flugplaetze

Flugplatz Eberswalde-Finow – EDAV

Was für ein Gegensatz: Die Region um den Flugplatz EDAV lockt mit Natur und Entspannung, während nur knapp 50 Kilometer entfernt das Berliner Großstadtleben tobt

Von Redaktion

Es ist nur ein Katzensprung von der quirligen Hauptstadt bis Finowfurt – und doch ist es, als tauche man in eine andere Welt ein. Hier bewegen wir uns zwischen Historie und entspannender Landschaft, die viele Freizeitaktivitäten bietet: Erholung pur wartet auf uns! Unser Ziel heißt Finowfurt, mitten in der Schorfheide. Aus der Luft kann man den ehemaligen Militärplatz schon einige Meilen vor Erreichen ausmachen. Das liegt weniger an der knapp 1,5 Kilometer langen Betonpiste; viel markanter sind die über 300 000 Solarmodule ringsherum. Ein starker Kontrast zum satten Grün der umgebenden Wälder und dem Blau der Seen, Kanäle und Flüsse, die sich unter uns schlängeln. Bald taucht links der riesige dunkelblaue Werbellinsee auf, rechts begleitet uns die Silhouette Berlins.

Im warmen Abendlicht ist dieser Anblick für mich immer wieder lohnenswert. Zum Nimmersattsehen. Bevor wir in Eberswalde-Finow landen, fliegen wir noch ein paar Minuten weiter Richtung Osten, um uns die beeindruckende Metallkonstruktion des Schiffshebewerks Niederfinow von oben anzusehen. Das technische Wunder wurde bereits 1934 eingeweiht und steht mittlerweile unter Denkmalschutz. Es ist das älteste Schiffshebewerk in Deutschland, das noch in Betrieb ist. Auch von einer Besucherplattform aus kann man sich die Ein- und Ausfahrten der Kähne anschauen. Spannend, wenn das riesige Gebilde in Bewegung gerät und die nicht gerade kleinen Schiffe eine Etage nach oben oder unten liftet – immerhin um 36 Meter.

Nur ein Katzensprung trennt Berlin von Finowfurt

Der große Höhenunterschied und die schwierige Wasserhaltung des Kanals waren seinerzeit der ausschlaggebende Grund, neben einer bereits vorhandenen Schleusentreppe ein Hebewerk zu bauen. Mittlerweile ist es in die Jahre gekommen, beginnt spröde zu werden, und Güterschiffe moderner Bauart passen nicht durch. Um den Engpass zu beheben, wird ein zweites Hebewerk in unmittelbarer Nähe errichtet. Obwohl es hier schwer nach Baustelle aussieht, lohnt es sich allemal, dieses technische Kunstwerk zu überfliegen – oder es auch zu Fuß zu besuchen. Hinein in die Platzrunde; Gegen- und Queranflug führen über dicht bewaldetes Gebiet. Kurz schießt mir durch den Kopf, dass der Motor hier besser nicht ausfällt: kein einziges Äckerchen in der Südplatzrunde.

Eiskalter Krieger: Die sowjetische MiG-27 war einer der 
leistungsfähigsten Jets der Warschauer-Pakt-Staaten (Foto: Stephanie Keller)

Lachend wird uns später erzählt, dass der eine oder andere Pilot schon daran gezweifelt hat, am richtigen Platz zu sein, da er den vermeintlichen See, der sich bei genauerem Hinsehen als riesige Solaranlage entpuppt, auf der Karte nicht gefunden hat. Die Optik des Flugplatzes, der bis 1994 vom sowjetischen Militär genutzt wurde, wird neben dem „See“ aus Solar-Paneln von zahlreichen Flugzeugbunkern geprägt, was ihm ein besonderes, fast bizarres und kühles Aussehen verleiht. Doch der Empfang am Boden ist freundlich, und der Eindruck, den wir schon beim Anflug hatten, bestätigt sich: Hier geht es ganz entspannt zu, das waldige Gebiet außen herum lässt uns abschalten. Allein das am Platz ansässige Luftfahrtmuseum können wir weit und breit nicht finden.

Eberswalde-Finow: Gegen- und Queranflug führen über dicht bewaldetes Gebiet

Wir werden aufgeklärt: Es liegt am Westende. Das Museum bietet einen Blick auf die militärische und zivile Luftfahrt, zu sehen sind vor allem Luftfahrzeuge sowjetischer Bauart, aber auch Triebwerke und allgemein Technik aus der Zeit des Kalten Kriegs. Es ist die größte luftfahrthistorische Sammlung ihrer Art in den neuen Bundesländern und ein Erlebnismuseum zum Anfassen und Ausprobieren – ein richtiger Abenteuerspielplatz, auch für Erwachsene. Am besten, man plant für den Besuch mehrere Stunden ein. Die Geschichte des Flugplatzes kommt ebenfalls nicht zu kurz. Wie viele andere auch diente der 1936 gebaute Platz im Zweiten Weltkrieg als Militärbasis; er wurde später von sowjetischen Truppen besetzt. Bis Anfang der neunziger Jahre flogen hier Jäger und Bomber.

Nach der politischen Wende in den Warschauer-Pakt-Staaten verließen die letzten Kampfflugzeuge Finow am 11. Mai 1993 in Richtung Ross, Weißrussland. Seitdem ist der Platz für den zivilen Flugverkehr geöffnet. Zugelassen ist er für alle Maschinen mit einem Abfluggewicht bis 14 Tonnen. Da es nur rund 55 Kilometer bis zur Hauptstadt Berlin sind, gab es sogar Pläne, EDAV für den Linienflugverkehr zu öffnen. Im Mai 2008 wurden die Pläne jedoch verworfen, mit Blick auf die mögliche Konkurrenz zu Berlin-Schönefeld. Bevor wir nach dem Museumsbesuch die Gegend erkunden, genießen wir noch eine stärkende Kleinigkeit in „Kauffis Bistro“ und brechen zu Fuß auf. Unser erstes Ziel ist das Kloster Chorin. Im Sonnenlicht leuchtet das Backsteinrot aus der grünen Umgebung heraus.

Ehemalige Militärbasis: 1993 verließen Finow die letzten Kampfflugzeuge

Das Zisterzienserkloster entstand im 13. Jahrhundert und ist eines der großartigsten und ältesten Bauwerke der norddeutschen Backsteingotik, mit romanischen und einigen orientalischen Bauelementen. Im Sommer finden hier Konzerte statt. Direkt am Kloster laufen wir den zwei Kilometer langen Rundweg um den Amtssee. Ganz drumherum schaffen wir es nicht auf Anhieb, denn das „erste deutsche Honigrestaurant“, erweckt unsere Aufmerksamkeit. Der Stopp erweist sich als gute Entscheidung, das Essen ist sehr schmackhaft und die Einrichtung wirklich interessant. Zurück auf dem Flugplatz drehen wir noch eine kleine Runde in Richtung des reizvollen Oderbruchs. Wir folgen dem Finowkanal bis zur Mündung in die Oder.

Kanalbrücke mal anders: Die Bahn unterquert nördlich von Eberswalde die künstlich angelegte Wasserstraße (Foto: Stephanie Keller)

Dieser Weg ist nicht nur landschaftlich schön, sondern auch historisch interessant: Der Kanal ist eine der ältesten künstlichen Wasserstraßen in Deutschland. Wer mag, kann die Gegend zwischen Werbellinsee und Oder mit dem Paddelboot erkunden: Passende Angebot hat der Bootsverleih Mac Paddel in Marienwerder. Den Werbellinsee und auch den Parsteiner See lassen wir hinter uns und halten auf die Oder zu. Wie so oft hat sie heute Hochwasser; das Flussbett ist breit und hat stellenweise die Anmutung eines Sees. Dunkles Blau und saftiges Grün dominieren die Landschaft, sonnenbeschienen wunderhübsch anzusehen. Ende April/Anfang Mai sind die Hänge des Oderbruchs gelb gefärbt, dann stehen die kleinen Adonisröschen in Blüte.

Zurück auf dem Flugplatz EDAV drehen wir noch eine kleine Runde in Richtung des reizvollen Oderbruchs

Am schönsten finde ich es, dem Lauf des Flusses zu folgen und die einmalige Landschaft zu genießen. Unweigerlich kommen wir an dem historischen Fischer- und Schifferstädtchen Oderberg vorbei, wo früher die Oderschiffer wohnten. Den zweiten Tag des Wochenendes nutzen wir, um genau dort auf dem Deich entlangzuradeln. Ob zu Fuß, mit Skates oder dem Rad – wer die Zeit hat, sollte sich dies nicht entgehen lassen. Abschnittsweise haben wir links und rechts Wasserläufe. Wir fühlen uns weit weg von jeglichem Stress und Großstadtlärm. Zum Abschluss eines schönen Wochenendes fliegen wir unsere Kreise über der Schorfheide.

Geprägt ist diese einmalige Landschaft von einer schier atemberaubenden Fülle an Seen, Mooren und Wäldern und anderswo längst ausgestorbenen Pflanzen und Tieren. Hier brüten Schrei- und Seeadler, Schwarzstorch und Kranich. Die UNESCO hat den Landstrich als eines von 360 Biosphärenreservaten der Welt anerkannt und ihn damit in eine Reihe mit dem Yellowstone-Nationalpark und der Serengeti gestellt. Wenn das keinen Besuch wert ist! Im warmen Abendlicht verlassen wir die Gegend gen Heimatplatz, werden aber ganz sicher das ein oder andere Wochenende zurückkommen.

Eberswalde-Finow – Tipps und Infos

  • Der Flugplatzbetreiber ist sehr hilfsbereit, unter anderem auch bei der Suche nach einer Unterkunft. Für 25 Euro am Tag kann man über die Flugleitung einen kleinen Mietwagen reservieren (vorher anrufen); Leihfahrräder gibt es bereits ab 7,50 Euro pro Tag. Wer sich das Luftfahrtmuseum ansehen möchte, kann das nach der Landung über Funk melden und dann zum Abstellen direkt dorthin rollen – zu Fuß wären es vom Turm ansonsten bis zu 2,5 Kilometer.
  • Unterkunft: In Platznähe gibt’s die Pension „Omas Waschküche“ (Doppelzimmer 55 Euro). Direkt am Werbellinsee liegt das Café Wildau (Doppelzimmer ab 78 Euro). Die Flugleitung vermittelt auf Anfrage weitere Unterkünfte.
  • Aktivitäten: Das Luftfahrtmuseum Finowfurt ist absolut sehenswert; geöffnet April bis Oktober täglich 10 bis 17 Uhr, Winterpause bis 31. März. Zu Fuß oder per Fahrrad lohnen sich Ausflüge entlang der Finow und dem Kanal sowie in die Schorfheide. Bis Ende Februar dauert noch die Winterreparatur des Schiffshebewerks Niederfinow, danach ist es täglich von 9 bis 16 Uhr wieder für Besucher geöffnet, ab April bis 18 Uhr. Informationen dazu unter Telefon 0333/627 13 77.

Text und Fotos: Stephanie Keller, fliegermagazin 3/2012