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Flugplatz Kempten – EDMK

Berge, Seen, Schlösser, saftig-grüne Wiesen, ein Café mit Panoramaterrasse – 
kein Wunder, dass Kempten-Durach beim fliegermagazin Award 2012 als „schönster Flugplatz für die Allgemeine Luftfahrt in Deutschland“ ausgezeichnet wurde

Von Redaktion

Endanflug auf die „35“. Als der Öschlesee direkt vor mir liegt, muss ich an eine Szene im Vorspann des Heinz-Rühmann-Films „Quax in Afrika“ denken: Eine Klemm 25 unternimmt zum Spaß einen „Tiefflugangriff“ auf … nein, keinen Tümpel in Afrika, sondern auf ein Floß in genau diesem Allgäuer See; die Badenden retten sich per Hechtsprung. Ich verkneife mir den Tiefflug übers Wasser und konzentriere mich auf die Landung, bei der ich gegen den Ostwind ordentlich vorhalten muss. Die Piste 07, die sich bei dieser Windrichtung eigentlich anbietet, wird wegen des nach Osten ansteigenden Terrains nur ausnahmsweise zum Landen benutzt – wer durchstarten muss, braucht einen guten Steigwinkel. Für Starts ist die „07“ eingewiesenen einheimischen Piloten vorbehalten. Dank der gepflegten breiten Graspiste gelingt die Seitenwindlandung auf der „35“ aber problemlos.

„Willkommen in Kempten, parken Sie bitte in der ersten Reihe neben der Jodel.“ Freundlich empfängt mich Flugleiter Gabriel Kustermann nach der Landung. Eingebettet in die hügelige Wiesenlandschaft am Fuße der Allgäuer Alpen zeichnet sich Kempten-Durach durch seine einzigartige Lage aus. Außerdem ist Kempten-Durach der südlichste und höchstgelegene Verkehrslandeplatz Deutschlands – und ein Ausgangspunkt für Flüge zu vielen attraktiven Zielen: Nach Neuschwanstein und Hohenschwangau sind’s bloß 35 Kilometer. Der Bodensee im Südwesten ist gerade mal 50 Kilometer entfernt, Schloss Linderhof im Ammergebirge ähnlich weit im Südosten, und gleich dahinter im Süden ragt der höchste Berg Deutschlands auf, die Zugspitze. Über den Fernpaß (3970 Fuß) gelangt man selbst bei niedriger Wolkendecke problemlos ins Inntal. Von da aus bietet sich der Weiterflug nach Italien an. Auch als Zwischenstopp für einen Flug in die Schweiz ist Kempten-Durach gut geeignet.

Kempten-Durach: Sehr gut als Zwischenstopp für einen Flug in die Schweiz geeignet

Nach einstündiger Voranmeldung lässt sich am Platz die Zollabfertigung erledigen. Das hierfür notwendige Formular kann von der Website www.edmk.de heruntergeladen und ausgefüllt an die Flugleitung faxen. Wer noch keine Erfahrung im Gebirgsflug hat, ist mit einer Alpeneinweisung gut beraten, die von den lokalen Flugschulen angeboten wird. Vor einem Start empfiehlt sich in jedem Fall eine sorgfältige Weight & Balance-Berechnung. Aus der Platzhöhe von 2340 Fuß resultiert insbesondere an heißen Sommertagen eine nicht zu unterschätzende Dichtehöhe. Da im Abflug Hindernisse stehen, dürfen die langen Bahnen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es knapp werden kann – also eventuell lieber nicht zu viel Kraftstoff tanken und stattdessen einen zusätzlichen Tankstopp einkalkulieren. Um unnötige Lärmbelästigung zu vermeiden, sind die Platzrunden und Abflugwege möglichst genau einzuhalten.

Für alle offen: 
Ob Zweimot oder UL – 
in Kempten-Durach 
ist jeder willkommen (Foto: Klaus Mayringer)

Der Flugplatz ist stolz auf seine Geschichte, die mit den ersten Segelflügen auf den Wiesen rund um Kempten in den frühen dreißiger Jahren beginnt. Bereits 1934 sind in Durach die ersten Motormaschinen stationiert. Eine Flugzeughalle wird im Mai 1935 fertiggestellt. Später nutzt die Luftwaffe den Platz für die Schulung. 1943 wird hier „Quax in Afrika“ gedreht, eine Fortsetzung von „Quax der Bruchpilot“; diesmal spielt Rühmann den Fluglehrer Otto Groschenbügel, der seine liebe Not mit begabten, aber undisziplinierten Flugschülern hat. Nach Kriegsende übernehmen zunächst die Franzosen, dann die Amerikaner den Platz. Als 1955 der Motorflug in Deutschland wieder erlaubt ist, erlebt Kempten-Durach einen neuen Aufschwung. Zunehmender Flugverkehr und die vorrückende Bebauung führen jedoch in den siebziger und achtziger Jahren zu immer mehr Kritik aus Teilen der Bevölkerung. Der Konflikt gipfelt in Brandstiftung – die Flugzeughalle geht in Flammen auf, 22 Flugzeuge verbrennen.

Wer noch keine Erfahrung im Gebirgsflug hat, ist mit einer Alpeneinweisung gut beraten

Daraufhin werden große Anstrengungen unternommen, um die Lärmbelastung zu senken. Man dreht die Nord-Süd-Bahn um vier Grad, legt neue Abflugwege fest, und die lokalen Maschinen erhalten Schalldämpfer. Heute ist der Flugplatz in der Region akzeptiert. Die Quax-Oldtimertreffen 1993 und 2003 waren ein großer Erfolg. 2010 feierte man mit dem dritten Quax-Treffen das 75-jährige Bestehen des Flugplatzes. Auf eine über 2000-jährige Geschichte kann die Stadt Kempten zurückblicken. Im ersten Jahrhundert n. Chr. war Cambodunum die Hauptstadt der römischen Provinz Raetien, bevor das heutige Augsburg diesen Status erhielt. Auf dem rechten Illerhochufer liegt der Archäologische Park Cambodunum, dort kann man Ausgrabungen und Rekonstruktionen römischer Tempelanlagen besichtigen. Nicht ganz so alt ist das Rathaus aus dem 14. Jahrhundert im Zentrum der Altstadt.

Zusammen mit dem weitläufigen Rathausplatz bildet es die Kulisse für Straßencafés, die zum Verweilen einladen. In der wärmenden Frühlingssonne genieße ich das gemütliche Flair der Altstadt. Mein nächstes Ziel ist die ehemalige fürstäbtliche Residenz, die in Verbindung mit Hofgarten und Orangerie sowie der Basilika St. Lorenz zu den Höhepunkten der Stadtbesichtigung zählt. Direkt neben dem Hofgarten sind im Marstall die Alpenländische Galerie sowie das Alpinmuseum untergebracht, das größte alpingeschichtliche Museum Europas. Durch malerische Gassen schlendere ich zurück in Richtung Bahnhof. Wenig später bin ich am Flugplatz, wo ich mich auf der sonnigen Terrasse des Restaurants mit einer leckeren Brotzeit stärke. Der freie Blick über Vorfeld und Pisten auf das Alpenpanorama ist einzigartig und macht Lust auf einen Weiterflug Richtung Süden.

Kempten – Tipps und Infos

So findet man hin: Aus nördlicher Richtung einfach der A7 folgen, bis rechts der Platz auftaucht. Als Auffanglinie dient die vierspurige B12, die südlich des Platzes abzweigt. Als Funknavigationshilfe eignet sich auch das VOR Kempten drei Nautische Meilen nördlich des Platzes.

Stadtzentrum: Rathaus aus dem 14. Jahrhundert, daneben Straßencafés (Foto: Klaus Mayringer)

Unterkünfte: Ferienwohnungen und Zimmer auf dem Bauernhof, Pensionen und Hotels gibt es vor Ort und in der näheren Umgebung in nahezu allen Preisklassen. Nur ca. 500 Meter vom Flugplatz entfernt liegt der Landgasthof zum Schwanen, DZ ab 56 Euro (www.zumschwanen-durach.de). Das Hotel Sulzberger Hof in Sulzberg bietet neben gut ausgestatteten Zimmern auch einen kleinen Wellnessbereich, DZ ab 110 Euro (www.Sulzberger-Hof.de). Das Hotel Fürstenhof direkt am Rathausplatz in Kempten hat elegante Zimmer im englischen Stil, DZ ab 74 Euro (www.fuerstenhof-kempten.de). Am Öschlesee, zirka 1,5 Kilometer südlich des Platzes in Verlängerung der Piste 17, liegt ein Campingplatz (www.oeschlesee.de). Auskünfte erteilt die Tourist Information, Rathausplatz 24 in Kempten, Telefon 0831/2525-522 (www.kempten.de).

Aktivitäten: Bei einem kürzeren Aufenthalt empfiehlt sich ein Abstecher nach Kempten. Wer mehr Zeit mitbringt, kann unterschiedlichsten Freizeitaktivitäten nachgehen: Wandern, Bergsteigen, Radfahren, Baden. Ein Ausflug nach Oberstdorf und Füssen sowie zu den Königsschlössern in Schwangau und zur Zugspitze sind weitere Highlights. Am Flugplatz werden für fünf Euro pro Tag Fahrräder verliehen. Am Bahnhof von Durach ist man zu Fuß in fünf Minuten. Von dort fährt stündlich ein Zug nach Kempten, Pfronten und Füssen. Auch Garmisch und die Zugspitzbahn sind mit dem Zug erreichbar. Eine Autovermietung bietet Fahrzeuge direkt am Flugplatz an, Tel. 0831/96 01 63-0.Museen
Kempten ist reich an Museen und Ausstellungen. Besonders erwähnenswert: der Archäologische Park Cambodunum, das Allgäumuseum, das Alpinmuseum sowie die Residenz. Weitere Informationen unter www.museen-kempten.de, Telefon 0831/2525-369.

Text und Fotos: Klaus Mayringer, fliegermagazin 6/2012