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Flugplatz Annemasse – LFLI

Der schön gelegene Flugplatz des Städtchens Annemasse ist eingebettet zwischen Schweizer Jura und Rhône-Alpen am südwestlichen Ende des Genfer Sees. Hier ist französische und schweizerische Gastfreundschaft erlebbar

Von Redaktion

Bei guter Sicht ist schon die Landung auf der Piste „12“ im französischen Annemasse den Ausflug hierher wert: Direkt in Bahnverlängerung erhebt sich in der Ferne majestätisch der Mont Blanc. Zwischen Genfer See, Schweizer Jura und dem Mont-Blanc-Massiv lockt das Pays du Leman oder Chablais auf der französischen Uferseite des Sees mit zahlreichen Ausflugsmöglichkeiten. Gerade für UL-Piloten, für die die Schweiz nach wie vor ein weißer Fleck auf der ICAO-Karte ist, bietet sich Annemasse als Ausgangspunkt an, um dann die Gegend von Genf bis Montreux per Auto zu erkunden. Dass sich hier neben landschaftlichen und kulturellen Sehenswürdigkeiten kulinarische Einflüsse aus Frankreich und der Schweiz aufs Beste verbinden, macht den Aufenthalt zusätzlich verlockend. Bereits der Flug nach Annemasse ist ein Vergnügen: Zahlreiche Segelboote in den Yachthäften des Lac de Neuchâtel und des Lac Léman machen Lust auf Urlaub.

Südliche Temperaturen, Luft, die nach See riecht und trotzdem die höchsten Gipfel der Alpen in Sichtweite – all dies ist von Süddeutschland aus in zwei, drei Flugstunden zu erreichen! Die Flugleiterin nennt Piste und Wind in Englisch, ansonsten geht hier offenbar alles nach eigenem Ermessen – Meldungen im Gegen-, Quer- oder Endanflug werden nicht verlangt. Doch schon beim Abrollen kommt auf Französisch die Frage, wie lange wir bleiben wollen. Mit meinem angestaubtem Schulfranzösisch hat Aurelie dann allerdings Erbarmen, und wie überall in der Fliegerwelt klappt auch hier die Verständigung in Englisch ganz gut. Einen Turm – wie an unkontrollierten Flugplätzen in Deutschland üblich – sucht man hier vergeblich. Direkt neben dem Flugplatzrestaurant hängt ein kleines „C“ an der Tür, hier haben der „dirécteur“ und Aurelie, die Vereinssekretärin, ihre Büros.

Fliegen in der Nähe des Mont Blanc

Der Club Aéronautique d’Annemasse (CAA) betreibt den Flugplatz hochprofessionell. Mit mehr als 400 Mitgliedern, gut 100 Flugschülern pro Jahr und 8000 Flugstunden jährlich ist der CAA einer der größten Flugsportvereine in Frankreich. 24 vereinseigene Flugzeuge, davon zwölf Robin DR 400 und fünf Piper Arrow, sind auf dem Vorfeld und in den Hangars abgestellt. Aber auch anspruchsvollere Maschinen wie eine Piper Saratoga Turbo oder eine zweimotorige Cessna 310 stehen den Vereinspiloten zur Verfügung. Aurelie schließt unseren Flugplan, ruft Besuchern gerne ein Taxi und hilft mit Informationen über die Umgebung weiter. Sie schwärmt auch von der herrlichen Sicht auf den Mont Blanc im Endanflug, warnt aber aus Erfahrung: „Wir sind hier in den Alpen, da kann sich das Wetter schlagartig ändern.“

Annemasse selbst ist eine typische französische Kleinstadt mit knapp 30 000 Einwohnern. Ihre Geschichte reicht bis in die Römerzeit zurück. Wunderschön gelegen zwischen dem Salève und den Voirons, am Zusammenfluss von Giffre und Avre, kann man hier angenehm seine Zeit verbringen. Direkt neben Annemasse lockt natürlich auch die Weltstadt Genf zu einem Bummel und Shopping-Ausflug. Hier leben jede Menge Millionäre, die Geschäfte von Armani, Chanel und Co müssen sich nicht über Kundenmangel beklagen. Zugegeben, auch bei Breitling oder Vacheron & Constantin könnte man genügend Fränkli lassen, wenn man nicht ausrechnet, wie viele schöne Flugstunden so eine Uhr wert ist. Außer diesen mondänen Seiten hat Genf auch eine bewegte Geschichte und bedeutsame Gegenwart zu bieten. Wo die Rhône den Genfer See verlässt, errichteten schon im Jahr 200 vor Christus keltische Stämme Pfahlbauten, lange bevor die Römer dort den Handelsposten Genava bildeten.

Annemasse: eine typische französische Kleinstadt

Den Ideen des Genfer Reformators Jean Calvin war es zu verdanken, dass im 17. Jahrhundert protestantische Flüchtlinge hier Asyl suchten. Mit ihnen kamen französische Hugenotten, die als Uhrenfabrikanten und Bankiers die Grundsteine für den heutigen Reichtum der Stadt gelegt haben. 1792 annektierte Napoleon Bonaparte sie als Hauptstadt des Departement Léman, erst seit 1815 ist Genf der 22. Kanton der Schweizer Eidgenossenschaft. Heute hat sich die Großstadt einen Namen als Sitz zahlreicher internationaler Organisationen gemacht. 1919 wurde Genf Sitz des Völkerbundes, nach dem Zweiten Weltkrieg europäischer Standort der Vereinten Nationen, nicht zu vergessen das Internationale Rote Kreuz, das vom Schweizer Henri Dunant gegründet wurde. Dieses internationale Flair ist überall spürbar, sei es bei einem Bummel durch die historische Altstadt oder beim Besuch des UNO-Viertels.

Weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt ist seit 1891 die Fontäne im Hafen, die bereits im Gegenanflug auf Annemasse deutlich zu erkennen ist. Mit fast 200 Stundenkilometern pro Sekunde werden 500 Liter Wasser in die Höhe gepresst. Fast 1000 Kilowatt bringen die Pumpen auf, um diese 140 Meter hohe Wasserfontäne sprudeln zu lassen. Zur Entspannung nach dem Besuch der Weltstadt kann man im mittelalterlichen Städtchen Yvoire am französischen Ufer die Seele baumeln lassen. Schloss, Hafen und Befestigungsanlagen stammen ursprünglich aus dem 14. Jahrhundert. Yvoire steht unter Denkmalschutz und kokettiert noch mit seiner Vergangenheit als armes Fischerdorf, doch es gehört heute zu Recht der Vereinigung der schönsten Dörfer Frankreichs an. Der ehemalige Schlossgarten in Dorfmitte ist mit einem Pflanzenlabyrinth im Stil mittelalterlicher Gärten angelegt. Hier kann man gemütlich in einem Restaurant am See sitzen, bestes Essen und Sonnenschein genießen und mit sich und der Welt zufrieden sein.

Der Club Aéronautique d’Annemasse (CAA) betreibt den Flugplatz hochprofessionell

Zu den kulinarischen Köstlichkeiten der Region, etwa dem „Fondue Savoyar“ oder „Filets de Perche“, gehört natürlich ein erlesener Wein: Ein paar Kilometer Richtung Osten liegt am Seeufer das 1434 erbaute Château Ripaille, dessen Weine mit der nur hundert Mal vergebenen Geschmacksauszeichnung „Sites remarquables du goût de France“ ausgezeichnet wurden. Der erste Herzog von Savoyen, Amadeus VIII, residierte hier und nutzte die 53 Hektar Wald, die zum Schloss gehören, als Jagdgründe. Nachdem Aurelie in Annemasse so von der Aussicht auf den Mont Blanc geschwärmt hatte, sollte man wirklich einen Abstecher in die Alpen einplanen. Ab Thonon les Bains kann man der Route des Grandes Alpes folgen, vorbei am Mont Evian und nach Chamonix fahren, um den Berggiganten und riesige Gletscher direkt vor Augen zu haben.

Unterwegs wird’s nicht langweilig: Zum einen wären alle Ortschaften, durch die man kommt, schon eine Pause wert, zum anderen wird die Landschaft immer beeindruckender. Schroffe steile Felsen und Gebirgsbäche machen klar, dass man schon einige Höhenmeter hinter sich gebracht hat. Der Mont Blanc erhebt sich übrigens – auch wenn immer mal wieder unterschiedliche Höhenangaben auftauchen – nach einer offiziellen GPS-Messung durch die französischen Behörden 4808,70 Meter über dem Meeresspiegel. Ein Ausflug mit der Seilbahn, die seit 1954 von Chamonix zur immerhin 3842 Meter hohen Aiguille du Midi führt, ist ein beeindruckendes Erlebnis. Nach dem Ausflug ins Hochgebirge wird es Zeit, am Genfer See wieder Wärme zu tanken und vor dem Heimflug noch Montreux zu besuchen, gerne als „Perle der schweizerischen Riviera“ bezeichnet. Der Fin-de-Siècle-Charme der Nobel- Hotels und imposante Bankgebäude prägen das Stadtbild.

Nach dem Ausflug ins Hochgebirge wird es Zeit, am Genfer See wieder Wärme zu tanken

Auf dem Rückweg zum Club Aéronautique d’Annemasse führt die Straße größteneteils malerisch am Ufer des Sees entlang. Im Restaurant am Aérodrome gibt’s noch einen letzten Kaffee, bevor es auf den Heimweg geht. Flugvorbereitung, Einholen von Wetter-Infos und Aufgabe des Flugplans – all das klappt reibungslos mit netter Unterstützung des CAA-Sekretariats. Noch ein neugieriger Blick in einen der Hangars: Hier stehen eine auf Hochglanz polierte P-51D Mustang und gleich daneben eine F-4U Corsair. Wer also Glück hat, bekommt bei seinem Abstecher nach Annemasse auch noch eine Warbird-Airshow geboten.

Annemasse: Tipps und Infos

  • So kommt man hin: UL-Piloten aus Deutschland können (noch) nicht auf kürzestem Wege anfliegen, sondern müssen eine Route wählen, die die Schweiz meidet. Für alle anderen heißt es, die ED-R über Payerne zu beachten. Vorsicht: In 3500 Fuß beginnt die Kontrollzone von Genf. Die Abflugroute sollte zur Lärmvermeidung genau eingehalten werden!
    Ein Anflugblatt gibt es in der französischen AIP unter www.sia.aviation-civile.gouv.fr/aip/enligne/ METROPOLE/AIP/VAC/A/VAC%20AD%202.LFLI. pdf
    Im Final der „30“ muss mit Turbulenzen gerechnet werden!
  • Unterkunft: Hotel Le Lémanic in Amphions-les-Bains, www.hotelplage74.com, Tel. 0033/450/700006, Hotel Le Bourgongne in Evian, Rue Nationale 73, Tel. 0033/450/750105.
  • Ausflüge: Unvergesslich ist der Flug als Gast im Segelflugzeug mit bester Mont- Blanc-Sicht bei der Ecole de pilotage Planeurs, Léman-Mont-Blanc, Vélisurface des Moises, 74420 Habere-Poche, Tel. 0033/450/39 5656, www.planeur74.com
    Für Wasserratten gibt es River-Rafting auf der Dranse, Tel. 0033/450/263741, www.alpovive-rafting.com
  • Kultur pur: Ein ganzer Tag in Genf – die Stadt von Johannes Kepler, Johannes Calvin, Ubbo Emmius, Jean Jacques Rousseau und Louis Favre. Wilde Natur bietet „Les Gorges du Pont du Diable – Die Schlucht an der Teufelsbrücke“: Zerklüftete, teils unterirdische Felswände zeugen von der Erosionskraft des Wassers der Alpengletscher.
  • Infos unter www.lepontdudiable.com

Text: Ulrike Schneider, fliegermagazin 3/2005