REISEN

Mittelmeerreise mit der Cirrus SR20 G6 nach Italien, Korsika und Slowenien

Oft beschränken sich Privatpiloten auf gewohnte Umgebung. Doch man wächst ja gerade mit seinen Herausforderungen, denken sich drei relativ frisch gebackene Piloten – und machen sich auf den Weg über die Alpen.

Von Redaktion
Geschafft: Der Flugplatz von Trento zwängt sich am Südausgang der Brennerroute über die Alpen zwischen Autobahn und dem Fluss Adige.
Geschafft: Der Flugplatz von Trento zwängt sich am Südausgang der Brennerroute über die Alpen zwischen Autobahn und dem Fluss Adige. Bild: FELIX LISSON

Unser erstes Etappenziel ist Trento in Nord-Italien. Das Wetter könnte für den Flug durch die Alpen auf der Brennerroute nicht besser sein. Um die Gesamtflugzeit der Reise fair zu vergeben und jederzeit genügend Kraftstoff an Bord zu haben, teilen wir so manches Leg in kürzere Abschnitte auf. Wir starten in unser erstes großes Auslandsabenteuer auf der Piste 08 des Flughafens Braunschweig/Wolfsburg (EDVE) mit der vereinseigenen Cirrus SR20 G6.

In Augsburg (EDMA) tanken wir gleich wieder voll. Das  Gepäcklimit pro Person und die Verteilung der Koffer im Flugzeug haben wir so festgelegt, dass wir für alle  Sitzkonfigurationen immer volltanken können – lieber eine Hose zu wenig als einen Liter Sprit. Um 10.33 Uhr startet Julian dann in Richtung Alpen. Er hat vor kurzem eine umfangreiche Alpeneinweisung gemacht und damit die größte Alpenerfahrung an Bord, daher fliegt er das Leg durch den Brennerpass. Die Aussicht im Anflug auf die Alpen ist spektakulär. Wir nähern uns der Zugspitze und umrunden sie einmal. Der Himmel ist strahlend blau. 

Spektakulär: Bei der Umrundung der Zugspitze hat die Cirrus jede Menge Zuschauer auf der prall gefüllten Terrasse in 2962 Metern Höhe.Spektakulär: Bei der Umrundung der Zugspitze hat die Cirrus jede Menge Zuschauer auf der prall gefüllten Terrasse in 2962 Metern Höhe.
Spektakulär: Bei der Umrundung der Zugspitze hat die Cirrus jede Menge Zuschauer auf der prall gefüllten Terrasse in 2962 Metern Höhe. Foto: Felix Lisson

Schon bald sind wir im italienischen Luftraum unterwegs

Wir wechseln von Langen Information zum Innsbrucker Tower, um den Durchflug durch die dortige Kontrollzone zu koordinieren, die genau auf der Route liegt. Alles kein Problem, wir sinken noch ein Stückchen tiefer, um die Aussicht zu genießen. Als nächstes bekommen wir die Frequenz von Bolzano und sind schon bald im italienischen Luftraum. Der Funk reicht hier nicht besonders weit, weil sowohl wir als auch die Bodenstation unterhalb der Bergkämme sind. Bolzano erreichen wir erst am Funk, als wir den Platz schon fast in Sicht haben. Der Durchflug durch die Kontrollzone wird problemlos koordiniert und wir werden auf die Frequenz von Trento (LIDT) weitergereicht.

Auch hier dasselbe Spiel: Den Kontakt können wir erst herstellen, als der Platz schon fast in Sicht ist. Wir fliegen an der Westseite des Tals in den Gegenanflug zur Piste 36, es herrscht reger Schleppflugbetrieb. Gelegentlich tönt es aus der Avionik: »Terrain ahead – pull up!« Alle sechs Augen schauen aufmerksam raus, und der erste Flugtag wird mit einer butterweichen Landung gekrönt. 

Kleine Brotzeit: Die Leckereien im Flugplatzrestaurant von Trento reichen für drei: Foto: Felix Lisson

Trento ist die Hauptstadt der Region Trentino und hat 118 000 Einwohner. Wir schlendern etwas durch die Innenstadt vorbei an der Cattedrale di San Vigilio, die um das Jahr 1200 im lombardisch-romanischen Stil am Übergang zur Gotik neu gebaut wurde. 

Als nächstes geht es nach Propriano auf Korsika

Am nächsten Tag ist Propriano (LFKO) auf Korsika unser Ziel. Felix darf das etwa zweieinviertel Stunden dauernde Leg fliegen. Schnell machen wir der Flugplan, checken die Lufträume, planen Höhen, sortieren Frequenzen vor und spielen den Flug mit SkyDemon durch. Der Luftraum in Norditalien ist komplex, wir planen für Flugfläche 85 und somit zu einem großen Teil im freigabepflichtigen Luftraum.  

Wir wohnen im Hotel direkt am Platz, nach dem Check-out stehen wir also gleich auf dem Vorfeld. Was jetzt kommt, haben wir drei eher unerfahrene Piloten noch nie gemacht: Für die etwa 180 Nautischen Meilen über das Mittelmeer legen wir Rettungswesten an; eine Rettungsinsel liegt auf dem Rücksitz.  

Vor lauter Linien auf den Karten sieht man kaum das Gelände

Die korsischen Berge erheben sich bis auf gut 8000 Fuß, die Ostküste der Insel wird durch den Militärflugplatz Solenzara und seine Sperrgebiete großräumig abgedeckt. Da sehen wir kein sinnvolles Durchkommen. Also führt unsere Route um die Nordspitze von Korsika herum und dann entlang der Westküste nach Propriano im Südwesten. Aber wer bei Norditalien nur an die flache Po-Ebene denkt, liegt falsch: Schon dort erhebt sich der nördliche Apennin in der Toskana bis fast 6000 Fuß. 

Voller Vorfreude: Die drei Piloten Felix Lißon, Julian Glaab und Stefan Zerbst (v. l.) in der Cirrus SR20 kurz nach dem Start in Braunschweig: Foto: Stefan Zerbst

Ansonsten verläuft der Flug, ganz anders als erwartet, vollkommen reibungslos. Der Blick auf die VFR-Karte zeigt extrem komplexe und verschachtelte Lufträume – wir hatten aufwendige Verhandlungen um Freigaben und Umleitungen erwartet. Vor lauter Linien auf der Karte sieht man teilweise kaum noch das Gelände. In der Praxis ist es ganz leicht. Beim Start reicht uns der Tower direkt an die nächste Frequenz weiter. Dort erklären wir unser Anliegen: aktuelle Position, nächster Wegpunkt, estimated time overhead, geplante Flughöhe und so weiter. Da hilft der aufgegebene Flugplan nicht viel, ATC will es trotzdem von uns hören. Dann aber koordinieren die Lotsen direkt mit dem nächsten Sektor und reichen uns weiter. Die Italiener sind im Funk auf Englisch sehr gut zu verstehen. 

Wir verlassen also die Alpen am Südende des Gardasees und erhalten genau unsere entlang von IFR-Wegpunkten geplante Route. Der Abflug auf das Mittelmeer hinaus ist sehr sehenswert. Das ist doch etwas anderes als die Ostsee! Hier und da sehen wir ein Containerschiff, eine Fähre, Segelyachten – und vor allem jede Menge Wasser. Es ist beruhigend, mit einer Cirrus unterwegs zu sein, die mit CAPS (Cirrus Airframe Parachute System) ausgestattet ist. Dieses Rettungssystem würden wir für eine Notwasserung nutzen.

Spektakulärer Anflug auf Propriano

Korsika kommt langsam in Sicht und wir sprechen nun mit den französischen Lotsen von Marseille Info. Nordwestlich von Korsika werden wir dann gebeten, auf 2000 Fuß zu sinken, um dem an- und abfliegenden Verkehr von Calvi und Ajaccio aus dem Weg zu gehen. Wir fliegen tief an der Westküste entlang und genießen beeindruckende Ausblicke. Entlang der VFR-Meldepunkte NW, W, SA und S geht es dann durch die Kontrollzone Ajaccio, bevor wir nach Osten Richtung Propriano abdrehen. Den Flugplan können wir netterweise direkt per Funk schließen – perfekt!

Direkt am Strand: Der kleine Flugplatz
von Propriano auf Korsika liegt wunderschön zwischen Meer und Bergen. Foto: Felix Lisson

Der Anflug auf Propriano ist spektakulär. Es ist eine enge Bucht, am Mittag weht bereits ein Seewind. Also Einflug an der südlichen Hangseite, wieder hören wir Terrain-Warnungen im Headset. Propriano ist ein unkontrollierter Flugplatz, Flugleiter gibt es hier nicht, also bekommen wir keine Rückmeldung per Funk. Kurz vor dem landseitigen Ende des Tals drehen wir vor dem ansteigenden Terrain in den Endanflug und genießen den Ausblick über die Piste direkt auf das Mittelmeer. Rechts liegt das kleine Fischerdorf Propriano im Golf de Valinco. Nach der Landung rollen wir gleich zum Tanken. Per Taxi geht es dann vom Flugplatz in den Ort. 

Mit der Cirrus weiter nach Slowenien

Es soll früh losgehen am nächsten Morgen. Den Flug nach Portoroz (LJPZ) haben wir in zwei Legs aufgeteilt, mit einem kurzen Stopp in Reggio Emilia (LIDE). Vorab haben wir Kontakt mit dem Flugplatz aufgenommen, um uns anzumelden und die Spritverfügbarkeit zu prüfen. Die Antwort kam prompt. Es kann losgehen: Auf nach Slowenien! 

Das erste Leg ist fast identisch mit dem des Vortags, nur eben umgekehrt. Neu für uns: Die Startrichtung legen wir selbst fest, da niemand am Funk ist. Bei etwa acht Knoten Landwind fällt die Entscheidung nicht schwer: Wir starten landeinwärts und dann nach einer Umkehrkurve im Tal raus aufs Meer. Wieder fliegen wir in 2000 Fuß durch die Kontrollzone von Ajaccio und dann weiter die Küste entlang nach Norden. Die Nordspitze Korsikas verlassen wir dann mit Freigabe in Flugfläche 85 in Richtung Italien.

Tiefer Überflug in Lido di Venezia

Wir fliegen nun weiter südlich als am Vortag aufs italienische Festland zu. Hier hat die Toskana sogar Berge bis in 7000 Fuß. Dazu kommen ein paar Wolken über den Gipfeln, sodass wir noch ein wenig mehr nach Süden ausweichen müssen. In Reggio Emilia erwartet man uns schon und gibt uns einen direkten Einflug in den Queranflug zur Piste 11. Im Terminal geben wir der Flugplan nach Portoroz auf. Erneut werden wir von Lotse zu Lotse durchgereicht. Einfach nur klar sagen, was man vorhat – dann kommt auch schon die Freigabe. Mit Padova Approach sprechen wir einen tiefen Überflug in Lido di Venezia (LIPV) ab. Auch das ist kein Problem – den legendären Flugplatz gleich neben der Lagunenstadt wollen wir uns wenigstens im Vorbeiflug ansehen. Und unsere Kameras laufen heiß.

Portoroz: Der Platz in Slowenien ist eine absolute Empfehlung, wenn es um die freund- lichsten Flugplätze der General Aviation geht. Foto: Felix Lisson

Der Anflug auf Portoroz ist sehenswert. Über Funk melden wir, dass wir AvGas tanken wollen. Großartig: Am Rollweg wartet bereits ein Follow-Me-Golfcart und führt uns zu unserer Parkposition.

Eine Kaltfront nähert sich

Wir planen den vorletzten Tag: Eine stationäre Kaltfront mit viel frischer, labiler und hochreichend feuchter Luft bewegt sich von West nach Ost. Morgen soll sie von den südlichen Alpen bis nach Dänemark reichen. Eigentlich wollten wir über Salzburg zurück nach Braunschweig fliegen. Nun wird Lyon in Frankreich das neue Tagesziel! So kommen wir hinter der Front im Westen um die Alpen herum. Die Route führt über die Adria zurück nach Italien, dann übers Mittelmeer Richtung Nizza, um westlich der hohen Alpenkämme im Tal der Rhône nach Norden zu fliegen. Das ist natürlich ein großer Umweg im Vergleich zum kurzen Leg nach Salzburg. Es ist rückblickend aber sehr wertvoll, dass wir die Entscheidung im Kollektiv so getroffen haben: In den Alpen ist das Wetter wegen der Front sehr schlecht. 

Doch auch auf unserer Route zeigt sich: Je weiter wir nach Westen kommen, desto schlechter wird das Wetter. Bis weit in Richtung Süden zeigt sich mittlerweile eine Tendenz von scattered zu broken. Über der Mitte von Italien müssen wir dann erste Wolkentürme umfliegen und dazu einige Male neue Steuerkurse anfragen. Zum Teil befinden wir uns sogar zwischen Wolkendecken. Einen Ausweichplatz haben wir zu jeder Zeit als Option im Hinterkopf, Erdsicht ist immer gegeben.

Anflug auf Lyon-Bron: Der Platz mit der ICAO- Kennung LFLY liegt ganz nah an der französischen Großstadt. Foto Stefan Zerbst

Wir haben zwei Vorteile: Drei Piloten entscheiden gemeinsam, wie es weitergeht. Und: Die moderne Avionik ermöglicht den Abruf von Radar- und Satellitenbildern im Flug. Die zeigen über dem Mittelmeer keine Wolken. Wie heißt es so schön: Man fliegt nicht das Wetter, das geplant ist, sondern das Wetter, das tatsächlich da ist.

Das Wetter in Deutschland sieht nicht gut aus

Südlich der Kontrollzone Genova erreichen wir das Mittelmeer und fliegen auf Albenga zu. Die Alpen reichen bis kurz vor Nizza noch in beachtlicher Höhe bis an das Meer heran, auf den Bergen liegen einige Wolken. Auf Höhe Cannes sinken wir auf etwa 5500 Fuß unter die Wolken. Das Gelände wird flacher und die Wolkendecke über uns lichter. Endlich können wir nach Norden drehen.

Schließlich sind wir im Anflug auf Lyon. Dort gibt es einen Verkehrsflughafen sowie Lyon-Bron, einen immer noch großen Flughafen für die Allgemeine Luftfahrt. Er hat die unwiderstehende ICAO-Kennung LFLY. Die Landung in schönstem Wetter bei strahlend blauem Himmel verläuft ereignislos, wir tanken und parken dann auf dem Vorfeld. Das Wetter in Deutschland sieht aktuell weiterhin mies aus. Vom östlichen Frankreich bis nach Polen overcast oder broken um die 2000 Fuß, manchmal auch tiefer. 

Anflug auf Koblenz ist sehr sehenswert

In Lyon spazieren wir durch die Altstadt, hoch zur NÔtre-Dame de Fourviere und zum Amphitheater. Eine nette Aussicht über die Stadt gibt es da oben. Dann folgt die Planung für den letzten Tag. Das Wetter wird insgesamt akzeptabel sein. Das erste Leg soll nach Koblenz gehen, von dort direkt nach Braunschweig. Wir teilen wieder fair auf, sodass am Ende alle etwa auf dieselbe Flugzeit kommen.  

Hinter den Bergen_ Am Fuß der französischen Seealpen wird Im Lac de Sainte-Croix der Fluss Verdon aufgestaut. Foto: Julian Glaab

 Jedes noch so schöne Abenteuer geht einmal zu Ende. Die Kontrollzonen Nancy und Metz sind am Vormittag noch gar nicht aktiv. Der Anflug auf Koblenz ist wieder sehr sehenswert, da der Flugplatz auf einem Hang direkt an der Mosel liegt, dicht an deren Mündung in den Rhein. Die Treibstoffplanung erfordert kein weiteres Auftanken mehr. Die Bewölkung in Braunschweig soll bei few clouds bleiben. Nach zwei anderen anfliegenden Flugzeugen starten wir auf der Piste 06 in Koblenz bei leicht turbulentem Wind, drehen vor der Stadt zunächst nach Nordwesten und steigen auf 5500 Fuß, knapp unter den Wolken. Nach einigen Sichtungen von Segel- und Motorflugzeugen gehen wir dann aber kurz hinter Siegerland lieber on-top auf 7500 Fuß. Die Wolkendecke wird unter uns langsam immer dichter und steigt über Kassel nochmal deutlich an. Wir passieren den Harz und werden von Langen Information noch auf ein Event am Segelflugplatz Salzgittersee hingewiesen. Die Information hatten wir bereits aus den NOTAMs, sind aber dennoch dankbar für die Erinnerung.

Beim VFR-Fliegen ein wenig Flexibilität mitbringen

 Nach der Reise ist vor dem Putzen: Auch das nächste Vereinsmitglied soll sich an dieser großartigen Maschine erfreuen können. Bei der Flugzeugwäsche beginnt bereits die finale Auswertung unseres Abenteuers. Alle fanden die Reise super und haben einen Sack voller schöner Erinnerungen im Gepäck. Jeder Flugplatz, den wir besucht haben, hatte seinen ganz eigenen Charme, ebenso wie jedes Hotel und jede Stadt auf der Reise. Und das gilt auch für jedes Wetter, das wir beflogen haben. 

Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Europa ist für uns auf einmal sehr viel kleiner geworden, und es nur nach VFR zu befliegen, ist auch gar nicht schwer. Man muss nur ein bisschen Flexibilität mitbringen.

Text und Fotos: Felix Lisson 

Schlagwörter
  • Mittelmeer
  • Alpen
  • Korsika
  • Cirrus SR20
  • Italien