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Flugplatz Nancy-Essay – LFSN

Die lothringische Stadt Nancy bietet all das, was unseren Nachbarn im Westen nachgesagt wird: exquisite Küche, pompöse Architektur und ein heiteres Lebensgefühl

Von Redaktion

Zwei Dinge sollte man vor dem Start nach Nancy unbedingt tun. Erstens, sich die französische Luftraumstruktur genau ansehen, um die unzähligen beschränkten Lufträume, die sogenannten LF-Rs, zwischen der Grenze und dem Zielflugplatz zu checken. Das ist der einfachere Teil der Flugvorbereitung, denn Reims Info übernimmt mittels Radar Contact unaufgefordert die Führung und teilt die Höhe so zu, dass der Luftraum D von Metz-Nancy nicht angekratzt wird. Zweitens sollten die Basics in französischer Konversation aufpoliert werden. Nicht für Reims Info und Nancy Info, die kommen mit Englisch ganz gut klar und versuchen erst gar nicht, auf Französisch umzusteigen – jedenfalls nicht bei einem November-zugelassenen Flugzeug. Aber für den Taxifahrer. Offensichtlich begeistert davon, dass die Lust auf Sightseeing der einzige Grund ist, um von Allemagne nach Nancy geflogen zu kommen, fühlt er sich umgehend zum Fremdenführer berufen.

Nur zehn Euro später wissen wir, was wir unbedingt sehen müssen, weil’s très jolie ist, welche Route zu Fuß die beste ist und wo es welche Delikatessen zu kaufen gibt. Nebenbei erklärt er fachmännisch, dass sich zu viele Aéroports in der Region gegenseitig Konkurrenz machen. Außer Nancy-Essey (LFSN), der direkt neben der Stadt liegt, gibt’s im näheren Umkreis noch Nancy-Malzeville (LFEZ), Nancy-Azelot (LFEX) und mitten im Niemandsland Metz-Nancy-Lorraine (LFJL). Tatsächlich wirkte der Platz trotz seiner 1400-Meter-Piste und der Nähe zur zweitgrößten Stadt Lothringens bei unserer Ankunft ziemlich ausgestorben. Aber immerhin kommen 25 000 Flugbewegungen pro Jahr zusammen, die zum Großteil Privatpiloten zu verdanken sind. Und für die stimmt der Service allemal: unser Flugplan wurde prompt geschlossen und das Taxi bestellt.

Nancy-Essey: Mit 1400 Metern Asphalt ist der Flugplatz auch für schnelle Maschinen gut geeignet

Am Place Stanislas ausgestiegen, setzt man sich besser sofort wieder hin, um in einem der zahlreichen Straßencafés erst mal aus dem Staunen raus zu kommen. Wow! Offensichtlich haben unsere Nachbarn nicht erst seit Napoléon einen leicht dekadenten Hang zum Prunk. Aber – das muss man ihnen lassen – mit unschlagbarem Stil. Nicht von ungefähr wurde 1993 das architektonische Ensemble aus Place Stanislas, Place de la Carrière und Place d’Alliance von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Frisch restauriert ist dem Place Stanislas nicht anzusehen, dass er bereits vor drei Jahren seinen 250. Geburtstag gefeiert hat. Zu Recht gilt er als der schönste Königsplatz Europas. Überall Blattgold, kunstvoll geschmiedete Gitter und Balkone, klassizistische Fassaden und üppige Barock-Ornamente. Früher waren alle Häuser um den quadratischen Platz mit schmiedeeisernen, vergoldeten Balkonen geschmückt, wie sie nur noch am Rathaus erhalten sind.

Außerdem sind das Opern- und Schauspielhaus von Nancy, das Kunstmuseum Musée des Beaux-Arts und das Grand Hôtel in den palastähnlichen Gebäuden untergebracht. Die vier Ecken des Place Stanislas sind durch prächtige, schmiedeeiserne Tore begrenzt. Königslilie, französisches Wappen und gallischer Hahn tauchen immer wieder als Motive auf. Am Nordwest-Tor und Nordost-Tor hat Barthélemy Guibal zwei Brunnen im Rokokostil geschaffen, die den Meeresgott Neptun und seine schöne Gattin Amphitrite darstellen. Auch hier wurde nicht an Blattgold und heraldischem Blau gespart. Aus der gleichen Zeit stammt die Porte Royale, der monumentale Triumphbogen, der in die Stadtmauer integriert wurde, um eine Verbindung von Alt- und Neustadt zu schaffen. Das Königstor bildet den Durchgang zum angrenzenden Place de la Carrière. An den Seiten dieses ehemaligen Turnierplatzes haben heute Gerichte ihren Amtssitz, am Nordende weht die Trikolore vor dem Palais du Gouvernement.

Nicht von ungefähr heißt es, Nancy sei die mediterranste Stadt Ostfrankreichs

Zu verdanken ist die ganze Pracht König Stanislas I. Leszczynski von Polen, dessen Statue den nach ihm benannten Platz überblickt. Seit der Niederlage im Polnischen Erbfolgekrieg 1737 bis zu seinem Tode 1766 regierte Stanislas hier, erst danach fiel Lothringen und damit auch Nancy an Frankreich. Abseits der Prachtbauten hat Nancy einen sehr urtümlichen Charme. Typisch französische Gässchen und unzählige kleine Restaurants prägen das Stadtbild. Manchmal meint man, hinter der nächsten Straßenbiegung müsse das Meer auftauchen. Nicht von ungefähr heißt es, Nancy sei die mediterranste Stadt Ostfrankreichs. Und alle paar Meter lockt eine Bäckerei mit unwiderstehlichen Düften.

Einen Blick reinzuwerfen lohnt sich oft nicht nur wegen den Süßigkeiten, denn viele Gebäude offenbaren innen wie außen Elemente aus der Zeit des Jugendstils. Hier ein Kronleuchter, dort eine ganze Fassade oder eine atemberaubende Stuckdecke. Beliebtestes süße Mitbringsel aus Nancy sind Bergamotte-Bonbons, die überall in wunderbaren alten Blechdosen angeboten werden. Auch die bekannten Madeleines haben hier erstmals für Furore gesorgt. Ein Kammermädchen namens Madeleine musste bei einem Empfang für Stanislas’ Konditor einspringen, der gekündigt hatte. Madeleine kannte nur ein einziges altes Familienrezept, das aber hat die Gäste des Herzogs begeistert, so erzählt es jedenfalls die Legende.

Wer es eher herzhaft mag, wird mit deftigen regionalen Spezialitäten wie Quiche Lorraine oder einem Lothringer Eintopf glücklich. Nach einem derartigen Besichtigungs-Mammutprogramm ist die Vorbereitung des Heimflugs an der „Pilot Information“-Station im Tower wohltuend problemlos: pc_met und NOTAMs stehen zur Verfügung. Um den Flugplan aufzugeben, muss der Pilot nur den Telefonhörer abheben, er ist dann automatisch mit BRIA Basel-Mulhouse verbunden. Und noch etwas macht hier richtig gute Laune: Avgas ist rund 50 Cent pro Liter günstiger als hierzulande und weckt Erinnerungen an gute alte Zeiten. Wiederkommen lohnt sich also in jeder Beziehung.

Nancy-Essey – Tipps und Info

So kommt man hin: Nancy-Essey liegt nur zwei Nautische Meilen östlich von Nancy direkt am Flüsschen Meurthe. Für den Flugplan bietet sich je nach Einflug Sarreguemines (LFGU) als Angabe des Grenzüberflugs an, ein kleiner Grasplatz südwestlich des VOR Zweibrücken direkt an der deutsch-französischen Grenze. Im weiteren Verlauf kann man sich gut am VOR Grostenquin GTQ orientieren. Von dort sind es bei Kurs 228 Grad noch 26 NM bis Nancy. Der Platz liegt im östlichen Randbereich, westlich der Stadt verläuft eine Autobahn in Nord-Süd-Richtung. Vorzugsweise ist die „03“ in Betrieb; anders als an kleineren französischen Plätzen ist ein Flugleiter auf dem Turm, der Infos über aktive Piste und Windrichtung gibt. Zur ersten Vorbereitung kann man sich in der französischen AIP unter www.sia.aviationcivile.gouv.fr das Anflugblatt ausdrucken.

Unterkunft: Das Office de Tourisme de Nancy ist zu erreichen über Telefon 0033/3 83 35 22 41 oder die Webpage www.ot-nancy.fr. Hier lässt sich vom Luxushotel bis zum Campingplatz alles buchen. Wer’s edel mag, geht ins Grand Hôtel am Place Stanislas. Die Mitarbeiter des Tourismusbüros stellen auch ein- oder mehrtägige Aufenthalte mit verschiedenen Führungen und Theater- sowie Konzertbesuche maßgeschneidert zusammen.
Gastronomie: Nur Paris kann mit einer höheren Dichte an Restaurants aufwarten, Hungrige haben also die Qual der Wahl.

Mitten im prallen Leben lässt sich in den malerischen Markthallen Appetit holen. Dienstag bis Samstag sind die Hallen von 7 bis 19 Uhr geöffnet; ein kleines Bistro bietet leckere Menues mit Zutaten frisch vom Markt. Typisch französisches Flair mit Spezialitäten und Weinen aus dem Elsass und Lothringen gibt’s ohne Ruhetag in der Altstadt im „Le P’tit Cuny“ in der Grande Rue, direkt gegenüber vom Musée Lorraine. Wer gehobene Küche in edlem Ambiente genießen möchte, ist im „Le Grenier a Sel“, 28, rue Gustave Simon, Telefon 00 33/3 83 32 31 98 oder im „La Mignardise“, 28, rue Stanislas, Telefon 00 33/3 83 32 20 22 genau richtig.

Aktivitäten: Die Altstadt, im Mittelalter rund um die Herzogsburg errichtet, darf bei keinem Stadtbummel fehlen. Die Porte de la Caraffe war im 15. Jahrhundert Teil der Befestigungsanlage. Sehenswert ist auch die Porte de la Citadelle, die Herzog Karl III. im 17. Jahrhundert erbauen ließ. Im ehemaligen Palais Ducal, ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert, ist heute das Musée Lorraine untergebracht. Von der Besichtigungstour kann man sich mitten in der Vieille Ville erholen: Der Parc de la Pépinière wurde 1765 von Stanislas als Baumschule gegründet und erstreckt sich heute über 21 Hektar.

Die Anlage im englischen Stil mit Pavillon, Restaurant und Zoo lädt zum Entspannen ein. Es lohnt sich auch, einen Blick in die im 19. Jahrhundert erbaute Basilika Saint-Epvre zu werfen: Alles was damals Rang und Namen hatte, unterstützte den Bau: Napoleon III., Kaiser Franz Joseph und Ludwig II. von Bayern. In der Rue du Sergent Blandan befindet sich das Jugendstilmuseum „Musée de l’École de Nancy“. Nicht nur die Ausstellungsstücke, auch die Architektur und Gartenanlage des Hauses von Eugène Corbin sind für Jugendstil-Fans ein Muss; geöffnet Mittwoch bis Sonntag von 10.30 bis 18 Uhr.

Text: Ulrike Schneider, fliegermagazin 11/2008