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Flugplatz Arnstadt-Alkersleben – EDBA

Goethe, Bach und die Romantiker: Die Region um den Thüringer Wald ist ein kultureller Hotspot – und das Zuhause einer lebendigen Fliegergemeinde

Von Redaktion

Wenn es so etwas wie die Wiege deutscher Kultur gibt, dann ist sie wohl am Fuß des Thüringer Walds zu finden, irgendwo zwischen Weimar, Eisenach und Arnstadt. Wo heute die Flieger von Alkersleben zu Hause sind, zog vor gut 300 Jahren ein Arnstädter Kapellmeister namens Johann Sebastian Bach durchs Land – vermutlich ein Orgelpräludium pfeifend. Später kamen die Dichterfürsten Goethe und Schiller hierher und ließen sich von der Natur inspirieren. Schließlich schwärmten im 19. Jahrhundert Romantiker wie Gustav Freytag ebenso leidenschaftlich wie verklärt vom berühmtesten deutschen Wanderweg, dem Rennsteig im Thüringer Wald. Deutlich jünger ist die Geschichte der thüringer Luftftwanderer, die nicht weniger leidenschaftftlich von ihrer Heimat schwärmen Im Jahr 2004 feierten die Piloten von Alkersleben das dreißigste Jubiläum ihres Platzes. Der wurde 1974 gegründet, weil die Erfurter Segelflieger ihr angestammtes Domizil am Roten Berg zugunsten einer Wohnsiedlung aufgeben mussten.

Ein neues Zuhause mit 1000 Meter langer Graspiste bekamen die Piloten in Alkersleben; Flugplatzgebäude mit Übernachtungsmöglichkeiten, Hangar, Werkstatt und Garagen inklusive. Nachdem die DDR 1979 die Flugplätze von Gotha und Bad Berka geschlossen hatte, kamen die Segelflieger von dort ebenfalls nach Alkersleben. Der neue Platz lag im Einflussbereich der so genannten Thüringer Leewelle, einem Aufwindgebiet, das zu DDR-Zeiten wegen seiner Grenznähe für den Leistungsflug weitgehend tabu war. Erst seit der Wiedervereinigung ist dieser Luftraum wieder zugänglich. Nach der Wende wurde eine Flugplatz-GmbH gegründet, zu deren Gesellschaftern auch die Nachbargemeinden gehören. An einem Bürgerbegehren gegen den Ausbau zum Verkehrslandeplatz beteiligten sich 1994 etwa 90 Prozent der stimmberechtigten Anwohner – fast 70 Prozent stimmten für den Ausbau! Der Volksentscheid war eine der Hauptvoraussetzungen für den Bau der 870 Meter langen Asphaltbahn.

Thüringer Wald: Erst seit der Wiedervereinigung ist dieser Luftraum wieder zugänglich

Außerdem entstand eine neue Tankstelle, dazu Wirtschaftsgebäude. Durch die Autobahn 71 ist der Platz heute zudem hervorragend für den Straßenverkehr erreichbar – nur etwa acht Kilometer sind es nach Arnstadt. Inzwischen hat sich das Potenzial der Region herumgesprochen: Im vergangenen Jahr nahm ein Joint Venture von Lufthansa und Rolls-Royce zur Wartung von A340- und A330-Triebwerken im nahen Arnstadt-Rudisleben, dem größten Gewerbegebiet Thüringens, den Betrieb auf. Neben verschiedenen Unternehmen und einer Flugschule mit Charterbetrieb ist am Platz der Aeroclub Arnstadt heimisch, außerdem der Segelflugclub Erfurt, der Thüringer Fliegerclub für UL-Piloten und die Erfurter Fallschirmspringer.

Als erster Flugplatz in Thüringen ist Alkersleben seit 2007 auch für Starts und Landungen ohne Flugleiter offen. Das Angebot kann jeder nutzen, der vorher eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet hat (Download unter www.flugplatz-alkersleben.de). Die Öffnungszeiten konnten auf diese Weise an allen Wochentagen auf 6.00 bis 22.00 Uhr (Ortszeit) ausgeweitet werden, wobei zwischen 9.30 und 18.30 Uhr oder Sunset plus 30 Minuten ein Flugleiter anwesend ist. Jenseits von Flugplatzausbau und wirtschaftlichem Wachstum hat man in den letzten Jahren auch das touristische Potenzial am Fuß des Thüringer Waldes wiederentdeckt: Die Region gilt als eine der traditionsreichsten Kulturlandschaften Deutschlands. Große Dichter und Komponisten haben hier ihre Spuren hinterlassen. Neben Bach, Schiller und Goethe unter anderm Willibald Alexis, der als Begründer des historischen Romans gilt, der Dichter und Märchensammler Ludwig Bechstein und die Schriftstellerin Eugenie John.

Als erster Flugplatz in Thüringen ist Alkersleben seit 2007 auch für Starts und Landungen ohne Flugleiter offen

Außerdem haben zahlreiche Fürsten, Architekten und Baumeister das Bild der Landschaft geprägt. Besonders markant: die „Drei Gleichen“, ein einzigartiges Burgen-Ensemble, nur wenige Flugminuten westlich vom Verkehrslandeplatz Alkersleben gelegen. Die weithin sichtbaren Festungen Mühlburg, Wachsenburg und Burg Gleichen thronen wie steinerne Riesen aus einer sagenhaften Vergangenheit auf ihren Hügeln – und sind markante Navigationshilfen für Sichtflieger. Arnstadt selbst ist neben Eisenach, Ohrdruf und Weimar eine der berühmten Bachstädte in Thüringen – 1703 hatte der damals 18 Jahre alte Barock-Komponist in der Neuen Stadtkirche von Arnstadt (heute Bachkirche) sein künstlerisches Debüt. Schon damals spiegelte er an derselben Orgel, die nach aufwändiger Restaurierung heute wieder erklingt. Am 20. März dieses Jahres beginnt mit einem großen Eröffnungskonzert das jährliche Bach-Festival. Bis zum 4. April werden dann viele Werke des Komponisten zu hören sein.

Auch die Altstadt erstrahlt mit ihrer vielseitigen Architektur aus Gotik, Renaissance und Barock heute wieder in altem Glanz. Eine der ausgefallenen Attraktionen: das Puppenmuseum „Mon Plaisir“ mit 391 kunstvoll aus Wachs gefertigten Figuren in einer historischen Puppenstadt, liebevoll inszeniert im Arnstädter Stadtschloss. Außer Bach gehören noch zwei weitere „B“ zu den Aushängeschildern der Region: Sie stehen für Braukunst und Bratwurst. Arnstadt beansprucht für sich die Erfindung der Thüringer Rostbratwurst – und führt als Beweis das älteste schriftliche Zeugnis an, in dem von ihr die Rede ist. Selbstverständlich wurde der 15 Zentimeter langen, feinwürzigen Spezialität durch das offizielle Arnstädter Bratwurstmuseum ein angemessenes Denkmal gesetzt. Nebenbei gilt die Stadt als Erfindungsort des Weizenbieres – schon das ist eine Reise ins thüringer Kulturland wert.

Arnstadt-Alkersleben – Tipps und Infos

So kommt man hin: Der Flugplatz liegt etwa acht Kilometer (fünf Nautische Meilen) östlich von Arnstadt in einer Ebene, umgeben von Bergkuppen bis knapp 2000 Fuß Höhe. Von Arnstadt kommend verläuft auf halber Strecke die Autobahn 71 von Nord nach Süd. Südlich der Kontrollzone Erfurt (Luftraum D bis 3000 Fuß) bildet die A 4 eine weitere Auffanglinie, das Autobahnkreuz markiert den Pflichtmeldepunkt Sierra. Ausweichplätze (und lohnende Ziele) liegen östlich von Weimar (Umpferstedt) und bei Bad Berka und Rudolstadt (Groschwitz). Staubewölkung an den Kuppen des Thüringenger Waldes kann VFR-Anflüge aus West und Südwest unmöglich machen. Im Saaletal nordöstlich des Platzes hält sich öfter der Bodennebel. Die Platzrundenhöhe (Südplatzrunde) beträgt 2100 Fuß MSL, Wohngebiete sind zu meiden – insbesondere die Ortschaften rechts und links des Abflugs von der „27“.

Unterkunft: Übernachtungen direkt auf dem Flugplatzgelände sind nach vorheriger telefonischer Absprache sowohl im mitgebrachtem Zelt als auch im Haus möglich. Kooperationen mit umliegenden Pensionen soll es bald geben. Ein Doppelzimmer im Hotel „Goldene Henne“ in der Arnstädter Innenstadt kostet mit Frühstück derzeit 51 Euro – weitere Übernachtungsmöglichkeiten vermittelt die Tourist-Information in Arnstadt (Telefon 03628 / 60 20 49, www.arnstadt.de).

Aktivitäten: Am Flugplatz ist ein Fahrradverleih und eine Autovermietung geplant. Eine Taxifahrt nach Erfurt kostet zirka 25 Euro (www.erfurt-tourismus.de), nach Arnstadt sind es 18 Euro. Dort ist für eine deftige thüringer Mahlzeit die Ratsklause gegenüber der Bachkirche empfehlenswert. Alles rund um die Thüringer Rostbratwurst zeigt das Bratwurstmuseum. Für die zahlreichen Wanderrouten in der Umgebung sollte man genügend Zeit mitbringen. Bei der Planung hilft die Tourist-Information am Markt 3.

Text: Robert Kluge, fliegermagazin 4/2009