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Flugplatz Borkum – EDWR

Schneeweiße Sandstrände, sanfte Dünen, grüne Wiesen und tiefblaues Meer – all das ist keine 90 Minuten von Dortmund oder Essen-Mülheim entfernt: So ein Kurztrip nach Borkum geht nur mit dem Flugzeug

Von Redaktion

Eigenwilliger Inselhumor: „Welcher Seemann liegt bei Nelly im Bett“ – an den Anfangsbuchstaben dieser Wörter kann man sich die Abfolge der Ostfriesischen Inseln merken: Wangerooge, Spiekeroog, Langeoog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum, von Ost nach West. Hat man die Eilande aber einmal kennen gelernt, fällt es nicht mehr schwer, sie auseinander und in guter Erinnerung zu behalten. Erfahrene Inselflieger schwärmen von den Nordseeperlen: Bis auf Spiekeroog hat jede einen Flugplatz, die Inseln sind gut erreichbar und bieten feinste Seebad-Atmosphäre. Ganz im Westen, schon vor der holländischen Küste, liegt Borkum, die größte deutsche Nordseeinsel. Auf der Info-Frequenz geht es hemdsärmelig zu. Gerade im Hochsommer fallen kleine und große Props wie Hornissen über die Inseln her, die Luft ist voller Aluminium, Plastik und Sperrholz. Wer nicht aufmerksam rausguckt und mithört, muss mit unangenehmen Nah-Begegnungen rechnen.

Insel-Romantik: Pferdefuhrwerk und Inselbahn gehören zum Stadtbild auf Borkum (Foto: Rolf Stünkel)

In der Regel klappt das Einfädeln in die Platzrunde aber reibungslos, und die asphaltierte 1000-Meter-Bahn ist eine gute Orientierungshilfe neben den beiden Graspisten. Von oben wirkt der schnuckelige Insel-Verkehrslandeplatz mit Hangar, Tower, Nebengebäuden und geräumigem Vorfeld sehr erwachsen. Kein Wunder, denn Borkum gehörte schon einmal zum Lufthansa-Streckennetz. Das war ab 1927, zwei Jahre nach der Platzeröffnung. Ernst Udet hatte das Gelände bereits 1924 persönlich aus der Luft erkundet. Nach Jahren des zivilen Aufschwunges kam das Militär. Auf Borkum waren während des Zweiten Weltkriegs Staffeln mit Messerschmitt Bf 109 und Heinkel He 111 stationiert. Das Kriegsende und die anschließende Zwangspause sorgten für einen Dornröschenschlaf. Erst 1955 brummten dann wieder Flieger über der Insel, drei Jahre später nahm die Emdener Fluggesellschaft OLT den Fracht- und Linienflugverkehr auf. Seit 1973 lenken die Stadtwerke Borkum die Geschicke des Platzes.

Der kleine Airport ist stolz auf die „letzte Inselflugschule Deutschlands“

Der kleine Airport ist stolz auf die „letzte Inselflugschule Deutschlands“. Im Angebot ist neben der normalen Schulung auch Kunstflug auf einer Yak 52. Außerdem gibt es den Fliegerclub und das Fliegerheim Tüskendör mit Café, einfachen Zimmern, und Mietfahrrädern. Den schönsten Blick auf Borkum bietet ein kleiner Schlenker vor der Landung, vorbei am Hafen und rüber zum Dorf, von dort über den Strand im Westen weiter nach Ostland. Zuvor ist entweder niederländischer Luftraum zu durchfliegen oder man nimmt die relativ weite Überwasserstrecke von der Emsmündung nach Norden. Die flach und breit auslaufenden weißen Sandflächen dehnen sich eindrucksvoll um das grüne Kernland. Borkum kann mit 17 Kilometern Strand und rund 2000 Strandkörben aufwarten. An der Strandpromenade leuchten die weißen Fassaden alter Kurhotels aus Kaisers Zeiten. Unter den Flügeln unserer Einmot plantschen und sonnen sich die Touristen zwischen Sandburgen und Strandcafés – nichts wie runter und ins Wasser!

Nach der Landung stellt sich wieder der Insel-Effekt ein: Das Eintauchen in eine komplett andere Atmosphäre sorgt sofort für Urlaubsstimmung. Der Geruch von Sonnencreme und Salzwasser hängt in der Luft, eine warme Brise wiegt das Dünengras. Der nächste Strand liegt ein paar hundert Meter nördlich des Platzes; das Dorf dagegen ist drei Kilometer entfernt. Liebevoll restaurierte Fassaden, dazwischen gemütliche Kneipen und Cafés prägen das Herz der Ortschaft. Auf Borkum fahren zwar auch Autos, aber Fußgänger und Radfahrer haben die 130 Kilometer Wege zwischen Deichen, Dünen, Kanälen und kleinen Inselwäldern meist ganz für sich. Oft trifft man Pferdefuhrwerke, manchmal rattert die Inselbahn vorbei; sie fährt seit über 100 Jahren die sieben Kilometer lange Strecke vom Schiffsanleger direkt ins Dorf. Die Geschichte der friesischen Insel reicht bis in die Antike zurück. Schon der römische Geschichtsschreiber Plinius der Ältere erwähnte ein Eiland namens „Burcana“ in seiner „Naturalis Historia“.

Willkommen auf Borkum: Nach der Landung stellt sich wieder der Insel-Effekt ein

Noch im 12. Jahrhundert umfasste das spätere „Bant“, ein langer Sandstreifen vor der Küste, die Inseln Borkum, Juist und West-Norderney; deren heutige Umrisse entstanden erst später durch eine Sturmflut. Borkum, 1227 als Borkna, dann Borkyn und Borckum urkundlich erwähnt, war bis ins 19. Jahrhundert durch einen Priel in Ost- und Westland geteilt. Noch heute ist diese Trennlinie am Tüskendör-See („Zwischendurch“) zu erkennen. Die Borkumer, ständig von Fluten und Hunger bedroht, gewährten früher schon mal Piraten Unterschlupf, verdingten sich als Walfänger und schlugen sich mit dem Verkauf von Strandgut durch. Mal dienten sie den Grafen von Ostfriesland oder den Monarchen von Preußen und Holland, mal wehten die Flaggen von Frankreich oder Hannover über den Häusern der Insulaner. Unter Kaiser Wilhelm II. zur Seefestung ausgebaut, wuchs Borkums militärische Bedeutung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.

Landschaftliche Kontrapunkte: grasbewehrte Sanddünen im Norden, karges friesisches Marschland mit Wassergräben im Süden (Foto: Maren Acker)

Wernher von Braun jagte auf dem Ostland kurz vor der Kapitulation noch seine Versuchsraketen „Max“ und „Moritz“ in den Himmel. Lange zuvor, bereits in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts, kamen die ersten Kurgäste auf die Insel. Heute ist der Tourismus die Haupterwerbsquelle; über 280 000 Besucher buchen 2,5 Millionen Übernachtungen jährlich – für 5200 Insulaner, 18 Insel-Polizisten, 180 Pferde, 160 Kühe und 70 Schafe die Existenzgrundlage. Der riesige Strand vor dem Dorf und entlang der Seeseite ist eine Hauptattraktion der Insel – aber nicht die einzige. Wanderungen durch die Dünen, Wiesen und sumpfigen Felder auf der Wattseite sind ebenso erholsam. Auch die flachen, vom Wind zerzausten Wälder lohnen einen Besuch.

Zu den schönsten Bauwerken Borkums zählt der 41 Meter hohe alte Leuchtturm von 1576. Er wurde 1817 mit Öllampen und Parabolspiegeln versehen und blieb bis zum Brand von 1879 in Betrieb. Stolz sind die Insulaner auf ihre zahlreichen Rekorde: Als größte ostfriesische Insel und nordwestlichster Landpunkt Deutschlands beherbergt Borkum Europas größte Jugendherberge, den ersten elektrischen Leuchtturm Deutschlands und die erste Küstenfunkstelle der Welt. Jetzt soll hier draußen auf dem Meer der erste große Offshore-Windpark „Alpha Ventus“ entstehen – passend zum Wahlspruch auf der Stadtflagge: Mediis Tranquillus in Undis, ruhig inmitten der Wogen.

Borkum – Tipps und Infos

Bis auf zwei 120 Fuß hohe Windräder ist der Anflug hindernisfrei. Die Platzrunde verläuft in 1000 Fuß; der Westteil der Insel, das Stadtgebiet und die vorgelagerten Strände sind nicht unter 2000 Fuß MSL zu überfliegen. Funkhilfe: 004°/26 NM from EEL VOR/DME 112.40 MHz. Wenn die Zeit reicht und Sandstrand mit Meer nicht genug sind, dann gehören Feuerschiff, Heimatmuseum und alter Leuchtturm zum Inselrundgang wie das Krabbenbrötchen zum Inselpicknick. Die Touristen-Information Borkum ist per Telefon unter 01805/80 77 90 oder per E-Mail unter info@borkum.de zu erreichen; Internet: www.borkum.de. Von der einfachen Pension bis zum Hotel findet man alle Preis- und Luxusklassen – selbst im Hochsommer ist meist auch kurzfristig noch irgendwo ein Zimmer frei. Eine Alternative ist das Fliegerheim Tüskendör am Flugplatz, Telefon 04922 / 93 25 70.

Text: Rolf Stünkel, fliegermagazin 8/2009