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Recht: Zulässigkeitsüberprüfung für Privatpiloten (ZÜP)

Die Bundesregierung will an der Zuverlässigkeitsüberprüfung für Privatpiloten festhalten. Dabei ist die Regelung, die es so nur in Deutschland gibt, nicht EU-konform 


Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema ZÜP:

Man kann es bald nicht mehr hören und lesen: das Gezerre um die ZÜP für Privatpiloten. Nach den neuesten Meldungen soll sich auch der Bundesrat für ihre Abschaffung eingesetzt haben, und darüber hinaus geht die EU-Kommission gegen Deutschland vor. Außerdem brauche ich doch keine deutsche Lizenz, um in der Bundesrepublik eine Einmot zu chartern. Wenn also jemand terroristische Zwecke verfolgt, bekommt er es auch ohne ZÜP hin. Kann denn hier nicht die EU ein Machtwort sprechen und festlegen, dass eine ZÜP in keinem Mitgliedsland zulässig ist. Und was bedeutet in diesem Zusammenhang „Vertragsverletzungsverfahren“? Ist es denn nicht so, dass generell EU-Recht über dem nationalen Recht steht?

Dr. Roland Winkler antwortete:

Der Bundesrat hat sich in der Tat einer Empfehlung des Ausschusses für Innere Angelegenheiten, des Finanzausschusses und des Verkehrsausschusses folgend dafür ausgesprochen, den Parafen 7 Abs. 1 Nummer 4 Luftsicherheitsgesetz zu streichen. Diese Vorschrift hatte die Zuverlässigkeitsüberprüfung auf Piloten von Flugzeugen, Drehflüglern, Luftschiffen und Motorseglern sowie auf entsprechende Flugschüler ausgedehnt, um dadurch einen besseren Schutz der Allgemeinen Luftfahrt und auf Kleinflughäfen zu gewährleisten. Die Berufspiloten sind schon in Nummer 1 der Vorschrift erfasst. Begründet wurde der Streichungsvorstoß damit, dass eine Überprüfung der deutschen Lizenzinhaber nach deutschen LuftSiG keinen Sicherheitsgewinn brächte.

Zudem verletze die nur national bestehende Überprüfungspflicht für alle Piloten der einbezogenen Luftfahrzeuge spätestens seit der Einführung der europäischen Luftfahrerlizenz (EU-FCL) den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Nach Auffassung der Ausschüsse handelt es sich um eine ungeeignete Maßnahme, die nur bei Inhabern und Bewerbern einer bei einer deutschen Luftfahrtbehörde geführten Pilotenlizenz Wirkung entfalten kann. Da es aber möglich ist, die Lizenz in jedem Land der EU mit EU-weiter Gültigkeit zu erwerben und kein anderer EU-Staat die Piloten-Überprüfung in dieser weitgehenden Form kennt, kann die Sicherheitsüberprüfung vergleichsweise leicht umgangen und damit ausgehebelt werden. Zudem habe die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegenüber der Bundesrepublik Deutschland angeregt. Das Vertragsverletzungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen.

Zulässigkeitsüberprüfung: Nur gute Menschen dürfen fliegen

Dieser Argumentation wird in der Gegenäußerung der Bundesregierung in der Bundestags-Drucksache 18/9833 widersprochen. Während der „derzeit erhöhten abstrakten Gefahr eines terroristischen Anschlags“ solle das Erfordernis der Zuverlässigkeitsüberprüfung aus Sicherheitsgründen nicht gelockert werden. Es erscheine als durchaus möglich, dass terroristische Gefährder durch die ZÜP abgeschreckt und damit wirksam von einer angestrebten Pilotenausbildung abgehalten werden. Die Bundesregierung dreht dabei sogar den Spieß um: Nicht etwa Deutschland übertreibe mit der Zuverlässigkeitsüberprüfung – vielmehr bestehe in all jenen EU-Mitgliedsstaaten, die keinerlei ZÜP von Piloten verlangen, eine Sicherheitslücke. Die Bundesregierung habe gegenüber der EU-Kommission angeregt zu prüfen, wie diese Lücke durch Änderung des EU-Rechts geschlossen werden könne.

Offenbar ist die Bundesregierung von dem Vertragsverletzungsverfahren nicht sonderlich beeindruckt. Dieses Verfahren ist in dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt. Nach Artikel 258 AEUV fordert die Kommission den Mitgliedsstaat zur Stellungnahme auf. Nach Artikel 260 AEUV entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union durch Urteil über die Frage, ob ein Verstoß vorliegt. Bejaht er dies, so ist der betroffene Mitgliedsstaat verpflichtet, die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben. Tut er dies nicht, kann die Kommission beim Gerichtshof die Festsetzung eines zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds beantragen. Zu Ihrer letzten Frage: Eine unmittelbare Einwirkung auf das nationale Recht ist durch den Gerichtshof nicht vorgesehen und daher nicht möglich.

fliegermagazin 2/2017

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