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Recht: Fliegen ohne Lizenz

Stellt sich nach einem Unfall heraus, dass der Pilot ohne gültige Lizenz unterwegs war, sind die Konsequenzen gravierend

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Fliegen ohne Lizenz:

Im fliegermagazin 1/2015 beschrieb die Unfallakte einen Startunfall, bei dem der Pilot und zwei seiner drei Passagiere tödlich verletzt wurden. Ursächlich war dem Artikel zufolge der Umstand, dass der Pilot mit seiner Robin DR400 in die nicht erkennbare Wirbelschleppe einer Antonov An-2 geriet. Der Doppeldecker war 39 Sekunden zuvor gestartet, seine Wirbelschleppe drehte die Robin auf die Seite, ein Abfangen des Luftfahrzeugs war wegen der geringen Höhe nicht mehr möglich. Im Schlussabsatz des Artikels ist zu lesen, dass die Fluglizenz des Piloten ungültig war. Auch wenn dies mit dem eigentlichen Unfallhergang nichts zu tun hat, würde mich interessieren, wie sich die straf- oder zivilrechtliche Seite darstellt. Haben der verantwortliche Pilot oder seine Hinterbliebenen mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen?

Dr. Roland Winkler antwortete

Aus rechtlicher Sicht ist es ein wichtiger Unterschied, ob der Pilot einen Unfall überlebt oder nicht. Nur für einen überlebenden Piloten, nicht für seine Hinterbliebenen, ergeben sich strafrechtliche Konsequenzen. Die sind erheblich, wenn Passagiere zu Schaden kommen: Dann kann ihm fahrlässige Tötung sowie fahrlässige Körperverletzung in Tateinheit mit dem Führen eines Luftfahrzeugs ohne Erlaubnis vorgeworfen werden. Zur Anwendung kommen die Vorschriften der Paragrafen 222 (fahrlässige Tötung) und 229 (fahrlässige Körperverletzung) des Strafgesetzbuchs sowie § 60 Abs. 1 Ziff. 2 des Luftverkehrsgesetzes, möglicherweise in Verbindung mit Abs. 2, der die fahrlässige Begehensweise unter Strafe stellt. Der Strafrahmen beträgt bei der fahrlässigen Tötung bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug, bei der fahrlässigen Körperverletzung bis zu drei Jahre und beim Fliegen ohne Lizenz bis zu zwei Jahre.

Bei lediglich fahrlässigem Fliegen ohne Erlaubnis ist eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen möglich. Das tatsächliche Strafmaß hängt von vielen Umständen ab, etwa davon, ob der Pilot vorbestraft ist. Sollte er bisher unbescholten gewesen sein, was wegen der Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) fast zwingend ist, dürfte sich die Strafe im Bereich unter zwei Jahren Freiheitsstrafe bewegen. Die Vollziehung wird in solchen Fällen üblicherweise zur Bewährung ausgesetzt, der Pilot muss nicht ins Gefängnis. Das Gericht wird allerdings auch noch eine Geldbuße verhängen, deren Höhe sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Piloten richtet. Die Geldbuße wird meist in einer Höhe festgesetzt, die „richtig weh tut“. Eine Luftfahrerlizenz wird es für den Piloten nicht mehr ohne weiteres geben, weil sich die Luftfahrtbehörde auf den Standpunkt stellen kann, dass Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen, wenn jemand mit abgelaufener Lizenz fliegt.

Fliegen ohne Lizenz: Bloß nicht ohne Schein!

Zusätzlich entstehen erhebliche zivilrechtliche Konsequenzen aus dem Fliegen ohne Lizenz. Wenn der Pilot beim Unfall stirbt, treffen diese seine Erben, sofern sie nicht die Erbschaft ausgeschlagen haben. In der Kaskoversicherung besteht in diesem Fall kein Versicherungsschutz: Schäden am Flugzeug müssen Pilot oder Hinterbliebene tragen. Die Halter-Haftpflichtversicherung schützt Personen und Sachen außerhalb des Flugzeugs, die Passagier-Haftpflicht Personen im Flugzeug, die CSL-Versicherung kombiniert beides. Diese Versicherungen werden zwar die beim Unfall Geschädigten oder deren Hinterbliebene entschädigen, die Ausgaben dann jedoch in voller Höhe vom Piloten oder seinen Erben zurückfordern. Hierbei spielt weder ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Absturz und fehlender Lizenz eine Rolle noch die Frage, ob der Pilot den Unfall hätte vermeiden können: Fliegen ohne Erlaubnis ist nämlich ein Risikoausschluss, der objektiv gilt.

Ebenso werden die Krankenversicherer der Geschädigten ihre Aufwendungen vom Piloten oder seinen Erben zurückverlangen. Hinzu kommen Bergungskosten, Gutachterkosten, Gerichts- und Anwaltsgebühren und andere Kosten. Der Pilot wird sich kaum darauf berufen können, dass die Wirbelschleppen nicht zu erkennen waren. Nur wenn ihm mittels eines Sachverständigen der Beweis gelänge, dass Wirbelschleppen nach einer vor ihm gestarteten Maschine unüblich sind, wäre er von der Haftung frei. Dann könnte ihm nämlich keine (leichte) Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.

fliegermagazin 3/2015

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