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Flugplatz Bautzen – EDAB

Zu Bautzen fallen vielen Menschen noch immer düstere Bilder von Zuchthaus und Stasi ein. Doch die kleine sächsische Stadt an der Spree hat viel Schönes zu bieten – gerade für Flieger ist sie ein sehenswertes Ziel

Von Redaktion

Schon im Anflug staunen wir über die Dimensionen des früheren Militärplatzes im Osten der Stadt. Angelegt wurde er Ende der dreißiger Jahre von der Wehrmacht; heute ist er schon von Weitem aus der Luft gut an den Solarkollektoren zu erkennen, die parallel zur Landebahn stehen. Die Piste ist beeindruckende 2200 Meter lang: Hier können ausgewachsene Verkehrsflugzeuge starten und landen, Bautzen ist für das Handling gerüstet. Zwischen 1958 und 1990 donnerten MiG-15, Schulflugzeuge vom Typ L-29 und L39 hier herum, zuletzt auch MiG-29; Hausherr war das Flugausbildungsgeschwader FAG 25 der Offiziershochschule der NVA-Luftstreitkräfte.

Heute sind ein Rettungshubschrauber und eine Hubschrauberstaffel der Bundespolizei in Bautzen stationiert, dazu haben diverse Privatflieger und der Oberlausitzer Flugsportclub hier ihre Basis. Der Club bietet unter anderem UL- und Segelflugausbildung sowie Tragschrauber-Rundflüge an. Seit zehn Jahren findet in Bautzen jeden Sommer die größte sächsische Flugschau statt, die „Flugtage Bautzen“. Wir drehen eine Sightseeing-Runde um die Stadt: ein ansehnlicher Ort mit historischem Zentrum, einem großen Bahnhof und den zwei imposanten, von Mauern umgebenen Gebäudekomplexen – die berühmt-berüchtigten Gefängnisse. Bautzen I, umgangssprachlich als „Gelbes Elend“ bekannt, ist noch immer eine Justizvollzugsanstalt.

Seit zehn Jahren findet in Bautzen jeden Sommer die größte sächsische Flugschau statt

Bautzen II, der „Stasi-Knast“, ist heute eine Gedenkstätte. Ab 1956 war es dem Ministerium des Innern unterstellt, die meisten Inhaftierten saßen hier aus politischen Gründen. Im Dezember 1989 wurden die letzten politischen Gefangenen aus der Haft entlassen, bis 1992 diente der Komplex weiter als Gefängnis, bevor er ein Jahr später zur Gedenkstätte umgewidmet wurde – dank der Arbeit der Initiative Bautzen-Komitee e. V., in der sich ehemalige Häftlinge zusammengeschlossen haben. Wir rollen über breite Taxiways zum mächtigen Vorfeld und gehen zum Tower. An einen Erdwall geduckt und mit Beton geschützt sieht er noch immer aus wie ein Gefechtsstand.

Gut versteckt: Der Tower von EDAB (Foto: Rolf Stünkel)

Auf der Taxifahrt nach Bautzen, in „Höhe Null“, zeigt sich die Stadt von ihrer Schokoladenseite: Ein hübsches Villenviertel am anderen, ganze Straßenzüge aus der Kaiserzeit wie aus dem Ei gepellt – es ist ein schmuckes Stadtbild wie in Göttingen, Wiesbaden oder Görlitz. Wir checken in der edel sanierten „Villa Antonia“ ein. Das gemütliche kleine Hotel hat eine schöne Freiterrasse und im Untergeschoss zünftige „Tiroler Stuben“. Bautzen, die historische Hauptstadt der Oberlausitz, liegt etwa 50 Kilometer östlich von Dresden und wurde erstmals 1002 erstmals als „Budusin“ erwähnt. Der Name geht vermutlich auf „Budetzsch“ für „Grenzort“ zurück. Im Jahre 1523, Bautzen zählte sich schon zu den größten Städten Mitteldeutschlands, kam erstmals der aktuelle Ortsname in Gebrauch; er wurde erst 1868 offiziell eingeführt.

Auf der Taxifahrt nach Bautzen, in „Höhe Null“, zeigt sich die Stadt von ihrer Schokoladenseite

Heute leben hier rund 40 000 Einwohner, von denen etwa fünf bis zehn Prozent zur sorbischen Minderheit gehören und Bautzen als politisches und kulturelles Zentrum betrachten. Ein Blick in den Reiseführer zeigt die wechselvolle Geschichte der Stadt: um 1000 nach Christus gehörte sie zu Polen, später zum Heiligen Römischen Reich, dann zu Böhmen, Brandenburg, Ungarn, Sachsen und unter Napoleon schließlich für kurze Zeit sogar zu Frankreich. Das heutige Bautzen kann sich auf einen guten Branchenmix stützen, der vom berühmten Senf und der Wurst- und Feinkostproduktion über Orgel- und Backofenbau bis hin zur Entwicklung und Herstellung von Schienenfahrzeugen oder IT-Lösungen reicht. Wegen der zahlreichen Behörden gibt es überdurchschnittlich viele öffentlich Bedienstete, Rechtsanwälte und Notare.

Die Stadt lässt sich bestens zu Fuß erkunden. Für den Kurzstopp mit einer Übernachtung empfiehlt sich ein Bummel zum historischen Stadtkern mit Abendessen und Kneipentour. Tags darauf sollte man Zeit für die Gefängnis-Tour einplanen. Über der Stadt, die wegen ihres Ortsbildes gern als sächsisches Nürnberg bezeichnet wird, thront die Ortenburg. Das ansehnliche Renaissancegebäude beherbergt heute das Oberverwaltungsgericht und in einem Nebentrakt das Sorbische Museum. Auch in der Altstadt gibt es allerhand zu sehen: Friedensbrücke, die Alte Wasserkunst (ein historischer Bau zur Trinkwasserversorgung) und Michaeliskirche, der Petridom und das barocke Rathaus, dessen interessante Uhren man vom Hauptmarkt aus sehen kann. Rund um den Markt stehen gut erhaltene barocke Bürgerhäuser.

Die Altstadt von Bautzen lässt sich bestens zu Fuß erkunden

Bautzen hat auch den Beinamen Stadt der Türme – der bekannteste ist der Reichenturm, auch Schiefer Turm von Bautzen genannt. Im Abendlicht sieht das 56 Meter hohe Bauwerk sehr imposant aus – auch die Neigung nach Nordwesten, die offiziell mit 1,41 Meter angegeben wird. Wir wagen uns zum düsteren Teil der Stadtgeschichte und besuchen Bautzen II, die ehemalige Sonderhaftanstalt des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit mit Hochsicherheitstrakt. Das Eingangstor inmitten einer idyllischen Wohngegend mit zahlreichen Anwaltspraxen führt direkt in eine andere Welt: An einem getarnten Verhörfahrzeug vorbei geht es ins Gefängnis, wo zahlreiche Schautafeln, Fotos, Videos und sogar Verhör-Tonbandprotokolle in den kargen Zellen dem Besucher manchen Schauer den Rücken hinunterjagen. Wer saß hier ein?

Stadt der Türme: Die historische Altstadt hat gleich mehrere geschichtsträchtige Bauwerke zu bieten – vor allem solche, die hoch aufragen (Foto: Rolf Stünkel)

„Regimekritiker, Gefangene aus Westdeutschland, Spione oder Kriminelle mit prominentem Sonderstatus“, listet die Infobroschüre auf. Bautzen geht vorbildlich mit diesem Kapitel seiner Vergangenheit um. Nichts wird beschönigt, der Besucher bekommt einen umfassenden Einblick in das damals herrschende System. Uns zieht es im Anschluss hoch hinaus: Wir laufen zum „Schiefen Turm“, klettern auf die Plattform, lassen uns den Wind um die Nase wehen und genießen die Aussicht über die schöne Altstadt.

Dann geht es zurück zum Flugplatz, wo unsere Cessnas auf uns warten; sie wirken auf dem gewaltigen Vorfeld etwas verloren. Ein kurzes Schwätzchen mit der freundlichen Flugleiterin, noch ein verstohlener Blick unter den Tower: Im Bunker dort liegen noch Relikte aus alten Tagen herum, darunter alte Uniformmützen und (leere) Munitionskisten. Kurz darauf brummen wir los Richtung Norden – um viele interessante Erfahrungen reicher.

Bautzen – Tipps und Infos

EDAB ist für Nachtflug zugelassen; Zollabfertigung ist möglich bei telefonischer Anmeldung (spätestens drei Stunden vorab). Es gibt kein Flugplatzrestaurant. Die Platzrunde verläuft nördlich in 1300 Fuß. Der bisherige Luftraum F ist seit 5. Dezember 2014 durch eine RMZ ersetzt worden, in der man auf der Platzfrequenz rufbereit sein muss. Zeitweise herrscht intensiver Hubschrauberverkehr der Bundespolizei, auch Segelflieger und Fallschirmspringer sind am Platz. Funkhilfe: 018°/17 NM from HDO 115.00 kHz.

Text und Fotos: Rolf Stünkel, fliegermagazin 2/2015