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Flugwetterberatung: Zu Besuch beim Deutschen Wetterdienst

Wer fliegen möchte, muss sich vorab das Wetter anschauen. Viele Privatpiloten greifen dabei auf flugwetter.de zurück und manch einer lässt sich am Telefon beraten. Doch wer erstellt die Vorhersagen überhaupt? Wir haben den Deutschen Wetterdienst (DWD) am Flughafen Hamburg besucht.

Von Isabella Sauer
Konzentration
Hoch konzentriert: Flugwetterberater Steffen Schröter sitzt an seinem Arbeitsplatz. Hier führt er telefonische Flugwetterberatungen durch und erstellt unter anderem Wettervorhersagen. Foto: Tim Reichert

Bisher hatte ich vor dem Theorieblock Meteorologie immer großen Respekt. Viele Piloten und Flugschüler sagten mir, dass es zu den schwierigsten Fächern gehört und sie es deswegen in der PPL-Ausbildung nach hinten geschoben hätten. Das habe ich bisher auch so gemacht. Nur vor jeder Flugstunde schaute ich mir kurz Flugwetterübersichten, den GAFOR (General Aviation Forecast) und aktuelle METARs und TAFs an. Meine bisherige Art der Flugwettervorbereitung.

Seit meinem Besuch beim Deutschen Wetterdienst (DWD), der in Hamburg unter anderem eine Luftfahrtberatungszentrale hat, sehe ich das Wetter aber mit anderen Augen – und die Motivation fürs Lernen ist auch da. Warum? Ich habe mir vom DWD einfach mal erklären lassen, wer die Wettervorhersagen macht, was den Job als Flugwetterberater ausmacht, und durfte sogar das Messfeld auf dem Gelände des Hamburger Flughafens besuchen. Das hat sich gelohnt!

Flugwetterberatung beim DWD: Jeder Besucher ist gern gesehen

Die Büroräume des DWD am Hamburger Flughafen sind nicht gerade einfach zu finden. Da muss man schon wissen, wo man hin will – so wie ich. „Einfach zum Terminal 2, hoch zum Restaurant Marché und dann links halten“, hatte man mir vorher als Beschreibung genannt. Und siehe da, am Fahrstuhl klebt eine Übersicht mit „Terminal 2 Haus F, 4. Stock, Deutscher Wetterdienst Niederlassung Hamburg“. Sekunden später stehe ich auf einem langen Flur, von dem einzelne Räume abgehen, an den Wänden hängen Wetterkarten und ich werde von Jennifer Doerkopf, der Leiterin der Luftfahrtberatungszentrale Hamburg, und ihrem Stellvertreter Felix Herz begrüßt. Schnell erfahre ich, dass grundsätzlich jeder den DWD besuchen kann. „Wir liegen nicht im sicherheitsrelevanten Bereich“, sagt Doerkopf und lacht.

Erstes Kennenlernen: Jennifer Doerkopf (M.), Leiterin des LBZ-Nord, und ihr Kollege Felix Herz erklären Online-Chefredakteurin Isabella Sauer die Aufgaben des Deutschen Wetterdienstes. Foto: Tim ReichertErstes Kennenlernen: Jennifer Doerkopf (M.), Leiterin des LBZ-Nord, und ihr Kollege Felix Herz erklären Online-Chefredakteurin Isabella Sauer die Aufgaben des Deutschen Wetterdienstes. Foto: Tim Reichert
Erstes Kennenlernen: Jennifer Doerkopf (M.), Leiterin des LBZ-Nord, und ihr Kollege Felix Herz erklären Online-Chefredakteurin Isabella Sauer die Aufgaben des Deutschen Wetterdienstes. Foto: Tim Reichert

Die Flugwetterberatung ist eine der zentralen Aufgaben des DWD. Und es gibt gleich mehrere Möglichkeiten, beraten zu werden: Die meisten Piloten nutzen die Internetseite www.flugwetter.de. Auf dieser Website stellt der DWD im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben meteorologische Informationen für das Selbstbriefing zur Verfügung. Es können also aktuelle Meldungen und Vorhersagen für die Flugroute zusammengestellt werden. Wer möchte, kann auch die DWD Flugwetter-App nutzen.

Flugwetterberatung: Für die Nutzung der Website ist eine Lizenz erforderlich

Für die Nutzung muss eine Lizenz erworben werden. Es gibt verschiedene Modelle, beispielsweise den Datenzugang für eine Einzellizenz für zwölf Monate. Die kostet dann 66,81 Euro plus Mehrwehrtsteue, also für Deutschland 79,50 Euro. Jennifer Doerkopf nennt einen Vorteil dieses Systems: „Alle Aktivitäten auf www.flugwetter.de und in der Flugwetter-App werden protokolliert und archiviert. So lässt sich nachweisen, dass ein Pilot die gesetzlich vorgeschriebene Flugvorbereitung gemacht hat.“

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Wenn es zu einem Flugzeugabsturz eines Piloten auf deutschem Gebiet kommt, fragt die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung auch beim DWD an, ob der Pilot vorher eine Flugwetterberatung durchgeführt hat. Kostenlos ist unter www.dwd.de nur ein Teil der Flugwetter-Informationen zu haben – ob der für eine Flugvorbereitung ausreicht, muss der Pilot entscheiden – und es hängt sicher auch vom Wetter ab. Dort finden sich zum Beispiel der GAFOR, Niederschlagsund Blitzkarten sowie ein Drei-Tages-Bericht. Ein Hinweis: Die GAFOR-gebietsbezogene Vorhersagen für Segelflieger und Ballonfahrer sind im kostenfreien Bereich zu finden.

Polizei und Rettungsdienst rufen oft für eine Flugwetterberatung an

„Eine andere Möglichkeit sich beraten zu lassen, ist ein klassischer Anruf“, sagt der 27 Jahre alte Felix Herz, der beim Deutschen Wetterdienst Meteorologie studiert hat und dann eine Lizenz für den Flugwetterdienst erwarb. Besonders häufig melden sich Ballonfahrer oder auch Privatpiloten unter einer der kostenpflichtigen Nummern zur individuellen Beratung.

Hinzu kommen beispielsweise Anrufe von Polizeihubschraubern und dem Rettungsdienst, denn auch das sind Sichtflieger, die Informationen zu Sichtweiten, Windverhältnissen, Bewölkung und Wettererscheinungen benötigen. Für solche Notfälle gibt es ein „rotes Telefon“, da es um Leben und Tod geht. „Da lassen wir dann alles stehen und liegen. Diese Beratung hat absoluten Vorrang“, erklärt Herz.

Entscheiden muss immer noch der Pilot

Doch wie häufig wird in der heutigen Zeit überhaupt noch zum Telefon gegriffen? 2022 waren es an allen fünf Luftfahrtberatungszentralen rund 24 – 500 Anrufe. Die Gespräche kosten Geld, pro Minute 1,24 Euro, und werden aufgezeichnet. „Stift und Zettel sollte sich jeder bereitlegen, wenn er uns anruft“, rät Herz. Ganz wichtig: „Wir können den Piloten nicht die Entscheidung für einen Flug abnehmen, aber wir unterstützen sehr gern dabei“, sind sich die beiden Dienststellenleiter einig. Manchmal gebe es zwar ganz eindeutige Faktoren wie Gewitter, aber bei Nebel sehe das schon anders aus. „Dann versuchen wir, zeitliche und räumliche Alternativen aufzuzeigen“, ergänzt Jennifer Doerkopf, die selbst Privatpilotin ist.

Warum so unregelmäßig? Flugwetterberater Steffen Schröter erklärt Flugschülerin Isabella Sauer die Aufteilung der GAFOR-Gebiete in Deutschland.Warum so unregelmäßig? Flugwetterberater Steffen Schröter erklärt Flugschülerin Isabella Sauer die Aufteilung der GAFOR-Gebiete in Deutschland.
Warum so unregelmäßig? Flugwetterberater Steffen Schröter erklärt Flugschülerin Isabella Sauer die Aufteilung der GAFOR-Gebiete in Deutschland. Foto: Tim Reichert

Nachdem wir uns zunächst in einem Besprechungsraum über die Aufgaben einer Flugwetterberatungszentrale ausgetauscht haben, suchen wir den Ort des Geschehens auf. Wir kommen in einen schmalen, dafür aber sehr langgezogenen Raum. Hier steht ein Schreibtisch neben dem anderen, jeder hat gleich mehrere Bildschirme. 15 Flugwetterberater arbeiten in Hamburg, deutschlandweit sind es 75. Die meisten sitzen direkt an Flughäfen, mit Blick aufs Vorfeld. Einer von ihnen ist Steffen Schröter aus Wedel. Er hat an diesem Tag mit dem Frühdienst angefangen. „Das Büro ist an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden besetzt. Wir arbeiten im Schichtdienst“, sagt er.

Dann erklärt er, was er neben der Flugwetterberatung an Aufgaben hat: „In Hamburg erstellen wir auch den GAFOR. Das ist die Gebietswettervorhersage für die Allgemeine Luftfahrt für Sichtflugbedingungen unterhalb von Flugfläche 100.“ Insgesamt gibt es 68 GAFOR-Gebiete in Deutschland, sie sind in fünf geografische Bereiche eingeteilt. „Hamburg kümmert sich um den Bereich Nord, also die Gebiete 00 bis 10“, sagt Schröter und zeigt auf seinen Bildschirm. Der Bereich geht von Nordfriesland bis an den Teutoburger Wald.

Mit dem Follow-me-Car zur Wetterstation

Ein Highlight wartet noch am Ende meines Besuchs: Wir fahren mit einem Follow-me-Car zur Wetterbeobachtungsstation, die nur 400 Meter von der Start- und Landebahn entfernt liegt. Dort treffe ich Marc Wenthe, der seit 29 Jahren beim DWD angestellt ist und viele Jahre Wetterbeobachter war.

Aufmerksam zuhören: DWD-Mitarbeiter Marc Wenthe erklärt Flugschülerin Isabella Sauer das Wolkenmessgerät und dessen Lasertechnik. Foto: Tim ReichertAufmerksam zuhören: DWD-Mitarbeiter Marc Wenthe erklärt Flugschülerin Isabella Sauer das Wolkenmessgerät und dessen Lasertechnik. Foto: Tim Reichert
Aufmerksam zuhören: DWD-Mitarbeiter Marc Wenthe erklärt Flugschülerin Isabella Sauer das Wolkenmessgerät und dessen Lasertechnik. Foto: Tim Reichert

„Noch vor einem Jahren war ich täglich hier draußen. Da war das eine offizielle Flugwetterwarte, und ich habe jeden morgen eine Kontrollmessung für den Niederschlag durchgeführt. Danach erstellte ich am Computer Meldungen für den Flugwetterdienst, die sogenannten METAR-Meldungen.“, erinnert er sich. Mittlerweile läuft hier alles digital und automatisch ab. Die rund 40 Messinstrumente, die hinter dem Gebäude der Flugwetterwarte auf dem Messfeld  und auf dem Flughafen verteilt  stehen, liefern die Messwerte an ein Datenerfassungssystem. Von dort aus werden die Daten im 10-Sekundentakt direkt an den jeweiligen Tower der Deutschen Flugsicherung gegeben, werden im DWD für die vollautomatische Flughafenwettermeldung verarbeitet und dienen der Wetterüberwachung und der Wettervorhersage.

Laserstrahl bis an die Wolken

Marc Wenthe betritt mit mir den umzäunten Klimagarten und weiß zu jedem Messgerät etwas zu erzählen. Auch ein paar Extremwerte hat er parat: Die höchste Schneehöhe von 67 Zentimetern gab es am 18. Februar 1979 in Hamburg, am kältesten war es mit minus 29,1 Grad am 13. Februar 1940.

Unscheinbar, aber oho! Das Gerät misst die Laufzeit eines vom Boden senkrecht nach oben ausgesandten Lichtpulses eines Lasers zur Wolke und zurück. Aus dieser Laufzeit und der Lichtgeschwindigkeit wird die Höhe der Wolkenuntergrenze errechnet. Foto:Tim ReichertUnscheinbar, aber oho! Das Gerät misst die Laufzeit eines vom Boden senkrecht nach oben ausgesandten Lichtpulses eines Lasers zur Wolke und zurück. Aus dieser Laufzeit und der Lichtgeschwindigkeit wird die Höhe der Wolkenuntergrenze errechnet. Foto:Tim Reichert
Unscheinbar, aber oho! Das Gerät misst die Laufzeit eines vom Boden senkrecht nach oben ausgesandten Lichtpulses eines Lasers zur Wolke und zurück. Aus dieser Laufzeit und der Lichtgeschwindigkeit wird die Höhe der Wolkenuntergrenze errechnet. Foto:Tim Reichert

Dann bleiben wir vor einem unscheinbaren, viereckigen hohen Kasten stehen. „Das hier ist ein Wolkenmessgerät mit Lasertechnik“, sagt der 48-Jährige. Das Gerät misst die Laufzeit eines vom Boden senkrecht nach oben ausgesandten Lichtpulses des Lasers zur Wolke und zurück. Aus dieser Laufzeit und der Lichtgeschwindigkeit kann dann die Höhe der Wolkenuntergrenze bestimmt werden.

Wir gehen etwas weiter und bleiben immer wieder vor Messgeräten stehen, die er mir ausgiebig erklärt. Ich freue mich darüber, dass er sich so viel Zeit für mich nimmt und gleichzeitig merke ich, wie interessant das Thema Meteorologie sein kann. Der Gedanke daran, mich bald mehr damit zu beschäftigen, jagt mir keine Angst mehr ein. Im Gegenteil: Jetzt will ich sehen, wie sich all die Informationen in meiner fliegerischen Praxis nutzen lassen.

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Über den Autor
Isabella Sauer

Isabella Sauer ist Jahrgang 1991, studierte in Bamberg Kommunikationswissenschaft und absolvierte anschließend ein Volontariat bei Auto Bild. Seit ihrer Jugend ist sie journalistisch tätig und arbeitete für große Verlagshäuser, darunter Axel Springer und die Funke Mediengruppe. Print, Digital, Social Media - für Isabella hat jeder Inhalt das Potenzial, vielfältig aufbereitet zu werden. Und wie kam sie zum fliegermagazin? Das Thema Mobilität interessierte sie immer schon sehr. Ob Auto, Bahn, Camper, Airliner oder Fahrrad: Die Welt lässt sich aus vielen Perspektiven entdecken. Nun geht es für Isabella Sauer in die Luft. Seit März 2023 ist sie PPL-Flugschülerin und freut sich schon darauf, sich in ein neues Fachgebiet einzuarbeiten.

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