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Recht: Flugtauglichkeit und Cannabis

Der Genuss von Cannabis ist zu medizinischen Zwecken mittlerweile legal. Kann passives Rauchen dazu führen, nicht mehr flugtauglich zu sein?

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Flugtauglichkeit:

Meine Frau gehört zu einer der Gruppen von Erkrankten, die seit März vom Arzt mit Cannabis versorgt werden können. Aufgrund ihrer Erkrankung möchte meine Frau dieses Behandlungsangebot auch nutzen. Nun mache ich mir Sorgen, dass ich möglicherweise als Passivraucher oder Zubereiter des Cannabiswirkstoffs in Gebäckstücken sowohl meine Flugtauglichkeit als auch meine Zuverlässigkeit gefährden könnte. Ich werde selbst sicher nie aktiv konsumieren! Aber kann mein Körper nachweisbare Mengen etwa durch Passivrauchen aufnehmen? Kann mir der Umgang mit diesen Stoffen negativ im Sinne meiner ZÜP ausgelegt werden? Ich bin nunmal Hauptpflegeperson und führe den Haushalt, ich komme also zwangsläufig mit Cannabis in Berührung.

Dr. Roland Winkler antwortete:

Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist zunächst das Verbot des Besitzes von Betäubungsmitteln, wenn hierfür keine Erlaubnis nach § 3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) vorliegt. Cannabis gehört zu diesen erlaubnispflichtigen Betäubungsmitteln. Das Verbot gilt sowohl in Deutschland als auch in Österreich und der Schweiz.
§ 29 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 3 BtMG stellt den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln unter Strafe, der Strafrahmen beträgt bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Da das Betäubungsmittelrecht nicht zwischen Besitz und Mitbesitz differenziert, haben auch Sie am Cannabis Ihrer Gattin Besitz. Die Möglichkeit für den Arzt, Cannabis aus therapeutischen Gründen zu verschreiben, ist für die Bundesrepublik Deutschland in § 13 BtMG geregelt. Die Verschreibung ersetzt die sonst erforderliche Erlaubnis nach § 3 BtMG. Damit ist Ihr Besitz an dem Ihrer Gattin verschriebenen Cannabis nicht unerlaubt und nicht strafbar.

Ein Auffinden des Stoffs durch die Polizei oder die Staatsanwaltschaft hätte keine strafrechtlichen Folgen. Für Ihre Zuverlässigkeit im Sinne von § 7 LuftSiG, also für die sicherheitspolitische Komponente der Zuverlässigkeit, ergibt sich somit, dass sie im Rahmen der ZÜP wegen des Besitzes von Cannabis nicht verneint werden kann. Darüber hinaus stellt sich in Bezug auf die fliegerische Komponente der Zuverlässigkeit die Frage, ob und wie Sie als Passivraucher oder beim Zubereiten von Gebäck den Wirkstoff des Cannabis THC (Tetrahydrocannabinol) aufnehmen. Die Rechtsprechung geht ja recht streng davon aus, dass bei Konsum von Marihuana und sonstigen Rauschmitteln die Eignung zum Führen von Luftfahrzeugen nicht vorliegt. Untersuchungen zufolge ist die Aufnahme von THC durch die Haut bei der Zubereitung von Gebäck ausgeschlossen, ebenso das Einatmen von Staub dabei.

Flugtauglichkeit: Fliegen ohne high zu sein

Allerdings ist es möglich, die Cannabis-Wirkstoffe beim passiven Mitrauchen einzuatmen. Es hinterlässt keine messbaren Spuren im Blut, wohl aber über eine gewisse Zeitdauer im Urin. Dabei muss der eingeatmete Cannabisnebel jedoch recht dicht gewesen sein, damit die Messgeräte überhaupt ausschlagen. Bei einem aufwändigen Versuch hat eine Forschergruppe acht Personen drei Stunden lang in einem Coffeeshop in Maastricht intensivem Cannbisrauch ausgesetzt. Zu mehreren Messzeitpunkten wurde anschließend die THC-Konzentration in Blut und Urin der Versuchspersonen gemessen. Keine der Testpersonen erreichte den Schwellenwert von 25ng/ml THC im Urin. Auch die Blutanalyse hätte Werte von unter 1ng/ml THC ergeben. Schließlich fühlte sich auch keiner bekifft.

Für Sie bedeutet dies, dass es im allerhöchsten Maße unwahrscheinlich ist, dass Sie wegen des rechtmäßigen Cannabiskonsums Ihrer Gattin Probleme bekommen können. Wenn Ihre Gattin in Ihrem Beisein Cannabis raucht, wird es niemals zu der Rauchverdichtung kommen wie im obigen Beispiel vom Coffeeshop. Darüber hinaus können Sie den Raum, in dem Sie sich befinden, gut lüften. Damit wird die Konzentration von THC noch einmal erheblich verdünnt, sodass man davon ausgehen kann, dass bei Ihnen weder im Blut noch im Urin irgendein einschlägiger Wert festgestellt werden kann.

Postscriptum: Ich danke der fliegerärztlichen Untersuchungsstelle München-Zentrum für Auskünfte zu den angesprochenen medizinischen Fragen.

fliegermagazin 5/2017

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