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Garmin GI 275: Das digitale Rundinstrument einfach erklärt

Garmins digitales Rundinstrument ersetzt analoge »Uhren« und bringt Zusatzfunktionen. Wir haben uns die verbauten Installationen des Geräts angesehen.

Von Redaktion
Garmin GI 275
Als Backup genehmigt Das GI 275 (oben rechts) kann alle Informationen eines klassischen »Sixpacks« auf einem runden Bildschirm zusammenfassen. Bild: Avionik Straubing

Auch wenn sich die Zeiten langsam wandeln: Rundinstrumente dominieren nach wie vor die Panels älterer Flugzeuge in der Allgemeinen Luftfahrt. Doch ihre Mechanik ist anfällig. Geht sie kaputt, will Garmin mit seinem neuen GI 275 einen digitalen Ersatz bieten. Wir erklären das Rundinstrument Garmin GI 275 im Detail.

Das Multifunktionsinstrument hat einen berührungsempfindlichen Bildschirm und passt in einen Standard-Ausschnitt mit 80 Millimeter Durchmesser. Es kann für zahlreiche Funktionen als primäre Anzeige dienen – die originalen Zeigerinstrumente dürfen dann entfernt werden.

Fluglageinstrumente zählen dazu, ebenso Kreiselkompass, Geschwindigkeitmesser, Vario, Wendezeiger und alle Motorinstrumente. Bis zu sechs GI 275 kann man mit unterschiedlicher Funktion in einem Panel installieren. Die Software und die im Inneren verbaute Technik entscheidet, was ein GI 275 genau anzeigt – von außen sieht es immer gleich aus.  

Garmin GI 275: Was kann die günstige Variante Base

Voll ausgestattet enthält das GI 275 ein Air Data, Attitude and Heading Reference System, kurz ADAHRS, das Fluglage und Airspeeds sowie Wind anzeigen kann. Auch eine Schnittstelle ist dann enthalten, mit der das Instrument nahezu alle digitalen und analogen Autopiloten ansteuern kann. Das gilt selbst für ältere Modelle wie den Century II und III, die als Serienausstattung Besitzern von Cessnas und Pipers der siebziger Jahre ein Begriff sind. Denen liefert das GI 275 gleichzeitig das sogenannte GPS-Roll-Steering, mit dem der Autopilot sehr viel präziser gesteuert wird. 

Vakuumpumpe ade!  Der mechanische Standby-Horizont (oben rechts) war das letzte pneumatisch betriebene Instrument in der Cessna 172 Rocket. Es muss einem GI 275 weichen.

Die günstigste Variante des GI 275 heißt Base und kommt ohne Lageerkennung und Autopilotfunktion aus. Sie kann so als CDI-Nadel für einen VOR- oder GPS-Navigator dienen, ebenso als Multifunktionsdisplay für Informationen wie Verkehr, Wetter oder Moving Map – sogar Stormscope, Radarhöhenmesser und Satellitenwetter lassen sich daran anschließen. 

Alle GI 275-Versionen haben ein internes GPS

Mittels einer zusätzlichen Konverterbox können Triebwerkssensoren verbunden werden, von Öldruck und -temperatur bis zu den Temperaturen von Zylinderköpfen und Abgas. So wird das GI 275 Base zum vollwertigen Engine Monitor, der analoge Motoranzeigen ersetzen darf.

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Gemeinsam ist allen GI 275-Versionen ein internes GPS. Es dient nicht zur primären Navigation, aber im Notfall lässt sich damit ein Direct-to-Kurs anzeigen, sollte die externe GPS-Quelle eines angeschlossenen Navigationsgeräts einmal ausfallen.

Eine Backup-Batterie – in der Base-Version ist sie als Option verfügbar, in den übrigen Versionen serienmäßig – ermöglicht einen Betrieb von bis zu 60 Minuten für die Darstellung des Künstlichen Horizonts. 

Das Instrument warnt auch vor Geländeannäherung

Das GI 275 benutzt eine eigene Datenbank für Hindernisse, Gelände, Navigation und die Safe-Taxi-Funktion zur Anzeige von Rollwegen. Das Update erfolgt über WLAN oder einen optionalen USB-Port, der nebenbei auch als Ladebuchse im Cockpit dient. Sollte das GI 275 mit einem Garmin-Navigationsgerät verbunden sein, etwa aus der GTN-Serie, erfolgt die Aktualisierung über die Kabel-Verbindung, mit der das Instrument mit Garmin-Geräten und anderen GI 275 verbunden wird. Mit aktuellen Daten bietet das System als Künstlicher Horizont auch die virtuelle Landschaftsdarstellung Synthetic Vision und warnt bei Geländeannäherung.

Temperaturabhängig: Um die wahre Eigengeschwindigkeit errechnen zu können, braucht das GI 275 einen Außentemperatur-Sensor.

So unterschiedlich wie die Einsatzmöglichkeiten sind auch die Gründe, warum Flugzeugeigner sich für den Einbau eines GI 275 entscheiden. Die bayerische Avionikfirma Avionik Straubing hat hat schon mehrere Maschinen mit dem Gerät ausgerüstet. Einer der ersten Kunden war Hans Griebling. Er hat in 30 Jahren Halterschaft schon viele Panel-Upgrades an seiner Rockwell Commander 114 durchgeführt. Als nun ein CDI-Anzeiger ausfiel, nutzte er die Gelegenheit für den Umstieg auf ein GI 275. Sein erster Eindruck: »Das Instrument überstrahlt geradezu die übrige Avionik. Das Display ist unglaublich brillant und scharf. Mit der Zoomfunktion auf dem Touchscreen lassen sich Kartenausschnitte besonders schnell wählen.«

Vielseitigkeit des Garmin GI 275 führt in Versuchung

Avionikspezialist Josef Breu, der den Einbau begleitete, erläutert: »Garmins mechanischer CDI liegt preislich gerade einmal 400 Dollar unter der einfachsten Version des neuen digitalen Instruments.« Ganz so ging die Rechnung bei seinem Kunden nicht auf: Griebling investierte deutlich mehr, kann nun das Instrument aber  gleichzeitig als Backup für sein Aspen-EFIS nutzen. Eine Option, die auch ein weiterer Avionik-Straubing-Kunde in seiner Cessna 172 Rocket so nutzt. Die Vielseitigkeit des GI 275 führt nun mal in Versuchung.

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Avionikexperte Breu, der zu den erfahrensten Fachmännern europaweit zählt, sieht aber selbst bei einer Komplettumrüstung des Panels noch einen Kostenvorteil gegenüber integrierten Avioniksystemen: »Ein G500 TXi einzubauen kann durchaus das Doppelte an Arbeitszeit erfordern als zwei GI 275«, sagt er. Durch die runde Bauform im Standardmaß erübrigen sich teils aufwändige Anpassungen bei der Montage, und weil das GI 275 von hinten montiert wird, schließt es bündig mit dem Instrumentenbrett ab. So erspart man sich bei Kunststoff-Panelverkleidungen unschöne Ausschnitte.

Eibauaufwand steigt je nach Funktionsumfang

Zwei GI 275 übereinander könnten den Künstlichen Horizont und den Kreiselkompass als primäre Kreiselinstrumente ersetzen – und gleich die Anzeige von Speed, Höhe, Vario, Kursablage und Wendezeiger ergänzen. Mehr wäre auf dem Primary Flight Display (PFD) eines Glascockpits auch nicht zu sehen.

Per Schalter lässt sich das GI 275 von all seinen vielen Betriebsarten gezielt auf den Modus »Künstlicher Horizont« umstellen – erforderlich für die Zulassung als Backup.

Allerdings steigt der Einbauaufwand je nach Funktionsumfang: Externe Sensoren für das Erdmagnetfeld oder die Außentemperatur müsseb ebenso wie Antennen für den GPS-Empfang installiert und mit den Geräten im Panel verbunden werden. Hier zahlt sich eine gute Planung und die Beratung durch den Avionikbetrieb aus. 

„Garmin hat beim GI 275 seine Hausaufgaben gemacht“

Breu ist vor allem vom Zulassungsaufwand beeindruckt, den Garmin betrieben hat: Das GI 275 erfüllt die Zertifizierungskriterien der Technical Stand Order (TSO) der US-amerikanischen Zivilluftfahrtbehörde FAA. Damit ist es aus Sicht der Behörde ein ganz normales Fluginstrument. Die Approved Model List ist 36 Seiten lang und beinhaltet  mehr als 1000 Flugzeugtypen, darunter auch große Turboprops wie Beech King Air und Single-Pilot-Geschäftsreisejets wie Cessnas CitationJet-Reihe. Zum Vergleich: Dieselbe Liste für Garmins G5-Display umfasst gerade einmal zehn Seiten. 

Schließlich, so Breu, ermögliche der Design Assurance Level – ein Maß für die Zuverlässigkeit des Systems –  Avionik Straubing sogar, erweiterte Musterzulassungen für große Jets zu erstellen. Breu: »Man kann sagen, dass Garmin beim GI 275 seine Hausaufgaben gemacht hat.«

Autor: Christof Brenner. Erstmals erschienen im fliegermagazin 08/2021

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