Powerflarm Flex im Test: Wie gut ist der Kollisionswarner?
Die meisten portablen Kollisionswarner »sehen« nur einen Teil des elektronisch erkennbaren Verkehrs. Das neue Powerflarm Flex dagegen empfängt alle Signalarten und strahlt sogar selbst ein FLARM-Signal aus. Wie bewährt sich der Alleskönner in der Praxis?

Gleich im Anfangssteigflug nach dem Start in Itzehoe ist selbst durch die Dämpfung der besten ANR-Headsets hindurch das eindringliche Piepsen des Powerflarm Flex nicht zu überhören. Ein Blick auf den LED-Kreis am Gerät zeigt sofort: Vorne links vor uns ist was! Das LC-Display daneben symbolisiert einen Hubschrauber.
Und dank Sprechfunkabsprache wissen wir noch mehr: Im Schwebeflug wartet der Rettungshubschrauber »Christoph 67« über seiner Station unseren Start ab. Wie die meisten Rettungshubschrauber hat er nicht nur ADS-B, sondern auch einen FLARM-Sender an Bord. Wir erkennen ihn elektronisch also gleich auf zwei Wegen und er uns auch.
Bevor das Powerflarm Flex warnt
Die Furcht vor einem Zusammenstoß in der Luft treibt viele Piloten um. Die technische Problematik ist altbekannt und wurde auch im fliegermagazin schon viel diskutiert: Kleinflugzeugen wurde vor vielen Jahren die Einrüstung von Mode-S-Transpondern vorgeschrieben – eine damals schon absehbar unzureichende Technologie, die keine Positionsdaten aussendet.
Aus der Großluftfahrt kommen ADS-B-Transponder auch in kleinere Flugzeuge, die zusätzlich eine GPS-Position ausstrahlen. Und vom Segelflug aus verbreitet sich auch in Motorflugzeugen immer mehr der FLARM-Standard, der ebenfalls GPS-Positionsdaten im Signal mitliefert.
Verkehrserkennung: Die drei Signalarten
Auch wenn weitere Technologien in der Entwicklung sind, wird Flugverkehr derzeit mit drei Arten von Signalen erkannt:
- TRANSPONDER MODE S/C Die Aussendungen von Transpondern auf der Frequenz 1090 MHz enthalten den Squawk Code sowie die Flughöhe, eventuell weitere Informationen wie das Rufzeichen, aber keine Positionsangabe. Deshalb lässt sich die Entfernung eines Ziels nur anhand der Signalstärke schätzen, die Richtung muss mit einer Peilanlage bestimmt werden.
- ADS-B Die bei uns auf 1090 MHz, in den USA auch auf 978 MHz von ADS-B-Transpondern ausgestrahlten Signale enthalten eine exakte GPS-Position. Ist ein zertifiziertes GPS mit dem Transponder verbunden, wird dies für den Empfänger angezeigt.
- FLARM FLARM-Sender nutzen die öffentliche Frequenz 868 MHz und sind deshalb in ihrer Signalstärke eingeschränkt. Sie strahlen eine exakte GPS-Position aus.
Signal Integrity
Mit dem ADS-B-Signal wird auch ein Code für den »Signal Integrity Level« (SIL) ausgestrahlt. Stammt die Positionsangabe im Signal von einem nicht zertifzierten GPS, hat der SIL den Wert 0.
Das führt dazu, dass manche Einbau-Verkehrswarner gerade in größeren Flugzeugen solche ADS-B-Signale ignorieren – eine potenziell gefährliche Maßnahme, die eigentlich vor Fehlalarmen schützen soll.
Powerflarm Flex im Praxiseinsatz
Offensichtlicher Vorteil von ADS-B und FLARM: Tauschen Flugzeuge ihre genaue Position elektronisch aus, können Kollisionswarner zuverlässig vor einer Annäherung warnen. Es gibt Einbaugeräte, die alle genannten Signale erkennen und vor entsprechendem Verkehr warnen. Sie sind aber teuer. Charterpiloten, die oft in verschiedenen Flugzeugen unterwegs sind, nutzen sie nicht viel. Deshalb sind portable Kollisionswarner sehr beliebt.
Zu denen zählt auch das neue Powerflarm Flex von Flarm aus der Schweiz, den Erfindern dieses Funkstandards. Das Gerät kostet 1570 Euro und ist damit der teuerste portable Kollisionswarner, aber er kann auch mit großem Abstand am meisten!
Größerer Überblick im Luftraum
ForeFlight Sentry Plus: Nur in der Navigations-App ForeFlight zeigt das Gerät ADS-B- und FLARM-Signale an. Es hat einen CO-Warner und kostet 875 Euro. Das einfachere Sentry (650 Euro) erkennt nur ADS-B. Sky Echo 2: Das Gerät zeigt ADS-B- und FLARM- Signale in gängigen Navigations-Apps an. Es kann ein schwaches ADS-B-Signal aussenden, was aber derzeit nur in Großbritannien erlaubt ist (798 Euro). Garmin GDL 50: Anders als die übrigen Geräte verbindet sich das GDL 50 per Bluetooth, nicht WLAN. Es zeigt in gängigen Apps ADS-B-Verkehr an und kostet 939 Euro. Stratux: Die Software ist ein Open-Source-Projekt, dazu gibt es die Hardware in Einzelteilen oder als Bausatz für wenige hundert Euro zu kaufen. Stratux zeigt ADS-B- und FLARM- sowie Mode-S/C- Signale in gängige Apps an. Bau, Konfiguration und Betrieb erfordern Computer-Verständnis und den Willen zur »Bastelei«.
Die meisten Kollisionswarner, die zu Preisen bis nahezu 1000 Euro angeboten werden, erkennen nur einen kleinen Teil des Verkehrs. Sie haben kein eigenes Verkehrsdisplay, sondern übertragen die Daten drahtlos per WLAN oder Bluetooth an Navigations-Apps auf Tabletcomputern oder Smartphones.
Manche Geräte empfangen nur ADS-B-Verkehr, andere zusätzlich auch FLARM-Ziele. Einfache Mode-S- oder Mode-C-Signale erkennen diese Geräte nicht. Werden dann in den Apps Flugzeuge angezeigt, so könnte beim Piloten schnell in Vergessenheit geraten, dass nur ein Bruchteil der Verkehrslage dargestellt wird.
So zeigt das Powerflarm Flex den Verkehr an
Das Powerflarm Flex dagegen warnt vor jeglichem Verkehr, der eine der drei Signalarten verwendet. Und das tut das Flex nicht nur per WLAN oder Bluetooth in den gängigen Navigations-Apps, sondern auf gleich zwei eigenen Displays. Ein auch im Sonnenlicht sehr gut ablesbares LC-Display in der Mitte der Vorderseite stellt ein Lagebild des Verkehrs dar.
Die Zoomstufe kann, wie alle anderen Einstellungen, mit dem Dreh-/Druckknopf rechts gewählt werden. ADS-B- und FLARM-Verkehr wird mit exakter Position und teils mit Symbolen angezeigt, die sogar mehr über den Flugzeugtyp verraten. So sieht man, ob es sich um ein Verkehrsflugzeug, einen Hubschrauber oder einen Motorschirm handelt.
Warnsystem mit LED-Anzeige
Mode-S- und Mode-C-Verkehr strahlt keine exakte Position aus, nur die Höhe. Er wird als Kreis um die eigene Position mit einer relativen Höhenanzeige dargestellt. Der Kreis soll den Abstand symbolisieren, den das Flex aus der Signalstärke des fremden Transponders abschätzt. Eine Richtungsanzeige ist nicht möglich, ebenso wenig die Anzeige dieses Verkehrs in den Navigations-Apps.
Links daneben befindet sich das »Bedrohungsdisplay« mit zwölf LEDs, die nur dann aufleuchten, wenn akute Kollisionsgefahr besteht – und zwar in der passenden Position des »LED-Zifferblatts«. Außer dem lauten Piepen gibt es keine gesprochene Warnung – die liefern allerdings manche Navigations-Apps mit Hilfe der Powerflarm-Verkehrsdaten.
Powerflarm Flex: Senden, Empfangen und einfache Montage
Das Powerflarm Flex kann noch mehr: Es sendet selbst ein Flarm-Signal aus, sodass die eigene Maschine für andere Flarm-Empfänger erkennbar wird. Damit es nicht zu Verwirrung kommt, muss dazu einmalig der flugzeugspezifische Hex-Code des eigenen Transponders im Flex eingegeben werden. Wir bringen das Powerflarm Flex mit einer optional erhältlichen Saugnapfhalterung vorne links an der Frontscheibe der Cirrus an.
Das Lithium-Ionen-Akku ist ebenfalls nicht im Preis enthalten, das empfohlene Modul kostet unter zehn Euro. Es lässt sich per USB-C laden und hält etwa zehn Stunden. Sowohl auf dem Geräte-Display als auch in den Apps werden auf unseren Flügen zuverlässig alle drei Arten von Verkehr angezeigt. Mit Nachfragen bei Pilotenkollegen stellen wir sicher, dass auch wir als Flarm-Ziel zu sehen sind.
GPS & Fluglage
Alle Kollisionswarner liefern ein GPS-Positionssignal an verbundene Tabletcomputer oder Smartphones, das von Navigations-Apps genutzt werden kann. Viele Kollisionswarner (aber nicht das Flex) senden auch Fluglagedaten an die gängigen Navigations-Apps. Diese können damit einen künstlichen Horizont mit Synthetic-Vision-Landschaft darstellen – was im Notfall praktisch sein kann.
Die zum Gerät erhältliche App Flarm Hub bietet nach einigen Flügen eine spannende Funktion: Sie wertet aufgrund der empfangenen Daten die Reichweite des Geräts aus. Wir stellen fest: Unsere Einbauposition funktioniert, hat aber erwartungsgemäß nach vorne links durch die Scheibe eine viel größere Reichweite als nach hinten rechts, wo die Masse unseres Flugzeugs die größte Signalabschirmung verursacht.
Powerflarm Flex im Reichweitentest
Nach vorne haben wir mindestens sechs Kilometer Reichweite. Das bedeutet im schlimmsten Fall: Sind wir mit 170 Knoten unterwegs und uns kommt jemand mit 250 Knoten entgegen, bleiben etwa 30 Sekunden von der Erkennung bis zur möglichen Kollision. Das sollte für eine Reaktion gut ausreichen.
Das Powerflarm Flex gibt durch die zusätzliche Erkennung von Mode-S/C-Verkehr eine erheblich bessere Kollisionswarnung, als es andere Geräte nur mit ADS-B oder Flarm können. Gleichzeitig ist es angenehm zurückhaltend: Ein Alarm wird nur ausgelöst, wenn akute Kollisionsgefahr besteht.
Vollständige elektronische Sichtbarkeit
Zusätzlich zum Empfang der kompletten elektronischen Verkehrslage sendet das Flex aktiv Flarm-Signale. Wer einen bereits verbauten ADS-B-Transponder damit ergänzt, deckt alle Bereiche der elektronischen Erkennbarkeit nicht nur beim Empfang, sondern auch beim Aussenden der Signale ab.
Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.
- FLARM
- Kollisionswarngerät
- Praxis