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Wie sich Allergien auf die Flugtauglichkeit auswirken

Allergien können trotz gültigem Medical die Flugtauglichkeit einschränken. Welche Medikamente sind für Piloten erlaubt? Ein Fliegerarzt gibt Rat!

Von Redaktion
Wie sich Allergien auf die Flugtauglichkeit auswirken
Nicht zu unterschätzen: Allergien können sich auf die Flugtauglichkeit auswirken. Foto: fliegermagazin-Archiv.

Hatschi! Birke, Weide, Hasel und Co. machen es vielen Menschen in Deutschland gerade schwer. Die Pollen fliegen in der Luft herum und Allergiker leiden darunter. Auch der ein oder andere Pilot wird das Problem kennen: Vögel zwitschern, das Gras und die ersten Blüten wiegen sich auf dem Flugplatz im leichten Frühlingswind – und gleich bei der ersten Vorflugkontrolle kommen sie wieder. Die Symptome des typischen Heuschnupfens. Die Nase ist verstopft, die Augen tränen und jucken. Da bleibt die Frage, wie sich Allergien auf die Flugtauglichkeit auswirken.

Ist das nun schon ein Problem für Piloten und ihr Flugtauglichkeitszeugnis? Kann man einfach ins Cockpit steigen und losfliegen? Oder muss erst der Fliegerarzt konsultiert werden?

Können sich Allergien auf die Flugtauglichkeit auswirken?

Grundsätzlich kann der Körper Abwehrreaktionen gegen alle Stoffe und sogar sich selbst entwickeln. Vom kleinen Schnupfen bis zum schweren Asthma-Anfall oder einem Kreislaufschock reicht die Bandbreite der allergischen Symptome. Es gibt Sofortreaktionen, aber auch erst Stunden später können massive Beschwerden auftreten.

Die Beurteilung, ob man als Pilot sicher agieren kann, hängt primär von der Gefahr einer plötzlichen Handlungsunfähigkeit ab. Wer seine Allergie schon jahrelang kennt, kann ihre Auswirkungen gut einschätzen, beim ersten Auftreten jedoch ist Vorsicht geboten.

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Pollen könne überall in der Atemluft vorhanden sein

Die einfache Empfehlung, den allergieauslösenden Stoff so weit wie möglich zu meiden, wird für Piloten bei der häufigsten Allergieform, dem Heuschnupfen, schwierig. Pollen können überall in der Atemluft vorhanden sein. Insbesondere im Frühjahr bis weit in den Sommer hinein schweben sie sogar bis in Höhen von 5000 Fuß über Grund. Allerdings hängt die luftgebundene Pollenbelastung sehr von Wetterfaktoren wie Luftfeuchtigkeit und Wind ab.

Piloten, die auf Grasplätzen zuhause sind, haben oft eine erhöhte Exposition. Die Aufenthaltsdauer ist weniger wichtig, da eine Allergie meist dosisunabhängig auftritt.

Ob Allergien mit der Tätigkeit als Pilot vereinbar sind, lässt sich letztlich nur im Einzelfall entscheiden. Sind allergische Symptome erstmals aufgetreten, sollte auch eine genauere Diagnose beim Allergologen erfolgen.

Kann man mit Allergien trotzdem ein Pilot sein?

Doch nicht nur die Allergene können problematisch sein, sondern auch die Medikamente, die deren Auswirkungen dämpfen sollen. Leider gibt es Substanzgruppen, die als Nebenwirkung häufig Müdigkeit, herabgesetzte Reaktionsfähigkeit oder Schwindel haben können – alles Symptome, die man sich nicht im Cockpit wünscht.

Deshalb ist nach erstmaliger Einnahme zur Sicherheit eine fliegerische Pause von ein paar Tagen ratsam. Manche Therapien, etwa die systemische Kortisongabe, sind grundsätzlich nicht mit einer Fliegertauglichkeit vereinbar. Vor der Verordnung von antiallergischen Medikamenten durch den Arzt oder dem Kauf von rezeptfreien Mitteln in der Apotheke ist auf jeden Fall darauf hinzuweisen, dass die Fliegertauglichkeit nicht beeinträchtigen werden darf.

Medikamente können die Fliegertauglichkeit beeinflussen

Zwei Beispiele aus der Praxis zeigen die Bandbreite möglicher Symptome:

Fall 1: Ein 17-jähriger Segelflieger hat eine Frühblüher-Allergie (Haselnuss, Birke, Erle). Schon beim Aufrüsten der Segelflugzeuge kommen Niesreiz und juckende, tränende Augen. Der Pilot hat bereits mehrfach den neueren rezeptfreien Wirkstoff Cetirizin in Tablettenform probiert und keine pilotenrelevanten Einschränkungen wie Schwindel oder Müdigkeit beobachten können. Nach Rücksprache mit dem Fliegerarzt stellt sich aber heraus, dass die EASA das Mittel derzeit nicht erlaubt. Der Wirkstoff Loratidin dagegen ist mit der Flugtauglichkeit verträglich.

Fall 2: Eine 55-jährige PPL-Motorflugaspirantin hat seit der Kindheit ein stark ausgeprägtes allergisches Asthma bronchiale, das durch Pollen, aber auch Hausstaub und Zigarettenrauchen immer wieder schnell zu Asthmaanfällen führt. Trotz Dauermedikation mit einem Kortisonpräparat als Tablette sowie zwei weiteren Medikamenten in Sprayform kommt es wiederholt zu Krankenhauseinweisungen bei starker Luftnot. In diesem Fall ist die Ausstellung eines Medicals auch mit der Einschränkung „OSL“ (nur mit Sicherheitspilot) unwahrscheinlich, da Flugschüler im Rahmen ihrer Ausbildung auch solo fliegen müssen und die Gefahr einer plötzlichen Handlungsunfähigkeit bei diesem unstabilen Krankheitsbild zu groß ist.

Auch die bei bestimmten Allergien angezeigte Desensibilisierung, die etwa bei Heuschnupfen in der Winterzeit durchgeführt wird, kann als mögliche Nebenwirkung zunächst eine verstärkte Allergie-Symptomatik bewirken.

Der Fliegerarzt ist nicht der Feind

Es gilt auch hier, für die Dauer der Therapie zunächst nicht als Pilot tätig zu werden und den Verlauf zu beobachten. Im Zweifel ist der Fliegerarzt in jedem Fall der beste Ansprechpartner. Er ist meist selbst Pilot und kann die Sorgen um das Medical verstehen.

Text: Dr. Oliver Brock

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