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Milan Aircraft plant viersitziges Elektroflugzeug

Ambitionierte Pläne: Die Schweizer Firma des Ingenieurs Simon Wiedmer will bis 2029 ein viersitziges vollelektrisches Flugzeug durch die EASA-Zulassung bringen. Ein Modell im Maßstab 1:7 feierte bereits Erstflug.

Von Dirk M. Oberländer
Milan Elektroflugzeug Rendering
Rendering Milan Elektroflugzeug Bild: Milan Aircraft

Das Vorhaben ist ehrgeizig. Milan Aircraft will bis 2029 ein viersitziges Schulungs- und Reiseflugzeug mit batterieelektrischem Antrieb auf den Markt bringen. Kopf hinter dem Projekt ist Simon Wiedmer. Der Ingenieur ist selbst begeisterter Privatpilot und bringt als Erbauer einer Van’s RV-8 auch praktische Erfahrung in der Flugzeugmontage mit.

Bislang gibt es nur ein E-Flugzeug mit Zulassung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA): die Pipistrel Velis Electro. Der zweisitzige Hochdecker kann mit einer Akkuladung bis zu maximal 50 Minuten in der Luft bleiben (zuzüglich 10 Minuten VFR-Reserve im Platzbereich).

Milan plant elektrischen Viersitzer mit 400 Kilometer Reichweite

Rendering Milan Aircraft Elektroflugzeug Rendering Milan Aircraft Elektroflugzeug
Rendering Milan Aircraft Elektroflugzeug (Bild: Milan Aircraft)

Umso ambitionierter sind die Ziele von Milan Aircraft. Der in der Entwicklung befindliche viersitzige Tiefdecker soll mit einem 350 PS starken E-Motor angetrieben werden und zwei Stunden Flugzeit (plus 30 Min. VFR-Reserve) ermöglichen. Die angestrebte Reichweite liegt bei 400 Kilometern, die erwartete Höchstgeschwindigkeit bei 350 km/h, während die Reisegeschwindigkeit bei 220 km/h liegt.

Die MTOM beträgt 1750 Kilogramm, darin sind 360 Kilogramm als Zuladung für Crew und Gepäck enthalten. Damit eignet sich die Maschine auch für längere Streckenflüge. Das PPL-A-Training könnte so in Zukunft „komplett elektrisch“ erfolgen.

Um die Entwicklung und Zulassung möglichst effizient zu gestalten, arbeitet Milan-CEO Simon Wiedmer mit seinem 15-köpfigen Expertenteam und externen, etablierten Partnern zusammen. Dadurch ergibt sich eine Kooperation aus den Bereichen Luftfahrt, Elektromobilität und Forschung. Der Hersteller setzt dabei auf Komponenten, die industriell gefertigt werden können. Das soll sowohl die Zulassung als auch die spätere Endmontage deutlich vereinfachen.

Industrie-Komponenten sollen Entwicklungszeit senken

Milan CEO Simon Wiedmer (Bild: A. Jegerlehner)Milan CEO Simon Wiedmer (Bild: A. Jegerlehner)
Milan CEO Simon Wiedmer (Bild: A. Jegerlehner)

„Wir setzen bei den Akkus auf Lithium-Ionen-Technologie. Bei der Energiedichte kalkulieren wir mit Werten, die heute State-of-Art sind und warten nicht auf die Batterie der Zukunft. Das Fliegen soll umweltfreundlich sein und Spaß machen. Wir orientieren uns hier an Herstellern wie Cirrus und Van’s. Durch das relativ hohe Akkugewicht können wir nicht einfach einen Safran-Motor einbauen. Wir entwickeln einen eigenen E-Antrieb mit 350 PS Startleistung,“

beschreibt Milan CEO Simon Wiedmer die Komponentenwahl

Rund 850 Kilogramm werden die mit Rundzellen ausgestattetenr Akkus auf die Waage bringen. Beim Bau der Zelle setzt Milan auf Gemischtbauweise:

„Die hochbelasteten Teile werden aus Verbundwerkstoffen gefertigt, das betrifft beispielsweise die Flächen. Beim Rumpf setzen wir auf eine Metallstruktur – allerdings mit einer neu entwickelten Bauweise. Da möchte ich noch keine Details verraten,“

erklärt Simon Wiedmer.

Die Geheimniskrämerei ist verständlich. Denn derzeit befinden sich drei Patentanträge des Herstellers in Bearbeitung.

Premiere mit Modellstart

Einen kleinen Roll-out konnte Milan Aircraft bereits feiern. Am 7. November hob am Flugplatz Langenthal (Kanton Bern) ein Modell des Milan im Maßstab 1:7 ab. Im Rahmen des Go-Public-Events stellte der Flugzeugbauer auch seine aktuelle Roadmap vor.

Going-Public-Veranstaltung von Milan AircraftGoing-Public-Veranstaltung von Milan Aircraft
Going-Public-Veranstaltung von Milan Aircraft am Flugplatz Langenthal (Bild: Milan Aircraft)

Milan Aircraft strebt bei der EASA die Zulassung als Entwicklungs- und Herstellerbetrieb nach EASA Part 21 Light an. Der Tiefdecker selbst soll nach EASA CS-23 Standard zugelassen werden. Wobei der Antriebsstrang als Flugzeugbestandteil mit zertifiziert wird und sich die Zulassungskriterien nach der EASA SC-E 19 richten. Bis 2027 soll ein Proof-of-Concept im Maßstab 1:1 entstehen. Bereits 2028 möchten die Schweizer mit dem Milan-Prototyp in die Flugerprobung gehen. In 2029 soll schließlich die Verkehrszulassung der EASA vorliegen.

Wenn der sportliche Zeitplan eingehalten wird, wäre der Milan ein Meilenstein für die elektrische Luftfahrt in Europa. Drücken wir den Schweizern die Daumen.

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Über den Autor
Dirk M. Oberländer

Dirk M. Oberländer, Jahrgang 1975, verbrachte seine Jugend beim Segelfliegen am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Später folgte der Abschied vom Schieben und Umstieg zum Ultraleicht-Fliegen. Die zweite große Leidenschaft, das Schreiben, brachte Dirk zu Stadtmagazinen, Tageszeitungen, Kundenmedien und in die wunderbare Welt der Werbung. Immer mit einem Faible für Technik und die Menschen dahinter. So war es nur eine Frage der Zeit, bis der studierte Kultur- und Medienmanager beim fliegermagazin landete. Am Boden ist Dirk bevorzugt mit Laufschuhen und Rad unterwegs – im Urlaub auch gern mal mit Zelt in Richtung Süden.

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