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Flugplatz Lelystad – EHLE

Von Redaktion

Nach dem Abrollen bleibt mein Blick auf dem Höhenmesser kleben: Ist der Luftdruck gestiegen? Das Instrument zeigt minus zwölf Fuß an – wir sind in Lelystad gelandet, dem Flugplatz für die Allgemeine Luftfahrt in der Region um Amsterdam. Ijssel- und Markermeer sind nur vier Meilen entfernt. Wie ist es möglich, dass wir uns unterhalb des Meeresspiegels befinden? Der Sache wollen wir auf den Grund gehen. Der professionell freundlich klingende Türmer schließt für uns den Flugplan, der für grenzüberschreitende VFR-Flüge aus Deutschland immer noch erforderlich ist. Wir dürfen auf dem Vorfeld vor dem rot-weiß-geringelt angestrichenen Turm unsere Cessna aus Grefrath abstellen. Im schicken und geräumigen Terminalgebäude entdecken wir einen Mitarbeiter hinter der Informationstheke.

Bei ihm begleichen wir die Landegebühr und erfahren, wie wir in den Ort kommen. Einen Mietwagen hätten wir uns vorab zum Flugplatz bestellen können, aber es fährt auch ein Bus direkt ins Zentrum. Wie in den meisten holländischen Städten ist auch in Lelystad das Fahrrad das mit Abstand verbreitetste Fortbewegungsmittel; am Bahnhof kann man Räder mieten. Das Verkehrswegekonzept ist hier ein ganz besonderes: Rad- und Fußwegenetze sind weitgehend vom Autoverkehr getrennt; nur in den verkehrsberuhigten Zonen teilt man sich die Straße. Vor allem Schnäppchenjägern ist Batavia Stad rund 4,5 Kilometer nordwestlich der Innenstadt ein Begriff: Wie ein kleiner Stadtteil wirkt das Areal, in dem ein Modeladen neben dem nächsten steht. Teilweise kosten hier Markenartikel nur die Hälfte von dem, was sonst üblich ist.

Wir sind in Lelystad gelandet, dem Flugplatz für die Allgemeine Luftfahrt in der Region um Amsterdam

Ganz in der Nähe liegt auch das Museum für Landgewinnung, das Nieuw Land. Hier hoffen wir eine Antwort auf die Höhenmesserfrage zu finden. So erfahren wir, dass Lelystad 1967 gegründet und auf dem weltweit größten Polder errichtet wurde, einem durch Trockenlegung gewonnenen Landstück. Die Stadt ist nach dem Wasserbau-Ingenieur Cornelius Lely benannt, der die Trockenlegung der heutigen Polder durch die Zuiderzeewerke maßgeblich mitgeplant hat. Eine Statue im Zentrum von Lelystad erinnert an sein Werk. Der Polder von Flevoland, auf dem Lelystad samt Flugplatz und weiter südlich die Stadt Almere gebaut sind, wurde erst 1957 dem Meer abgewonnen. Er wird durch Deich und Sperrwerke vor dem Wasser geschützt und liegt fast fünf Meter unter dem Meeresspiegel – Rätsel gelöst.

Prunkstück: Der Nachbau des historischen Seglers
 Batavia gehört zur gleichnamigen Museumswerft (Foto: Heike Schweigert)

Im Nieuw Land, das nicht nur Museum, sondern auch Studienzentrum und Archiv der Provinz Flevoland ist, können wir auch die niederländischen Begrifflichkeiten Markermeer und Ijsselmeer klären. Kein „meer“ davon ist ein Meer, denn auf Niederländisch bezeichnet es einen See – „zee“ dagegen heißt Meer. Früher war das IJsselmeer ein richtiges Meer, und zwar eine Bucht, die so genanne Zuiderzee, die weit zwischen die Landflächen hineinragte. Durch den Bau eines langen Deichs in den dreißiger Jahren wurde aus der Meeresbucht ein großer Binnensee, der heute sogar ein Süßwassersee ist. Der Deich trennt das südlich gelegene Marker- von dem Ijsselmeer und verbindet gleichzeitig Lelystad mit Enkhuizen, das Seglern und anderen Wassersportlern ein Begriff ist.

Aber auch für Ausflügler von Lelystad ist der verträumte kleine Ort mit seinen historischen Häuschen einen Besuch wert

Aber auch für Ausflügler von Lelystad ist der verträumte kleine Ort mit seinen historischen Häuschen einen Besuch wert, die Autofahrt dorthin dauert eine halbe Stunde. Wir bleiben heute in Lelystad und schauen uns in der Batavia-Werft um: Hier wird man ins 17. Jahrhundert zurückversetzt. Vor allem für Kinder gibt es rund um das Thema Schiffbau viel zu entdecken, etwa eine Schmiede. Man erfährt, wie Segel von Hand genäht und wie Seile hergestellt und geknotet werden. Prunkstück ist die Batavia, der Nachbau eines legendären Dreimasters der Niederländischen Ostindien-Kompanie, der 1629 gleich auf seiner ersten Reise vor Australiens Westküste sank. In den weiter nördllich gelegenen Hallen der Museumswerft kann man Schiffswracks bestaunen, die zum Vorschein kamen, als der Polder trockengelegt wurde.

Wuchtig: Hauptgebäude am Bataviahaven, dem Yachthafen von Lelystad (Foto: Heike Schweigert)

Dem Fahrradweg weiter folgend gelangen wir zum Anfang des Deichs und zu einer Brücke, die für die Durchfahrt von Schiffen geöffnet wird. Einen halben Kilometer weiter nördlich ist der beeindruckend große Yachthafen von Lelystad. Nun aber zurück zum Flugplatz, wo wir unbedingt noch ins Aviodrome möchten – ein sehenswertes Luftfahrtmuseum, das die niederländische Luftfahrtgeschichte präsentiert. Diese ist eng mit den Namen Fokker und KLM verbunden; passenderweise steht am Eingang eine Fokker 50 zur Begrüßung der Besucher. Zahlreiche Exponate draußen und drinnen zeichnen die Geschichte der Koninklijke Luchtvaart Maatschappij nach, der ältesten Airline der Welt. Größtes Ausstellungsstück ist eine ehemals von KLM betriebene Boeing 747.

Das zunächst speziell für KLM verlängerte Oberdeck des Jumbos ging später bei der 747-300 und -400 in Serie. Einheimische und ausländische Piloten schätzen den Flugplatz und die Stadt nicht umsonst für den Facettenreichtum: Erlebniswelten für Kinder, Freizeitaktivitäten und Shoppingmöglichkeiten für die Familie, aber auch die Nähe zu Amsterdam sind gute Gründe, nach EHLE zu fliegen. Mit dem Zug ist man übrigens in knapp 40 Minuten mitten im Zentrum der Metropole. Lelystad ist der meist frequentierte Flugplatz der Niederlande, was wir gut beobachten können, als wir von der Aussichtsterrasse des Restaurants das Treiben beobachten und den Tag ausklingen lassen. Wir kommen ganz bestimmt wieder – und von dem seltsam ausschauenden Höhenmesser lassen wir uns dabei ganz sicher nicht mehr überraschen.

Lelystad – Tipps und Infos

EHLE liegt südwestlich der Schnellstraße, die ins Zentrum von Lelystad führt; der Ort ist zirka vier Nautische Meilen vom Platz entfernt und gut zu erkennen. Markant ist auch eine Kartbahn direkt im Anschluss an das Flugplatzgelände nordwestlich der 1250 Meter langen Asphaltpiste, die ebenfalls schon von Weitem gut zu sehen ist. Anflugkarten sind über die Website www.ais-netherlands. nl kostenlos erhältlich, dort ist auch das Anflugverfahren beschrieben. Lelystad liegt unterhalb der TMA von Amsterdam Schiphol; diese ist Luftraum A und geht runter bis 1500 Fuß. Da das Land flach ist wie ein Pfannkuchen, sind weit und breit keine Hindernisse zu erwarten. Das Fliegen unterhalb 1500 Fuß mag für deutsche Piloten zunächst ungewohnt sein, doch in den Niederlanden (wie auch in anderen europäischen Ländern) ist es durchaus üblich und nach SERA legal bei Überlandflügen. Am Flugplatz gibt es ein Hotel (http://lelyhotel.nl), sehenswerte Ziele im Ort sind die Batavia-Werft 
(www.bataviawerf.nl) und das Niew-Land-Museum 
(www.nieuwlanderfgoed.nl). Modebewusste sollten den Besuch der Fashion-Outlets in Batavia Stad einplanen (www.bataviastad.nl/de). Beliebtes Ziel ist darüber hinaus die Stadt Enkhuizen (http://reisen.michelin.de/web/reiseziele/Niederlande-Enkhuizen), die über den Mitteldeich mit Lelystad verbunden ist.

Text & Fotos: Heike Schweigert; fliegermagazin 11/2015