Rechtsfrage: Muss ein Pilot die Flugvorbereitung nachweisen?
Rechtsanwalt und Pilot Ingo-Julian Rösch klärt die Fragen eines Lesers. Wer eine rechtlich sichere Flugvorbereitung will, muss das volle Programm auffahren. Doch wie ist das mit dem Nachweis?
Ein fliegermagazin-Leser hat Rechtsanwalt und Pilot Ingo-Julian Rösch gefragt: Wie kann und muss ein Pilot belegen, dass er eine Flugvorbereitung gemacht hat?
Dass eine Flugvorbereitung zu erfolgen hat, regelt die EU gleich in einem der ersten Abschnitte ihrer Luftverkehrsregeln. In der EU-Verordnung 923/2012 regelt SERA-2010 die Verantwortlichkeiten. Absatz b) ist der relevante, er lohnt eine genaue Analyse:
»Vor Beginn eines Flugs hat sich der verantwortliche Pilot eines Luftfahrzeugs mit allen verfügbaren Informationen, die für den beabsichtigten Flugbetrieb von Belang sind, vertraut zu machen. Die Flugvorbereitung für Flüge, die über die Umgebung eines Flugplatzes hinausgehen, und für alle Flüge nach Instrumentenflugregeln hat eine sorgfältige Zurkenntnisnahme der verfügbaren aktuellen Wetterberichte und -vorhersagen zu umfassen, wobei Kraftstoffanforderungen und ein alternativer Flugverlauf für den Fall, dass der Flug nicht wie geplant durchgeführt werden kann, zu berücksichtigen sind.«
Der Pilot muss für den Flug alles wissen
Rechtlich betrachtet lässt die Formulierung »alle verfügbaren Informationen« jede Menge Spielraum. Denn im Grunde heißt das nichts anderes, als dass der Pilot alles zu wissen hat. Wenn ein Vorfall oder Unfall zur Ursache hat, dass der Pilot eine für den Flug relevante Information nicht berücksichtigt hat, wird er sich praktisch nie damit herausreden können, dass sie nicht verfügbar war.
Keine Frage also: Wer eine rechtlich sichere Flugvorbereitung machen will, muss das volle Programm auffahren, mit Mass & Balance-Berechnung, Kalkulation der Start- und Landestrecken, Studium von AIP, Kartenmaterial samt Lufträumen sowie NOTAMs. Eine Kraftstoffberechnung ist ebenso explizit in der Vorschrift genannt wie die Planung von Alternates – auch VFR. Das ist ja auch sinnvoll: Die Piste des Zielflugplatzes kann schließlich leicht blockiert sein, etwa durch einen Unfall.
EU-Gesetz wird beim Wetter für die Flugvorbereitung konkret
Konkret wird die EU-Gesetzgebung beim Wetter: Bei Flügen, welche über die Platzrunde hinausführen, gehört zur Flugvorbereitung immer auch eine Analyse des Wetters. Allerdings: Wie umfangreich die nun genau auszusehen hat, bleibt gemäß EU-Vorschrift in der Verantwortung des Piloten. Zwar sieht die ICAO vor, dass ihre Mitgliedsstaaten einen offiziellen Dienstleister für die Erstellung von Luftfahrt-Wetterberichten benennen – bei uns ist das der Deutsche Wetterdienst. Doch ist nicht vorgeschrieben, diese Quelle auch zu nutzen.
Seitens der EASA gibt es keine ausdrückliche Nachweispflicht des Piloten, was die Flugvorbereitung betrifft. Soweit Strafen oder Bußgelder wegen unzureichender Flugvorbereitung verhängt werden sollen, wäre es an den jeweiligen Behörden, einen Verstoß nachzuweisen. Es ist nicht vorgeschrieben, dass man Ausdrucke machen oder Daten speichern müsste, oder dass man nur Dienstleister mit einem protokollierten Login-Verfahren verwenden dürfte. So oder so wird die Vorbereitung Spuren hinterlassen – auf Papier, oder in Form eines Cookies von wetteronline.de auf dem Rechner sowie einer Routenplanung in der Navigations-App.
Nicht-Durchführung einer Flugvorbereitung mit Bußgeld bedroht
In Deutschland gibt es allerdings noch den § 27 LuftVO, der regelt, dass auf Verlangen gegenüber der Luftaufsicht die »ordnungsgemäße Vorbereitung« des Flugs nachzuweisen ist. Ob der deutsche Gesetzgeber überhaupt berechtigt ist, europarechtliche Vorschriften auf diese Weise zu verschärfen, ist streitbar. Auffällig ist jedoch, dass für einen Verstoß gegen § 27 LuftVO kein Bußgeld vorgesehen ist.
In § 44 LuftVO wird nur die Zuwiderhandlung gegen SERA.2010, also das Nicht-Durchführen einer Flugvorbereitung, mit einem Bußgeld bedroht. Juristisch »spitzfindig« kann alleine der Nicht-Nachweis daher nicht zu einem Bußgeld führen. Einen bußgeldrelevanten Verstoß gegen SERA.2010 nachzuweisen, wäre dann weiterhin alleine die Pflicht des Staats. Und der hat in § 27 LuftVO auch nicht konkret bestimmt, wie denn so ein Nachweis auszusehen hat.
Wenn etwas passiert, entscheidet ein Richter
Tatsächlich wird aber letztendlich immer dann, wenn etwas passiert und es darüber Streit gibt, ein Richter entscheiden, ob er ausreichend überzeugt ist, dass eine ordnungsgemäße Flugvorbereitung durchgeführt wurde. Wenn der Pilot dann nicht in der Lage ist, sein Vorgehen zumindest vernünftig zu erklären, so ist das Risiko hoch, dass ein Richter zu der Überzeugung gelangt, die Vorbereitung wäre nicht ordnungsgemäß erfolgt. Dabei kann die Frage nicht nur bei einem Bußgeld, sondern auch in Hinblick auf versicherungsrechtliche Aspekte relevant werden.
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