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Flugplatz Prag-Vodochody – LKVO

Von Redaktion

Für ein paar Euro kommt man mit dem Billigflieger nach Prag, über den internationalen Flughafen Ruzyně (LKPR) im Nordwesten der Stadt. Auch per Auto oder Bahn ist man schnell da. Für Privatpiloten empfiehlt es sich, einen der umliegenden Plätze anzufliegen – am besten mit einem vorherigen Flug durchs spektakuläre Elbsandsteingebirge. So ein passender General-Aviation-Platz ist Vodochody (LKVO), dessen Namen (Wochowochi? Dowodochi?) wir während unserer Visite nicht sicher auszusprechen lernten.

Die solide 2500-Meter-Piste liegt nur ein paar Meilen nördlich der Metropole und ist ohne Scherereien anzufliegen – Schengen sei Dank: Seit einigen Jahren können Privatflieger, sofern sie den Kontrollzonen der größeren Flughäfen fernbleiben, ohne Flugplan und Zollformalitäten per Kleinflugzeug ins Land einreisen und dort landen – nur wenige Staaten Europas kriegen so etwas gebacken. LKVO besteht aus dem Werksflugplatz der traditionsreichen Aero-Werke und einem winzigen Anhängsel außerhalb des Firmenzauns, das sich etwas hochtrabend „Vodochody Airport“ nennt. Ein Rollweg führt von der Bahn 28 direkt zur Parkposition auf dem Vorfeld, an dem ein paar flache Gebäude stehen.

Privatflieger können ohne Flugplan und Zollformalitäten per Kleinflugzeug ins Land einreisen und dort landen

Ein Flughafenmitarbeiter kümmert sich aufmerksam ums Tanken und sonstige Wünsche seiner Kunden; es gibt auch Kaffee. Der Zaun zwischen der kleinen Airport-Exklave und dem Aero-Werk wird nicht sehr streng bewacht: Ein freundlicher Posten in seinem Häuschen winkt die Gastpiloten zum wartenden Taxi durch. Die Lande-, Abstell- und Handlinggebühren sind moderat, die Formalitäten minimal, dennoch hat LKVO eine IFR-Zulassung und mehrere veröffentlichte An- und Abflugverfahren für Schlechtwetter. Promis wie Pop-Sänger George Michael, Sting und viele andere schätzen den diskreten Airport an der Hintertür Prags, der nur 20 Taximinuten (zirka 30 Euro) vom Zentrum entfernt liegt.

Alles fließt: Über der betriebsamen Moldau thronen der Hradschin mit der Prager Burg
 (Foto: Rolf Stünkel)

Vodochody ist zwar offiziell nur auf Anfrage (24 Stunden vorher) offen; dafür ist das Handling umso besser, wie wir selbst feststellen konnten. Durch ein kleines Missverständnis hatte keiner von uns PPR eingeholt, und unsere Cessnas waren in der Abendsonne auf einem friedlich schlummernden Platz gelandet. Am nächsten Tag – wir hatten uns inzwischen telefonisch entschuldigt – wurden wir sehr freundlich abgefertigt. Die beiden Flugzeuge waren in der Zwischenzeit sogar betankt worden! Die ehrwürdigen Aero-Flugzeugwerke, Tafelsilber der tschechischen Rüstungsindustrie, können auf eine fast 100-jährige Tradition zurückblicken; seit 1953 wird in Vodochody produziert.

Ein freundlicher Posten in seinem Häuschen winkt die Gastpiloten zum wartenden Taxi durch

Elf Jahre zuvor war der Flugplatz von den deutschen Besatzungstruppen angelegt worden und diente dem stellvertretenden „Reichsprotektor Böhmen und Mähren“, Reinhard Heydrich, als eine Art Privatflugplatz. Heydrich lebte auf einem Landgut gleich um die Ecke; seine Frau und Kinder blieben nach seiner Ermordung im Juni 1942 noch bis zum Kriegsende dort. Taxifahrer zeigen den Ort gern Touristen. Das erste vollständig in Vodochody gebaute Militärflugzeug, die MiG-15, flog am 28. April 1953. 20 Prozent der Weltproduktion dieses Pfeilflüglers wurden in den folgenden Jahren hier hergestellt, gefolgt von MiG-19, MiG-21 und den immer noch populären Trainern L-29 Delfin und L-39 Albatros, von denen heute etliche auch in privaten Hangars in aller Welt stehen.

Mit dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts hörte auch für Aero in Vodochody der Ostblock-Markt auf zu existieren. Internationale Partnerschaften hielten das Werk über Wasser, 2008 bekam das Gelände die Betriebsgenehmigung als Verkehrsflughafen. Fast jeder hat schon von Prags Filmindustrie gehört, als Kind tschechische Märchen- und Trickfilme geschaut oder den Troubadour Karel Gott das Loblied auf die „Goldene Stadt“ trällern gehört. Nicht wenige verbinden mit „Prager Frühling“ oder dem „Fenstersturz“ mehr als nur eine Jahreszeit oder einen Betriebsunfall. Spätestens seit der Wende ist Prag auch im Westen ein Top-Touristenziel geworden, und das liegt vor allem an seiner unzerstörten, fast märchenhaften Architektur, die – ganz auf dem Niveau Wiens oder Budapests – den Besucher in den Bann zieht.

Unsere Cessnas waren in der Abendsonne auf einem friedlich schlummernden Platz gelandet

Auf einem Kurzbesuch sollte man eine Stadtrundfahrt machen, die ohne langes Suchen direkt zu den schönsten Punkten führt. Der Trip kann inklusive Bustour und Fußmarsch schon mal dreieinhalb Stunden dauern, ist aber jede Krone wert. Die meisten Routen beginnen am Wenzelsplatz, der jedem Touristen geläufig und gut zu erreichen ist. Von dort geht es weiter in die Altstadt zu Karlsbrücke, Kaisergarten und Volksgarten, Sternwarte oder Petřín-Aussichtsturm. Wir übernachten im „Belvedere“ und sehen zu Fuß und per Tourbus in kurzer Zeit eine Menge von Prag. Pünktlich zum Wachwechsel erreichen wir die Prager Burg, ein echtes Highlight. Ganz in der Nähe, im schönen Palais Lobkowitz aus dem frühen 18. Jahrhundert, ist die deutsche Botschaft.

Erhebend: Flüge über der Stadt sind tabu, aber wer mag, kann im Ballon aufsteigen (Foto: Rolf Stünkel)

Das schmucke Gebäude rückte vor 25 Jahren in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit, denn 4500 DDR-Bürger hatten hier für mehrere Wochen Zuflucht gefunden. Am 30. September konnte der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher verkünden, dass alle „Besetzer“ in die Bundesrepublik ausreisen durften. Prag bietet so viele weitere Sehenswürdigkeiten vom Weißen Berg mit Renaissance-Jagdschloss Stern über Museen, Burg, Benediktinerkloster bis hin zum Zoo, dass einem schwindlig werden kann. Architektur-, Kunst- und Musikfans kommen hier auf ihre Kosten, und schon Mozart wählte Prag als Uraufführungsort für zwei Opern.

Der Beiname „Goldene Stadt“ verweist möglicherweise auf die gold schimmernden Sandsteintürme; andere Quellen berichten, Kaiser Karl IV. habe einst die Türme der Prager Burg vergolden lassen und dann verzückt den Namen gefunden. Apropos: Prag gilt auch als „Stadt der hundert Türme“, das Stadtbild ist voll davon. Etwa 1,2 Millionen Einwohner leben in der Metropole (davon rund 40 000 in der historischen Innenstadt), das entspricht mehr als einem Zehntel der tschechischen Bevölkerung. Die meisten Prager arbeiten in der Nahrungsmittel-, Elektrogeräte – oder optischen Industrie, in der Filmindustrie und im Tourismus.

Wer in Vodochody landen möchte, sollte sich am besten etwas beeilen: Im kommenden Jahr ist der Ausbau des verschlafenen Werksflughafens zu einem modernen Airport ohne Nachtflugbeschränkung geplant. Dann könnte es für Privatflieger etwas teurer werden. Andererseits werden Flughäfen, wie wir alle wissen, selten pünktlich fertig – also auf nach LKVO!

Prag-Vodochody – Tipps und Infos

Der Flugplatz liegt rechts der Moldau im Norden Prags, zwischen den Ortschaften Odolena und Vodochody und unterhalb der Praha TMA. Die freundlichen Lotsen von Praha Radar (120.525) geben Auskunft, ob die Kontrollzone von Vodochody (GND – 3500 ft MSL) aktiv ist. In Abwesenheit des „richtigen“ Towers macht dort ein Handling-Agent den Funk. Die Platzrunde verläuft im Norden; Ortschaften sollen nicht unter 2000 ft MSL überflogen werden. Funkhilfe: 33°/8.8 NM from Praha VOR-DME „OKL“ 112.60 MHz.

Text und Fotos: Rolf Stünkel, fliegermagazin 9/2014