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Recht: Gastflüge (II)

Weiterhin ist unklar, ob und unter welchen Bedingungen Privatpiloten Personen gegen Geld mitnehmen können. Heikler Punkt ist die Versicherung

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Gastflüge:

Mittlerweile ist die Verwirrung komplett: Angesichts eines Schreibens des Bundesverkehrsministeriums soll alles wieder beim Alten, also Gastflüge mit Kostenteilung zulässig sein. Andererseits ergibt sich aus dem Schreiben des Bundesverkehrsministeriums, dass dort selbst auch weiter Zweifel bestehen. Anfragen bei meinem Kasko- und Haftpflichtversicherer haben bisher kein Ergebnis gebracht: Hier zieht man sich hinter dem Wortlaut der EU-Verordnung 1178/2011 zurück und gibt die lapidare Antwort, dass rechtmäßiges Handeln vom Versicherungsschutz umfasst sei. Auch stört mich, dass zu lesen war, dass die vom Bundesverkehrsminister getroffene Regelung, die jetzt Rechtssicherheit biete, nur vorläufigen Charakter habe. Wie ist denn die Rechtslage nun wirklich? Und vor allem: Kann man einem PPL-Inhaber guten Gewissens raten, Gastflüge mit Kostenbeteiligung durchzuführen?

Dr. Roland Winkler antwortete

Um es von vornherein klipp und klar zum Ausdruck zu bringen: Nein.

Die EU-Verordnung 1178/2011 ist am 8. April 2013 in Kraft getreten und enthält eine auslegungsbedürftige Regelung, was Vergütung sei (siehe fliegermagazin 3/2013). Weder das Bundesverkehrsministerium noch sonst ein Mitglied der ausführenden Staatsgewalt ist befugt, Rechtssicherheit in dieser Situation zu schaffen. Das Auslegungsmonopol für Rechtsvorschriften, ob national oder international, liegt ausschließlich bei den Gerichten. Wer Rechtssicherheit haben will, muss die Finger von Gastflügen in Motorflugzeugen gegen Kostenbeteiligung lassen. Das gilt auch für Vereine. Natürlich kann jedermann auf eigenes Risiko derartige Gastflüge durchführen – die eventuellen Folgen muss er selbst tragen. Wenn ein Unfall passiert, kann das existenzgefährdend werden, denn Bergungs- und Heilungskosten erreichen schnell sechsstellige Beträge, von den Kosten eines zerstörten Luftfahrzeugs ganz abgesehen.

Neben Öffentlichem Recht und Strafrecht sind es vor allem die Ansprüche aus dem Zivilrecht, die an den Piloten oder schlimmstenfalls – wenn er selbst beim Unfall ums Leben gekommen ist – an dessen Erben herangetragen werden: Wenn Kasko- und Haftpflichtversicherer der Meinung sind, dass der betreffende entgeltliche Gastflug außerhalb des versicherten Risikos im Sinne der Versicherungsbedingungen stattgefunden hat, gibt es keinen Cent von der Versicherung. Finanziell dürften dann die meisten Privatpersonen oder auch Luftsportvereine am Ende ihrer Möglichkeiten sein. Die Frage, ob der Versicherer mit seiner Meinung richtig liegt, kann der Pilot natürlich auch vor Gericht klären lassen, aber erst, nachdem die Schadensersatzforderungen, die gegen ihn geltend gemacht wurden, rechtskräftig entschieden sind.

Mitfliegen, aber wie?

Um zu verhindern, dass die Ansprüche gegen den Versicherer verjähren, muss der beklagte Pilot seiner Versicherung nach den Regeln der Zivilprozessordnung den Streit verkünden – ein weiteres Risiko, da ihm die Kosten, die dem Versicherer durch die Streitverkündung entstehen, nachträglich auferlegt werden können.Weder aus der EU-Verordnung 1178/2011 noch aus Sonstigem ergibt sich ein tatsächliches Verbot von Gastflügen gegen Kostenbeteiligung – auch der Bundesverkehrsminister kommt in seinem Schreiben zu diesem Schluss. Das Argument der Versicherer, man dürfe etwas Verbotenes auch nicht versichern, geht also fehl. Das Problem liegt vielmehr darin, dass bisher noch keine rechtskräftige Auslegung des Begriffes „Vergütung“ vorliegt.

Das Dilemma wäre leicht zu lösen: Der Versicherer erklärt dem Versicherungsnehmer vertraglich, dass Flüge mit Kostenbeteiligung als private Flüge im Sinne der Versicherungsbedingungen gelten; mindestens ein Unternehmen verfährt bereits so (AachenMünchener). Im Rahmen der Vertragsfreiheit können Versicherer und Versicherungsnehmer alles vereinbaren, was rechtlich zulässig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt. Der Versicherer kann also mit seinem Kunden die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs für sein Vertragsverhältnis vereinbaren, um sachgerechte Ergebnisse zu erzielen. Denn eines dürfte klar sein: Die Sicherheit der Allgemeinen Luftfahrt wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass dem Piloten ein Teil seiner Aufwendungen erstattet wird. Oder auf Versicherungsdeutsch: Es liegt keine Risikoerhöhung vor. Einen Textvorschlag für eine Zusatzvereinbarung finden Sie auf  der Website www.fliegermagazin.de/gastfluege

fliegermagazin 7/2013

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