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Flugplatz Kiel-Holtenau – EDHK

Nicht nur zur Kieler Woche trifft sich in Kiel, was einen Kiel hat: Die Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins ist nah am Wasser gebaut – und entsprechend bootsverliebt

Von Redaktion

Kiel als Welthauptstadt des Segelsports hat den schönsten Flugplatz Deutschlands!“ Das zumindest schwören die Mitglieder des ortsansässigen Luftsportvereins. Lokalpatriotismus hin oder her, eines ist jedenfalls sicher: „Wo sonst hat man das Wasser direkt vor der Haustür“, freut sich Jürgen Reese, erster Vorsitzender des LSV-Kiel. Und in der Tat: „Der Flugplatz Kiel-Holtenau ist recht nah am Wasser gebaut“, witzeln die Kieler. Wer auf der Piste 26 landen will, überquert im kurzen Endteil die Kieler Innenförde. Besonders im Bereich des Yachthafens Stickenhörn und an der Uferkante des Voßbrooks (nördlich des Heli-Ports der Marine) „muss man schon mal mit Turbulenzen rechnen – also hier nicht zu flach und nicht zu langsam reinkommen“, sagt Reese. Schifffahrt wird in Kiel großgeschrieben, nicht nur im Sommer. Doch in der warmen Jahreszeit ist die Auswahl an Booten besonders vielfältig. Vor allem zur „Kieler Woche“.

Beim Anflug auf die „08“ bietet der Platz im Final einen imposanten Anblick: Unmittelbar vor dem Aufsetzen hat es den Anschein, als würde die Piste direkt im Wasser enden. Doch so ist es nicht. Und die Länge von 1260 Metern Asphalt reicht auch für sehr lange Landungen. Die in manchen Anflugblättern noch erwähnte Gefahr möglicher Wirbelschleppen hat sich seit Ende 2006 deutlich verringert. Der Grund: Kiel hat keinen Linienverkehr mehr, Starts und Landungen von Airlinern sind damit weggefallen. Die Einstellung des Linienflugbetriebes in Kiel war ein Politikum: Eine angestrebte Bahnverlängerung nach Westen wurde 2006 nicht genehmigt, und so verabschiedeten sich die Fluggesellschaften von der Landeshauptstadt. Dennoch hat die Betreibergesellschaft investiert: „Sichtbares Zeichen der Neuausrichtung unseres Platzes: Der GAT-Bereich wird umgestaltet, wir bauen hier für Piloten und deren Gäste eine Lounge, die in diesem Sommer fertig werden soll“, erläutert Matthias Köhn, Geschäftsführer der Kieler Flughafengesellschaft (KFG).

Kiel hat keinen Linienverkehr mehr: Deutliche Reduktion der Wirbelschleppen-Gefahr

„Die Veränderungen sehen wir als Chance, um Marktsegmente neu zu erschließen oder weiter auszubauen. Förderung von General und Business Aviation und natürlich Ambulanzflügen besonders für die Kieler Kliniken sind nur einige unserer Ideen für die Zukunft. Mit dem Instrumenten-Landesystem, Brandschutz und Winterdienst bieten wir alles, was ein Regionalflughafen so braucht. Alle am Platz ansässigen Firmen fühlen sich bei uns wohl.“ Zuhause sind hier atec-Flugcharter, FLM-Aviation und FLM-LTB, der Maintenance-Betrieb E.I.S., Ohlair Charterflug sowie diverse Avionik-Entwickler. Abstellflächen, Tankservice, Empfangsgebäude und auch das Gelände des LSV-Kiel befinden sich im Nordteil des Platzes. Der ehemals militärisch geprägte Süden wird inzwischen ebenfalls zivilgewerblich genutzt. Auch flugrechtlich stehen in EDHK Änderungen bevor: Aus Luftraum Delta wird in Kürze Foxtrott. Damit entfallen die wesentlichen Anflugregularien.

„Eine ausgewiesene Platzrunde haben wir bisher nicht“, beschreibt Jürgen Reese die gegenwärtige Situation. „Aus Lärmschutzgründen wird aber normalerweise die inoffizielle nördliche Platzrunde in 1000 Fuß geflogen und bebautes Gebiet gemieden.“ Holtenau ist seit 1922 ein Kieler Stadtteil mit gleichermaßen idyllischer wie verkehrstechnisch günstiger Lage. Das ehemalige Bauerndorf grenzt im Osten an die Kieler Förde und im Süden an den Nord-Ostsee-Kanal. Im Nordwesten liegt EDHK sowie die Bundesstraße 503, die somit auch den Flugplatz mit dem Kieler Zentrum verbindet (Distanz: etwa 8,5 Kilometer). Ein Stadtbus hält direkt vor der Tür. Doch nicht nur der Flugplatz machte den Ort bekannt: In Holtenau endet seit 1895 der Nord-Ostsee-Kanal (englisch: „Kiel Canal“).

Kiel-Holtenau: In der Nähe des Nord-Ostsee-Kanals

Große Teile des Aushubs, der beim Kanalbau anfiel, wurden später für den Flugplatzbau verwendet: einerseits auf dem als „Unterland“ bezeichneten Bereich Voßbrook, der 1913 für eine Marine-Seeflugstation hergerichtet wurde und bis heute Stützpunkt der Marineflieger und SAR-Staffel ist, andererseits auf dem „Oberland“ – also jenem Areal, auf dem 1928 EDHK gebaut wurde. Holtenau verdankt seinen Flugplatz im Wesentlichen der Marinefliegerei. Nach den Wirrungen des Zweiten Weltkriegs und dem anschließenden Flugverbot für Deutschland erwachte die Fliegerei Anfang der fünfziger Jahre zu neuem Leben: Am 28. April 1951 erlaubten die Alliierten deutschlandweit wieder den Segelflug; vier Jahre später, im Mai 1955, folgte die Genehmigung für den Motorflug.

Damals erhielt der LSV-Kiel als erster deutscher Verein eine Ausbildungserlaubnis, und am 10. September desselben Jahres feierte man mit dem Erhalt einer Bücker Bü 181 Bestmann das erste deutsche Vereinsflugzeug nach dem Krieg. An diese Zeit erinnert sich auch Wilhelm Kruse, der den Kieler Flugplatz maßgeblich mitgeprägt hat. Der ehemalige Militärpilot war zunächst Mitbegründer des Luftsportverbandes Schleswig-Holstein und ist seit April 1963 Mitglied im LSV-Kiel. Zwischen 1965 und 2005 hat Kruse als Prüfer (CPL und PPL) für Motorflug und Motorsegler mehr als eintausend Prüflinge gehabt – den letzten verarztete er 79-jährig. „Es gibt in Schleswig-Holstein kaum einen Lehrer, der nicht durch meine Hand gegangen ist“, erzählt er stolz. Zudem war der heute 81-Jährige 30 Jahre lang (1963 bis 1993) Flughafendirektor und hat in Kiel den Linienflugbetrieb aufgebaut.

„Die Öffnung für die Allgemeine Luftfahrt macht manches leichter“

Der Wandel des Platzes kann sich für Privatpiloten sogar positiv auswirken: „Veränderungen in der Luftraumstruktur, Vereinfachung der Sicherheits-Maßnahmen und eine Öffnung für die Allgemeine Luftfahrt machen manches leichter“, so Matthias Köhn. Kiel-Holtenau ist rund ums Jahr anfliegbar. Wer einen Hallenplatz wünscht, wendet sich einfach an die KFG: „Flächen haben wir meistens genug.“ Neben dem LSV-Kiel ist auch noch der akademische Segelflugverein AKA-Flieg und die im Südteil ansässige Segelfluggruppe Kiel-Holtenau am Platz beheimatet. Herausragendes Platzereignis wird in diesem Jahr die Auftaktveranstaltung zum „Tag des Luftsports“ sein – ausgerichtet vom Luftsportverband Schleswig-Holstein. Für den 8. September 2007 ist ein Sternflug nach Kiel-Holtenau geplant. „Wir haben Flieger aus ganz Deutschland, Europa und der restlichen Welt eingeladen“, grinst Jürgen Reese, der für den LSV-Kiel das Fliegerfest mit vorbereitet. Vorher aber, im Juni, findet zum 125. Mal die Kieler Woche statt – mit umfangreichen Jubiläumsüberraschungen in der Luft, zu Lande und auf dem Wasser.

Generell ist es übrigens empfehlenswert, Kiel von seiner maritimen Seite aus zu erleben. So bieten die Fahrgastschiffe der Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel im Sommerhalbjahr richtige kleine Rundreisen über die Kieler Förde an – vorbei an Werften, Frachtschiffen, riesigen Ostseefähren und zahllosen bunten Seglern sowie den Leuchttürmen und Kanalschleusen. Die Schifffahrt hat in Kiel eine lange Tradition und ist hier so ausgeprägt wie in nur wenigen Städten vergleichbarer Größe. Bestens darauf eingestellt hat sich der Verein Kiel-Marketing, der – vor allem für Individualisten wie Flieger es nun mal sind – interessante Kurzreisepakte geschnürt hat. Also auf zum Schiffe gucken!

Kiel-Holtenau – Tipps und Infos

So kommt man hin: Solange Luftraum D gilt, ist über die Pflichtmeldepunkte anzufliegen. Bei Luftraum F sind gut sichtbare Landmarken hilfreich: Wer von Norden anfliegt, sollte der Küstenlinie von Schilksee folgen und auf das 87 Meter hohe Marine-Ehrenmal von Laboe (auf dem gegenüber liegenden Ufer) zuhalten. Etwa in der Mitte der Kieler Förde dann zum Queranflug für die „26“ eindrehen. Der grün-weiße Leuchtturm Friedrichsort bleibt rechts, bevor man rechts ins Endteil dreht. Wer aus dem Südwesten VFR nach Kiel fliegen will, kann den Nord-Ostsee-Kanal als Auffanglinie nehmen und diesem von Brunsbüttel an der Elbe bis nach Kiel-Holtenau folgen. Vorsicht: Über dem Yachthafen Stickenhörn und vor allem zum Ufer hin sind Turbulenzen möglich!

Unterkunft: Das Hotel „Kieler Förde“ ist preiswert, verleiht auch Fahrräder und ist nur gut einen Kilometer vom Flughafen entfernt. www.hotel-kielerfoerde.de
Direkt am Nord-Ostsee-Kanal und zwei Kilometer vom Flugplatz entfernt liegt das Hotel „Waffenschmiede“, ein kleines, familiengeführtes Haus. www.hotel-waffenschmiede.de
Ein eher mondänes Haus in ruhiger Lage mit großzügigem Park ist das „Parkhotel Kieler Kaufmann“: www.kieler-kaufmann.de
Für die Zeit der Kieler Woche gilt grundsätzlich: unbedingt rechtzeitig buchen! Weitere Infos und Zimmervermittlung bei Kiel-Marketing, Telefon 0 18 05/65 67 00, Andreas-Gayk-Str. 31, Neues Rathaus, 24103 Kiel, www.kiel-tourist.de

Gastronomie: Direkt am Flughafen im Flieger-Café des LSV-Kiel gibt’s Snacks sowie Kaffee und Kuchen. In der Sommersaison wochentags ab 17 Uhr geöffnet; an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 22 Uhr, www.lsv-kiel.de
Das Balkan-Restaurant am Terminal hat jugoslawische Spezialitäten auf der Speisekarte. Wochentags ab 17 Uhr geöffnet, an Wochenenden und Feiertagen auch von 11.30 bis 14.30 Uhr. Telefon: 04 31/32 29 29

Ausflüge und Veranstaltungen: Zu den herausragenden Segel-Events zählt die Kieler Woche (16. bis 24. Juni 2007, Infos unter www.kieler-woche.de). In diesem Jahr findet im Rahmen der Veranstaltung zum ersten Mal die „International Balloon Sail Kiel Week“ des Deutschen Freiballonsport-Verbandes statt. Infos unter www.dfsv.de
Schifffahrt in Kiel und Nord-Ostsee-Kanal: Seehafen Kiel, www.port-of-kiel.de Fördeschifffahrt/Hafenrundfahrt: Linienverkehr auf der Förde (zum Beispiel von Friedrichsort nach Laboe oder auch ins Stadtzentrum), www.kvag.de
Ein Ausflug nach Laboe ist sehr lohnenswert: ein hübscher Fischereihafen, ein netter Ort, und das berühmte Marine-Ehrenmal sowie das U-Boot-Museum U-995. Ferner bietet Laboe einen kilometerlangen Sandstrand.

Text und Fotos: Bernt Hoffmann. fliegermagazin 5/2007