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Recht: Haftung bei Übergewicht im UL

Darf ein Verein als Halter eines Luftfahrzeugs einen Piloten am Fliegen der Clubmaschine hindern, weil er erkennbar zu schwer ist?

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Haftung bei Übergewicht:

In unserem Verein ist eine Diskussion entstanden, wie der Vorstand seinen Aufgaben gerecht werden kann, insbesondere beim Thema UL-Fliegen unter Einhaltung des Abfluggewichts von 472,5 Kilogramm. Einige meinen, dass der Vorstand als Vertreter des Vereines, der Halter der Luftsportgeräte ist, gar nicht haftet, weil ja jeder Pilot als Lizenzinhaber eine ordnungsgemäße Flugvorbereitung durchführen muss. In deren Rahmen muss sich der Pilot selbst Gedanken über Weight & Balance machen und darf ein UL gar nicht in Betrieb nehmen, wenn er mehr wiegt, als Gewicht auf den Pilotensitz gebracht werden darf.

Andere sehen sich als Vorstandsmitglied bereits mit einem Bein im Gefängnis, weil es ein offenes Geheimnis ist, dass viele UL-Piloten ihr Luftsportgerät schlicht und einfach überladen. Wie weit reicht denn nun die Verantwortlichkeit des Vorstandes? Muss der Vorstand praktisch immer vor Ort sein und einschreiten, wenn ein Pilot unvernünftig handeln will? Wie funktioniert das Ganze bei einem elektronischen Reservierungssystem?

Dr. Roland Winkler antwortete

Der Verein als Halter des Luftfahrzeugs beziehungsweise Luftsportgeräts ist gemäß § 2 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 LuftBO dafür verantwortlich, dass das Luftfahrzeug nur in Übereinstimmung mit den im zugehörigen Flughandbuch und in anderen Betriebsanweisungen angegebenen Leistungsdaten und festgelegten Betriebsgrenzen betrieben wird. Die Verantwortlichkeit des Halters besteht darin, sich zu vergewissern, dass der konkrete Pilot, der vom Verein ein Luftfahrzeug mieten möchte, dieses auch zu führen berechtigt ist. Das bezieht sich in erster Linie natürlich auf die Lizenz und auf das Medical – beide Urkunden sind im Original zu kontrollieren. Weiterhin muss der Halter überprüfen, ob der Pilot im Moment der Übernahme des Luftfahrzeugs tatsächlich flugtauglich ist. Wenn ein Pilot beim Halter erscheint, der offensichtliche körperliche Mängel aufweist, sei es Gipsbein, Gipsarm oder deutliche Anzeichen eines „Katers“ oder gar eine Bierfahne, so darf der Halter diesem Piloten die Schlüssel zum Luftfahrzeug nicht aushändigen.

Bei einigen ULs gibt es Gewichtsbeschränkungen pro Sitz, zum Beispiel maximal 100 Kilo pro Platz. Will ein Pilot mit mehr als 100 Kilogramm Körpergewicht dieses Luftfahrzeug mieten, so muss ihm der Halter die Herausgabe der Schlüssel verweigern, denn dieser Pilot darf dieses Luftfahrzeug nicht in Betrieb nehmen. Hier ist der Halter dafür verantwortlich, dass das Luftfahrzeug nur im Rahmen dieser Betriebsgrenzen betrieben wird. Diese Verantwortlichkeit endet allerdings dann, wenn er einem ordnungsgemäß lizenzierten und tauglichen Piloten die Schlüssel zum Luftfahrzeug übergeben hat. Ab diesem Moment hat allein der Pilot die Verantwortung dafür, dass die Betriebsgrenzen eingehalten werden. Es ergibt sich auch nicht eine Handlungspflicht des Halters etwa dann, wenn er sieht, dass der Pilot durch Mitnahme eines Passagiers sein Luftfahrzeug überlädt.

Haftung bei Übergewicht im UL: Viel schwerer als Luft

Ein Beispiel: Beträgt die maximale Zuladung 172,5 Kilogramm, reduziert sich bei einem vergleichsweise kleinen Tank mit 45 Litern Inhalt nach dem Volltanken die verbleibende Zuladung um 35 kg – es können noch 137,5 Kilo zugeladen werden. Wiegt der Pilot 80 Kilo, so kann der Passagier maximal 57,5 kg wiegen, um legal abzuheben. Selbst wenn der Halter nun beobachtet, dass der Pilot das Luftfahrzeug vollgetankt hat und sich anschickt, einen Passagier einsteigen zu lassen, der in etwa dasselbe wiegt wie er, so trifft den Halter keinerlei Verantwortlichkeit mehr, diesen Flug zu unterbinden.Eine solche Verantwortlichkeit könnte sich nach den Grundsätzen der im Strafrecht entwickelten Unterlassensstrafbarkeit (§ 13 StGB) nur dann ergeben, wenn der Halter gegenüber dem Piloten eine so genannte Garantenstellung hätte. Doch das greift hier nicht, denn nachdem der Pilot eine entsprechende Ausbildung durchlaufen hat, ist er voll und ganz eigenverantwortlich.

Da es außerdem zur Flugvorbereitung gehört, sich mit den Unterlagen vertraut zu machen, die für die sichere Durchführung des Flugs von Bedeutung sind, kennt der Pilot zwangsläufig die Zulademöglichkeiten des Luftfahrzeugs. Der Halter darf aber nicht Einweisungs- oder Schulungsflüge anordnen, wenn ihm dabei klar ist, dass Flugschüler und Fluglehrer zusammen die Gewichtsgrenze knacken.Bei einem elektronischen Buchungssystem schließlich muss der Verein sicherstellen, dass Luftsportgeräte mit Gewichtsbeschränkung für den PIC-Sitz tatsächlich nur von Piloten gemietet werden, die die Gewichtsbeschränkung auch einhalten können.

fliegermagazin 11/2014

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