Recht

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Meldepflicht bei Unfällen

Der Start einer Vereinsmaschine misslingt. Es zeigt sich, dass der Pilot gegen eine Auflage seines Clubs verstoßen hat. Was muss der Vorstand beachten?

Von Redaktion

Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler antwortet zum Thema Unfallmeldung:

Ein Clubmitglied war vor einiger Zeit voll beladen bei Hitze und Seitenwind auf unserer kurzen Grasbahn gestartet – oder hat es zumindest versucht. Er hat wohl bei der Halbbahnmarkierung so stark das Höhenruder gezogen, dass das Flugzeug kurzfristig im Bodeneffekt in die Luft kam, um gleich darauf in einen Strömungsabriss zu kommen. Es ist aus etwa drei Metern Höhe heruntergefallen. Zum Glück ist niemandem etwas Ernstes passiert, aber die Maschine hat großen Schaden genommen.

Das Pikante daran: Dem Piloten war erst vor kurzem vom Vorstand gesagt worden, dass er nicht fliegen dürfe, ehe er nicht mit einem Fluglehrer nachgeschult hat, weil seine Landungen sehr schlecht waren. Er hatte die Ansage, die vor Zeugen geäußert wurde, schlicht ignoriert – und dann diesen Unfall verursacht. Nun haben wir, also der Clubvorstand, bei der Unfallmeldung an den Versicherer diese vorangegangene Episode nicht erwähnt. Man will ja niemanden in die Pfanne hauen. War das richtig?

Dr. Roland Winkler antwortete:

Die Verpflichtung, den Versicherer über einen Schaden zu informieren und ihm umfänglich Auskunft zu erteilen, ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern findet sich in den Versicherungsbedingungen und ist ausdrücklich Bestandteil des Vertrags. Trotzdem bestimmt § 28 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), dass der Versicherer den Schaden nicht oder nicht ganz regulieren muss, wenn eine solche so genannte „Obliegenheit“ vom Versicherungsnehmer verletzt wird. Die Rechtsnatur der Obliegenheit ist umstritten: Der Bundesgerichtshof sieht sie nicht als (erzwingbare) Verbindlichkeit, sondern als Voraussetzung für die Erhaltung des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag.

Zumeist findet sich der nachstehende oder ein ähnlicher Wortlaut: „Jeder Schadensfall ist dem Versicherer oder der im Versicherungsschein bezeichneten Stelle unverzüglich anzuzeigen. Die erste Meldung soll enthalten: Luftfahrzeugtyp und -kennzeichen, Zeitpunkt, Ort, vermutliche Ursache und ungefähres Ausmaß des Schadens, außerdem die Kontaktdaten der für das beschädigte Luftfahrzeug Verantwortlichen.“ Nach der ersten Meldung sind dem Versicherer unverzüglich die Schadensanzeige und ein Bericht des verantwortlichen Luftfahrzeugführers einzusenden. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestands und zur Vermeidung weiteren Schadens dienen kann. Die Konsequenz aus der Verletzung der Obliegenheit wird meist so beschrieben: „Wird eine Obliegenheit vorsätzlich verletzt, so ist der Versicherer leistungsfrei.

Unfallmeldung: Der Papierkram nach dem Crash

Bei grob fahrlässiger Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.“ Hinsichtlich der Erstmeldung ist für Ihren Verein lediglich problematisch, was als „vermutliche Ursache“ anzugeben ist. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich in der Klausel um eine Soll-Bestimmung handelt. Sicherlich ist damit nicht gemeint, dass in diesem Fall ein Vereinsvorstand wilde Theorien anstellt. Es wäre bestimmt verfehlt, Vereinsinterna mitzuteilen, wie etwa: „Bei dem haben wir schon lange darauf gewartet“ oder: „Der hat bei uns sowieso den Spitznamen Quax.“ Auch die Tatsache, dass bei dem verunglückten Vereinsmitglied schlechte Landungen beobachtet wurden oder dass er die Flugvorbereitung nicht so ernst genommen hat, gehören nicht hierher. Sogar das von Ihnen angesprochene Flugverbot des Vereinsvorstands gehört nicht in den Unfallbericht.

Schließlich sollte man auch bedenken, dass der Versicherer ja das Recht hat, einen Sachverständigen zu beauftragen, wenn hinsichtlich der Ursache das Schadens Unklarheiten bestehen. Anders verhält es sich jedoch, wenn nach dem Unfall mit Entsetzen festgestellt wird, dass die Klassenberechtigung des Unglückspiloten abgelaufen war oder dass er ohne die vorgeschriebenen drei Starts und Landungen Passagiere befördert hat. Zwar gibt es mittlerweile Versicherer, die auf solche Klauseln verzichten, die in einem solchen Fall bislang den Versicherungsschutz versagten. Oft übersieht man jedoch in der Hektik nach dem Unfall, ob man schon einen solchen „neuen“ Versicherungsvertrag für das Luftfahrzeug hat, und riskiert den Versicherungsschutz wegen Obliegenheitsverletzung. In Ihrem Fall haben Sie das Richtige getan und ich denke, dass auch die Regulierung problemlos abgelaufen ist.

fliegermagazin 10/2017

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