung nur bei hoher Dichtehöhe benötigt.
Sensibles Fluggerät ohne Tücken
Es kann losgehen. Bisher hat nichts geschüttelt oder vibriert. Steuerknüppel und Kollektivhebel sind keine »Ultraleichtware«, sondern liegen satt in der Hand. Ich denke mir: »Wie beim Großen.« Gefühlvoll ziehe ich jetzt am Kollektivhebel. Da der HC 02 ein Linksdreher ist, erwarte ich, dass das Gegendrehmoment die Zelle beim Abheben nach rechts wegdrehen wird und steuere mit dem linken Pedal dagegen. Der stabile Schwebeflug über der Platte gelingt auf Anhieb. Wir hovern mit 36 Zoll Hg Ladedruck zum Abflugpunkt.
Erst einmal fliege ich mit rund 150 km/h Reisefluggeschwindigkeit in Richtung Süden. Dabei steht die Ladedruckanzeige auf 34 Zoll Hg. Es gibt weiterhin keine Vibrationen. Mit Einsatz der elektrischen Trimmung, die bequem über einen Vierwege-Taster am Stick bedient wird, kann man auch mal »Hands off« bleiben. Wechselnde Rechts- und Linkskurven mit unterschiedlichen Schräglagen lassen sich leicht fliegen.
Der Hungarocopter HC 02 im Präzisionstest
Es fällt mir jedoch auf, dass der HC 02 bezüglich des Pedaleinsatzes ein Sensibelchen ist. Weil die beiden roten Fäden rechts und links des Mittelstegs der Frontscheibe nicht immer parallel stehen, lasse ich mir vom Nesis III die gewohnte Libelle anzeigen.
Besonders belastend sind für den Motor Drehungen um die eigene Achse im Schwebeflug oder bei geringer Fahrt. In nur zehn Fuß Höhe beginne ich das Manöver am Bahnanfang und kreisele an der Piste entlang. Erst einmal rechtsherum, dann linksherum – wo wegen der Rotordrehrichtung mehr Pedaleinsatz nötig ist. Jetzt die gleiche Übung noch einmal, aber in 30 Fuß Höhe und dadurch außerhalb des Bodeneffekts. Ohne das bodennahe Luftpolster braucht ein Hubschrauber bis zu zehn Prozent mehr Motorleistung für diese Manöver.
Leistung, Präzision und das Gefühl von Freiheit
Auch der HC 02 möchte jetzt deutlich mehr Linkspedal haben. Um den Wind zu korrigieren, muss ich in bestimmten Drehpositionen noch viel stärker ins Pedal treten. Aber weder beim Pedalweg noch beim Ladedruck komme ich an kritische Grenzen. Der turbogeladene Rotax 915 iS ist in der Tat eine gute Motorwahl.
Am Nachmittag, die Temperaturen liegen jetzt um die 25 Grad, möchte ich gerne einmal ohne Türen fliegen. Dabei wird mir demonstriert, dass der Ausbau der Flügeltüren in Minutenschnelle erledigt ist. Dank der aerodynamischen Zelle strömt der Fahrtwind im Flug an den Türöffnungen vorbei und es entsteht bei keiner Geschwindigkeit »nerviges Blubbern« im Inneren. Das ist für mich »Hubschraubern pur« – leider geht der Freiluftflug viel zu schnell vorbei.
Autorotation im Hungarocopter HC 02
Zurück am Platz Vilsbiburg möchte ich noch das Notverfahren der Autorotation testen – also das Landen mit simuliertem Triebwerksausfall. In 1500 Fuß über Grund schalte ich den Governor aus, drehe das Drehgas auf Leerlauf und drücke den Kollektivhebel herunter. Mit 100 km/h Fahrt und einer moderaten Sinkgeschwindigkeit von 1500 ft/min segeln wir dem anvisierten Landefeld entgegen. Die Rotordrehzahl lässt sich dabei mit dem Pitch leicht im grünen Bereich halten, sonst warnt der Bordcomputer.
In geschätzt zehn Metern Höhe nehme ich durch Ziehen am Steuerknüppel die Fahrt heraus und bremse das vertikale Sinken durch Ziehen des Kollektivhebels auf null ab. Nach dem »Überrollen« ermöglicht die im Rotorsystem verbliebene kinetische Energie, die durch die beschwerten Blattspitzen besonders hoch ist, ein gemächliches und weiches Aufsetzen. Ich kenne leichte Hubschrauber, bei denen die Autorotation sehr fix gehen muss und so durchaus Adrenalinschübe auslöst. Doch das ist beim HC 02 nicht der Fall.
Helikopter fliegtMein Gesamteindruck
Den Hungarocopter HC 02 habe ich als rundum gutmütigen UL Hubschrauber kennengelernt, der nicht nur toll aussieht, sondern auch leicht zu beherrschen ist und keine Tücken zeigt. Die Motorisierung ist auch in komplexen Flugsituationen völlig ausreichend.
Es hat mir Spaß gemacht, den UL Helikopter fliegend kennenzulernen. Der Hersteller rechnet in Kürze mit der finalen deutschen Musterzulassung durch den DULV. Kommen wir abschließend zum Preis: Rund 250000 Euro netto wird der elegante Drehflügler hierzulande kosten.
- Hungarocopter HC-02
- 7,01 x 0,20 m
- 7,31
- 2,57
- 1,26 m
- 350 kg
- 600 kg
- 250 kg
- 2
- 1 x 37, 1 x 23 Liter
- Rotax 915 iS / 141 PS
- 18 bis 24 Pl/ha
- 1500 ft/min
- 250.000€
- www.ul-helicharter.com www.hungarocopter.hu 0172/879 83 96
Toni GanzmannToni Ganzmann hat europäische und amerikanische Fluglizenzen für Hubschrauber, Motorflugzeuge und Luftsportgeräte und ist als SPL- und PPL-Fluglehrer (FI) und PPL-Flugprüfer (FE) tätig. Professionelle Flugerfahrung erwarb er bei den Heeresfliegern der deutschen Bundeswehr und beim Offshore-Service in den USA. Für das fliegermagazin ist er als freier Autor tätig.
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